Zerstörung nach Angriff in Donezk
Reuters/Alexander Ermochenko
Ostukraine

Viele Tote bei Angriff auf Donezk

Beim Beschuss eines Marktes in der von russischen Truppen besetzten ostukrainischen Stadt Donezk sind nach Angaben der prorussischen Behörden mindestens 27 Menschen getötet und 25 verletzt worden. Die Ukraine äußerte sich zunächst nicht zu dem Angriff auf die rund 15 Kilometer von der Front entfernte Stadt. Moskau berichtete auch von Angriffen auf die Krim.

Es gebe auch 25 Verletzte, teilte der Chef der von Russland annektierten Region Donezk, Denis Puschilin, am Sonntag mit. Auch in anderen Teilen der Region Donezk habe es weitere Opfer ukrainischer Angriffe gegeben, teilte Puschilin mit. Er bezifferte die Gesamtzahl der Toten damit auf 28, mit 30 Verwundeten. Die Angaben waren von unabhängiger Stelle nicht überprüfbar. Laut Puschilin wurde der Markt in einem Vorort von Donezk, der weniger als 20 Kilometer von der Front entfernt liegt, in der Früh beschossen, als dort viele Menschen Sonntagseinkäufe erledigten.

Auch einige ukrainische Medien verbreiteten Fotos und Videos von einem verwüsteten Markt. Das russische Staatsfernsehen zeigte Bilder einer schweren Explosion. Auf den Aufnahmen, deren Echtheit nicht überprüft werden konnte, waren auch auf der Straße liegende Menschen zu sehen. Unter den Schwerverletzten seien auch zwei Kinder, sagte Puschilin. Er sprach den Angehörigen der Toten sein Beileid aus.

Moskau: Sechs Artilleriesalven

Der Donezker Bürgermeister Alexej Kulemsin sprach von einer „barbarischen Attacke“ auf einen zivilen Bereich der Stadt durch die ukrainischen Streitkräfte. Laut Behörden gab es dort kombinierte Artillerieschläge mit großkalibriger Munition. Russland greift selbst seit dem Überfall auf die Ukraine ständig zivile Ziele an, Moskau leugnet das aber. Eine UNO-Beobachtermission hatte bis November des Vorjahres mindestens 10.000 getötete Zivilistinnen und Zivilisten dokumentiert, die tatsächliche Zahl dürfte viel höher sein. Die große Mehrheit der Getöteten sind Opfer russischer Angriffe.

Das russische Außenministerium erklärte, der Angriff sei mit „sechs“ Artilleriesalven aus Awdijiwka erfolgt, dem Zentrum der Kämpfe, das noch unter der Kontrolle Kiews ist. Der Anschlag zeige die Notwendigkeit, dass die Ziele der „speziellen Militäroperation“ in der Ukraine erreicht werden müssten, hieß es weiter.

Regelmäßig Angriffe auf Donezk

Die Großstadt Donezk liegt nahe der Front. Bereits 2014 geriet sie unter die Kontrolle der prorussischen Separatisten und wird seitdem regelmäßig von der ukrainischen Armee angegriffen. In der Silvesternacht waren laut den von Russland kontrollierten Behörden bei Angriffen vier Menschen getötet und 13 weitere verletzt worden. Der jüngste Angriff auf den Markt ist der schwerste der vergangenen Monate.

Nach Angaben Moskaus wird der Angriff vom Sonntag auch Thema bei den Gesprächen im UNO-Sicherheitsrat in New York ab Montag sein, an denen auch der russische Außenminister Sergej Lawrow teilnehmen wird.

Moskau: Raketenangriffe auf Krim

Das ukrainische Militär feuerte russischen Angaben zufolge zudem mehrere Raketen auf Ziele auf der von Moskau besetzten Halbinsel Krim ab. Eine der Raketen sei über dem Schwarzen Meer abgeschossen worden, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau mit. Ein weiteres Flugobjekt sei über dem Hafengebiet von Sewastopol zerstört worden, berichtete der von Moskau eingesetzte Gouverneur Michail Raswoschajew. Anschließend sei der Luftalarm über der Krim aufgehoben worden.

Russland nimmt kleines Dorf ein

Russland meldete am Sonntag die Einnahme eines kleinen Dorfes in der Ostukraine. „Das Dorf Krachmalnoje in der Region Charkiw wurde befreit“, teilte das russische Verteidigungsministerium mit. Krachmalnoje liegt rund 30 Kilometer südöstlich von Kupjansk, einem wichtigen Eisenbahnknotenpunkt mit einstmals 30.000 Einwohnern, den die russischen Truppen seit Wochen einzunehmen versuchen. Vor Beginn der russischen Invasion der Ukraine vor fast zwei Jahren hatte das Dorf 45 Einwohner.

Nach Angaben des ukrainischen Armeesprechers Wolodymyr Fitio hat die Einnahme des Dorfs „keine strategische Bedeutung“. „Es handelt sich um fünf Häuser“, sagte er im ukrainischen Fernsehen. Die ukrainischen Truppen hielten weiter die Front.

Evakuierungen in Region Charkiw

Angesichts verstärkter russischer Angriffe hatten die Behörden in der Region Charkiw zum Wochenbeginn die Evakuierung von 26 Orten angeordnet. Davon betroffen waren insgesamt rund 3.000 Menschen, darunter auch die Einwohner von Dörfern des Bezirks Kupjansk.

Die ukrainischen Streitkräfte hatten immer wieder erklärt, das von russischen Truppen besetzte Gebiet zurückerobern zu wollen. Das Gebiet Donezk wird teils von russischen, teils von ukrainischen Truppen kontrolliert. Die Kämpfe dort gibt es bereits seit 2014, als sich moskautreue Separatisten nach dem Sturz des russlandfreundlichen Präsidenten Viktor Janukowitsch von Kiew lossagten. Die neue prowestliche Führung in Kiew hatte danach mit einem Militäreinsatz vergeblich versucht, die Kontrolle über Donezk und andere Ortschaften im Donbas zurückzuerlangen.

Explosionen in russischem Gasterminal

Unterdessen geriet in der Nacht auf Sonntag ein Terminal auf dem Gelände des russischen Erdgasproduzenten Nowatek im Gebiet Leningrad in Brand. Das Feuer sei durch zwei Explosionen ausgelöst worden, berichtete die staatliche Agentur RIA Nowosti unter Berufung auf lokale Behördenvertreter. Verletzte habe es im Ostseehafen Ust-Luga nicht gegeben, das Personal sei evakuiert worden, hieß es.

Der Auslöser für die Explosionen ist noch unklar, aber lokale Medien berichteten, es seien Drohnen in der Gegend des Terminals in Ust-Luga in der Region Leningrad gesichtet worden. Sowohl Russland als auch die Ukraine verwenden Drohnen im Krieg. Die Ukraine bekennt sich in der Regel nicht zu Angriffen auf russischem Gebiet. Auch zum Vorfall in St. Petersburg äußerte sich Kiew zunächst nicht.

Beide Seiten versuchen, vor allem die Energieinfrastruktur der gegnerischen Seite zu treffen. Zuletzt hatte Russland fast die gesamte Ukraine tagelang mit konzertierten Raketen- und Drohnenangriffen überzogen.