Vorsitzender der Bierpartei, Dr. Dominik Wlazny
IMAGO/Andreas Stroh
Antreten bei Nationalratswahl

„Günstige Gemengelage“ für Bierpartei

Dominik Wlazny, der Chef der Bierpartei, hat am Donnerstag angekündigt, mit seiner Partei bei der Nationalratswahl im Herbst antreten zu wollen. Die Politikwissenschaftlerin Katrin Praprotnik rechnet ihm durchaus Chancen für den Einzug aus. Die Bierpartei und vor allem Wlazny selbst würden besonders von der „günstigen Gemengelage“ der Innenpolitik profitieren. Die größten Herausforderungen sieht Praprotnik vor allem außerhalb Wiens.

„Die Bierpartei ist unabhängig, unverbraucht, frei von Eigeninteresse“, sagte Wlazny bei seiner Ankündigung für die Kandidatur am Donnerstag. Vor allem das Etablieren einer Marke, die sich als „frische Kraft“ inszeniert, könnte ihm im Gegensatz zu anderen bereits etablierten Politikerinnen und Politikern sowie Parteien nützen, wie Praprotnik gegenüber ORF.at meinte.

Man habe auch bei der Bundespräsidentschaftswahl 2022, wo Wlazny den dritten Platz hinter Alexander Van der Bellen und Walter Rosenkranz holen konnte, sowie bei anderen Parteigründungen in der Vergangenheit immer wieder gesehen, dass sich eine neue Partei anders positionieren und „sich selbst als frischer Wind gegenüber dem Parteienestablishment inszenieren“ könne, so die Politikwissenschaftlerin. Auch im Wahlkampf spiele das „sicher eine Rolle“.

Bierpartei will bei NR-Wahl antreten

Die Bierpartei und ihr Gründer Dominik Wlazny wollen bei der Nationalratswahl antreten. Dafür wollen sie bis Ende April 20.000 Mitglieder oder andere Geldgeber finden – Großspenden will Wlazny nicht annehmen.

Praprotnik: Wlazny spricht Unzufriedene an

Vor allem in Österreich, wo seit Jahren der Trend von Stammwählerinnen bzw. -wählern hin zu Wechselwählerinnen bzw. -wählern gehe und das Parteiensystem generell beweglicher geworden sei, könne die Bierpartei von der günstigen, politischen Gemengelage profitieren. „Gerade viele Unzufriedene könnten sich denken: Ich gebe einer neuen Kraft meine Stimme“, so Praprotnik.

Eine Kandidatur von Wlazny und der Bierpartei würde ihr zufolge besonders die junge, linke Wählerschaft, aber auch Nichtwählerinnen und Nichtwähler ansprechen. Das habe man auch bereits bei der Bundespräsidentschaftswahl 2022 gesehen, wo Wlazny bei den unter 30-Jährigen besonders stark abschnitt.

Bei der Nationalratswahl würde Wlazny dann vor allem mit der SPÖ und den Grünen konkurrieren. Auf seiner Pressekonferenz am Donnerstag damit konfrontiert, dass man mit der Kandidatur die SPÖ Stimmen kosten und Herbert Kickl zum ersten Freiheitlichen Kanzler machen könnte, sprach Wlazny von der „alten Mär des Stimmenwegnehmens“.

Umfragen sehen realistische Chancen

Die Chance auf einen möglichen Einzug in den Nationalrat wollte Praprotnik nicht beziffern. Sie verwies jedoch auf letzte Umfragen, die die Bierpartei circa um die Vierprozenthürde sahen. Es sei „real möglich“, den Einzug zu schaffen. Dabei helfen könnte auch, dass Wlazny als Spitzenkandidat bereits einer breiteren Öffentlichkeit bekannt sei.

Vorsitzender der Bierpartei, Dr. Dominik Wlazny
APA/Robert Jaeger
Der Politikwissenschaftlerin zufolge kann Wlazny auch bei unzufriedenen Wählerinnen und Wählern punkten

Strukturelle Herausforderungen

Eine große Herausforderung sieht die Politikwissenschaftlerin in den Strukturen der Bierpartei. In Wien sei die Partei zwar recht bekannt und etabliert – Wlazny ist seit 2020 Bezirksrat in Wien-Simmering –, doch außerhalb der Hauptstadt würde es sehr schwierig werden, Strukturen aufzubauen.

„Die Bierpartei kann nicht auf Personal bzw. Parteiapparate in den Landesregierungen und Landtagen zurückgreifen wie etwa die drei großen Parteien“, so Praprotnik. Die Partei verfüge zwar über gute Kanäle auf den sozialen Netzwerken, doch für eine Nationalratswahl reiche das alleine nicht aus.

Finanzielle Fragezeichen

Auch im Hinblick auf die Finanzierung des Wahlkampfes und der Strukturen müsse man gespannt sein, meint Praprotnik. Bei seiner Ankündigung hatte Wlazny ein Antreten bei der Nationalratswahl auch davon abhängig gemacht, ob es ihm und seiner Partei gelingt, bis Ende April 20.000 Mitglieder zu gewinnen.

Bei einer Mitgliedschaft von 59 Euro würde das etwas mehr als eine Million Euro für die Partei ausmachen. Auf Großspender wolle er verzichten, so Wlazny, denn „Großspendertum schafft Abhängigkeit“. Zum Vergleich dazu: Grüne und NEOS gaben bei der letzten Nationalratswahl circa zwei Millionen Euro und damit das Doppelte aus.

Einen klugen Schachzug sah die Politikwissenschaftlerin jedoch darin, dass Wlazny nicht gleich „fix“ eine Kandidatur verkündete, sondern für eine solche zuvor Bedingungen aufgestellt hatte. Das sorge auch dafür, dass die Aufmerksamkeit und das mediale Interesse nicht gleich wieder verschwinden.

Themen „links der Mitte“

Über Wahlkampfthemen und Wahlprogramme könne man noch nicht viel sagen, meinte Praprotnik. Bei der Pressekonferenz waren noch „sehr viele Überschriften“ und vage Ankündigungen dabei. Die wichtigsten Themen für Wlazny und seine Bierpartei – Chancengleichheit, junge Menschen, Gleichberechtigung, Gesundheit und Bildung – sieht sie aber vor allem für „Wählerinnen und Wähler links der Mitte“ interessant. Eine seiner zentralen Forderungen, Eignungstests für Ministerämter einzuführen, hatte er auch am Donnerstag abermals als politisches Ziel genannt.

„Kein Spaßprojekt mehr“

Für ein Spaßprojekt hält Praprotnik die Bierpartei nicht mehr. Es gebe keine Forderungen mehr über einen Bierbrunnen, zudem habe sich der 37-Jährige bei seinen Auftritten auch von seinem künstlerischen Alias Marco Pogo verabschiedet. Darüber hinaus sei auch spätestens seit der Bundespräsidentschaftswahl sein Auftreten seriöser geworden, vor allem auch „rein äußerlich durch seine Kleidung“.

Wie sich die Bierpartei und Wlazny – sollten sie den Einzug schaffen – im parlamentarischen Alltag schlagen würden, könne man noch nicht sagen, so Praprotnik. Auf jeden Fall sei es für Wlazny wichtig, ein politisch erfahrenes Team zu etablieren. Derzeit habe man 1.300 Mitglieder, wie der Bierpartei-Chef am Donnerstag festhielt. Ob darunter prominente Namen sind, wollte er nicht sagen.