Blick auf Tempel in  Ayodhya
AP/Rajesh Kumar Singh
Indien

Modi zementiert mit Tempel seine Macht

Mit der Einweihung eines gigantischen Hindu-Tempels will Indiens Premierminister Narendra Modi am Montag den Grundstein für seine Wiederwahl im Frühjahr legen – und damit seine Macht zementieren. Der Tempel im Städtchen Ayodhya im Norden Indiens hat aus vielen Gründen symbolische Sprengkraft: Auf dem Areal stand seit dem 16. Jahrhundert eine Moschee, die 1992 von einem hinduistischen Mob zerstört wurde. Nun löst Modi ein jahrzehntelanges Politversprechen seiner hindu-nationalistischen Partei ein.

Im April oder Mai sind rund eine Milliarde Inderinnen und Inder aufgerufen, ein neues Parlament zu wählen. Und es gibt wenig Zweifel, dass die nationalkonservative Bharatiya Janata Party (BJP) den Sieg davonträgt und dem seit 2014 regierenden Modi eine dritte Amtszeit beschert.

Die Eröffnung des Tempels in Ayodhya gilt als Wahlkampfauftakt für Modi: Vor dem Gelände füllten Zehntausende Menschen die Straßen. Im ganzen Land wurde den Beamten ein halber Urlaubstag gewährt, um die Zeremonie verfolgen zu können. „Der Herr hat mich zu einem Instrument gemacht, um das gesamte indische Volk zu repräsentieren“, sagte Modi vor Beginn der Einweihung.

Dass der Tempel für die Wahl eine große Rolle spielt, darüber sind sich alle einig. „Sie wollen diesen Ort zum Leben erwecken, um sich selbst ein großes Denkmal zu setzen. Es wird ihnen helfen, ihre Macht auszubauen für die Wahl in diesem Jahr“, sagt der Politologe Indu Bhushan Pandey.

Ein Tempel als Zeichen der Macht

Am Montag soll in Indien der neue Ram-Tempel eingeweiht werden. Für Beobachter ist das der Wahlkampfauftakt, denn der Tempel gilt als Symbol der hinduistischen Vormacht über Muslime.

Moschee 1992 nach Demonstration zerstört

Seit Jahrzehnten schwelt der Streit über den Ort. Für gläubige Hindus ist Ayodhya der Geburtsort des Gottes Ram. Zu Beginn des 16. Jahrhunderts gerieten Teile Nordindiens durch die Eroberungen des zentralasiatischen Fürsten Zahir ad-Din Muhammad Babur in muslimische Hand. 1527 wurde in Ayodhya die Babri-Moschee errichtet, der Überlieferung nach just an jener Stelle, an der zuvor ein Ram-Tempel war.

Der politisch-religiöse Streit über die Moschee reicht Jahrzehnte zurück, eine erste Eskalation gab es in den 1980er Jahren mit dem Erstarken von hindu-nationalistischen Bewegungen. 1992 stürmten nach einer Demonstration, die von der radikalhinduistischen Organisation Vishva Hindu Parishad und der BJP organisiert wurde, Tausende Menschen die Moschee und zerstörten sie. Bei gewalttätigen Auseinandersetzungen kamen in der Folge in Indien 2.000 Menschen ums Leben. In islamischen Ländern kam es zu Übergriffen auf Hindus.

Personen auf Straße vor Eröffnungsfeier
AP/Ajit Solanki
Schon Tage vor der Eröffnung wurde auf den Straßen bei einer Prozession gefeiert

Ganz oben auf politischer Agenda

Der Bau des Hindu-Tempels stand schon Ende der 1980er Jahre ganz oben auf der Agenda der BJP. 2019 entschied der Oberste Gerichtshof Indiens schließlich, dass der Tempel gebaut werden darf, die pompös inszenierte Grundsteinlegung durch Modi erfolgte 2020.

Und der Streit über Ayodhya machte Schule: Mindestens drei historische Moscheen in Nordindien beschäftigen die Justiz, weil Hindu-Nationalisten behaupten, sie seien über Tempelruinen errichtet worden. Klagsschriften von Hindu-Nationalisten gegen Moscheen gibt es in mehreren hundert Fällen.

Moderne Tempelstadt mit neuem Flughafen

4.500 Arbeiter verwandelten indes das antike Städtchen Ayodhya in den vergangenen Monaten in eine moderne Tempelstadt mit neuem Flughafen. Umgerechnet knapp 1,5 Milliarden Euro sollen aus dem Staatsbudget alleine in Infrastruktur geflossen sein. Der Tempel soll zu einer der wichtigsten Pilgerstätten für Hindus weltweit gemacht werden.

Dass Teile des Tempels noch gar nicht fertig sind und der Bau erst 2025 abgeschlossen sein soll, stört bei den Feierlichkeiten zur Einweihung offenbar nicht, schließlich ging es darum, einen spektakulären Wahlkampfauftakt für Modi zu setzen.

Blick auf Tempel
APA/AFP/Money Sharma
Die Fertigstellung des gesamten Tempels erfolgt erst 2025

Für Kritiker nutzt Modi erneut die Religion für politische Zwecke und gefährdet damit den offiziellen säkularen Status der größten Demokratie der Welt. Selbst einige hochrangige Vertreter des Hinduismus kritisierten die Inszenierung. Als Politiker dürfe Modi den Tempel gar nicht einweihen, das sei eine Sache von religiösen Führern.