Erneut israelische Angriffe auf Chan Junis

Israel hat heute seine Angriffe auf Ziele im Süden des Gazastreifens fortgesetzt. Augenzeugen und der palästinensische Rote Halbmond sprachen von Luftangriffen und Artilleriebeschuss in den frühen Morgenstunden in der Stadt Chan Junis. Die palästinensische Nachrichtenagentur WAFA berichtete, in der Nacht habe es zahlreiche Tote und Verletzte gegeben.

Der palästinensische Rote Halbmond meldete „intensiven Artilleriebeschuss“ in der Nähe des Al-Amal-Krankenhauses in Chan Junis. Laut dem von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministerium wurden bei den nächtlichen Angriffen mindestens 77 Menschen getötet. Das israelische Militär teilte mit, seine Truppen kämpften so weit südlich wie nie zuvor.

Differenzen zwischen USA und Netanjahu

Derweil wurden einmal mehr Differenzen zwischen Israel und seinem wichtigen Verbündeten USA deutlich. Das Weiße Haus ging auf Distanz zu Äußerungen von Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu, der gestern gesagt hatte, Israel werde künftig Sicherheitskontrolle über „alle Territorien westlich des (Flusses) Jordan“ haben müssen, was der Vorstellung palästinensischer Souveränität entgegenstehe.

Das gestand auch Netanjahu bei seiner Pressekonferenz ein, meinte aber mit Blick auf die USA: „Israels Ministerpräsident muss imstande sein, auch Nein zu sagen, wenn es nötig ist, selbst zu unseren besten Freunden.“

Aus jedem Gebiet, aus dem sich Israel zurückziehe, „bekommen wir Terror, schrecklichen Terror“, sagte er. Das sei im Südlibanon, im Gazastreifen sowie in Teilen des Westjordanlandes geschehen. Deswegen sei die Kontrolle im Westjordanland so wichtig.

Der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates der USA, John Kirby, sagte dazu, die USA und Israel würden das „offensichtlich unterschiedlich sehen“. Zuvor hatte bereits US-Außenminister Antony Blinken gesagt, nötig sei ein Weg hin zu einem Palästinenserstaat. Sonst könne es keine „echte Sicherheit“ geben.

UNO wirft Israel Verstöße gegen Völkerrecht vor

Die UNO-Sonderberichterstatterin für die Palästinensergebiete, Francesca Albanese, warf Israel Verstöße gegen das Völkerrecht beim militärischen Vorgehen gegen die islamistische Hamas im Gazastreifen vor. „Israel hat eine Reihe von Dingen getan, die höchst illegal, höchst rechtswidrig sind“, sagte die italienische Juristin gestern.

Israel habe zwar das Recht auf Selbstverteidigung, müsse sich aber an das humanitäre Völkerrecht halten, „um Menschen zu schützen, die nicht aktiv an Kämpfen beteiligt sind“. Das seien „Zivilisten, Kriegsgefangene und die Kranken und Verwundeten“. In den ersten beiden Kriegswochen seien 6.000 Bomben pro Woche eingesetzt worden, und das in dicht besiedelten Gebieten.