Israelische Soldaten in Gaza
Reuters/Israel Defense Forces
Israel – Hamas

Berichte über neuen Plan zu Geiseldeal

Israel soll der Hamas einem Medienbericht vom Montag zufolge eine zweimonatige Feuerpause im Gazastreifen im Gegenzug für die Freilassung aller Geiseln angeboten haben. Weiters sollen arabische Staaten an konkreten Plänen für einen Palästinenserstaat arbeiten und im Gegenzug Israel anerkennen wollen. Die Zweistaatenlösung lehnte Ministerpräsident Benjamin Netanjahu bisher stets ab, doch wird der Druck auf ihn immer größer – insbesondere in Hinblick auf die Geiselfreilassung.

Wie das Onlineportal Axios berichtete, sehe der israelische Vorschlag zu einer weiteren, längeren Feuerpause vor, dass die lebenden Geiseln und die sterblichen Überreste weiterer Geiseln in mehreren Phasen nach Israel zurückgebracht werden. Vermittler bei diesem Plan sollen Katar und Ägypten sein.

Dem Bericht zufolge, der sich auf nicht genannte israelische Beamte beruft, würde die erste Phase Frauen, Männer über 60 und Kranke umfassen. Anschließend sollen Soldatinnen, Männer unter 60, die nicht der Armee angehören, Soldaten und schließlich die sterblichen Überreste von Geiseln folgen. Im Rahmen des Plans sollen sich Israel und die Hamas den Angaben nach im Vorfeld auf eine Zahl palästinensischer Häftlinge in Israel einigen, die im Austausch für die Geiseln freigelassen werden sollen.

Plan sieht kein Ende des Krieges vor

Der israelische Plan sehe weder ein Ende des Krieges zwischen Israel und der Hamas noch eine längerfristige politische Lösung vor. Dem Axios-Bericht zufolge sollen Israels Truppen ihre Präsenz in großen Städten im Gazastreifen reduzieren sowie Bewohnerinnen und Bewohner in den Norden des Küstenstreifens zurückkehren können.

Zerstörte Gebäude in Gaza
AP/Adel Hana
Das Vorhaben Israels ist es, die Hamas zu zerschlagen

Die israelische Nachrichtenseite Ynet berichtete unter Berufung auf nicht genannte Quellen ebenfalls über den Vorschlag. Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu habe bei einem Treffen mit Angehörigen der Geiseln am Montag darauf verwiesen. Zuletzt erhöhten Familien der Geiseln und weitere Unterstützerinnen und Unterstützer den Druck auf Netanjahu. Es kam zu Demonstrationen und Kundgebungen, auch vor Netanjahus Wohnhaus.

Erschreckende Berichte über sexuelle Gewalt an Geiseln

Israelische Medien berichteten am Dienstag von sexueller Gewalt, die ehemaligen Geiseln im Gazastreifen widerfahren sei. „In diesem Moment wird jemand in einem Tunnel vergewaltigt“, sagte die Tochter einer freigelassenen Frau der Times of Israel zufolge am Dienstag vor Abgeordneten des Parlaments. Ihre Ende November freigelassene Mutter sagte Medienberichten zufolge, die Terroristen behandelten die Mädchen in Gefangenschaft wie Puppen, mit denen sie machen könnten, was sie wollten.

Das „Wall Street Journal“ („WSJ“) hatte am Sonntag berichtet, dass die USA, Ägypten und Katar versuchen würden, Israel und die Hamas davon zu überzeugen, sich auf eine Freilassung von Geiseln über einen Zeitraum von 90 Tagen zu einigen, unter anderem im Gegenzug für einen Rückzug Israels aus dem Gazastreifen.

Bericht über arabische Pläne für Zweistaatenlösung

Arabischen Länder arbeiteten außerdem einem weiterenBericht des „Wall Street Journal“ zufolge an einem Vorschlag für eine Zweistaatenlösung nach Ende des Gaza-Krieges. Saudi-Arabien biete im Gegenzug für die Schaffung eines palästinensischen Staates die Anerkennung Israels an, berichtete die Zeitung am Montag unter Berufung auf arabische Beamte.

Der Vorschlag sei Israel über die USA unterbreitet worden und der erste gemeinsame Plan arabischer Staaten für die Beendigung des Gaza-Krieges und eine Zweistaatenlösung, hieß es. Die Details des Vorschlags würden noch ausgearbeitet, bisher sei die Haltung der israelischen Regierung ablehnend.

Gespräche wegen Krieges abgebrochen

Vor dem Gaza-Krieg hatte Saudi-Arabien als wichtige Schutzmacht der Palästinenser unter US-Vermittlung bereits Gespräche über eine mögliche Normalisierung der Beziehungen mit Israel geführt, was durch den Krieg aber zum Erliegen kam. Die sich abzeichnende Annäherung wäre aus Sicht der islamistischen Hamas, der libanesischen Hisbollah-Miliz und des Iran als wichtigstem Unterstützer beider Gruppen zu ihrem Schaden gewesen.

Geiselangehörige erhöhen Druck auf Regierung

Mit neuen Protestaktionen, darunter einem vor der Residenz von Netanjahu aufgeschlagenen Zeltlager und einer gestürmten Ausschusssitzung im Parlament, haben Angehörige der in den Gazastreifen verschleppten Geiseln am Montag in Jerusalem einen neuen Verhandlungsvorstoß gefordert.

Das brutale Massaker der Hamas und anderer extremistischer Gruppen im Süden Israels am 7. Oktober war daher von einigen Expertinnen und Experten auch als Versuch der Islamisten gesehen worden, die Annäherung zu torpedieren. Nach den USA verstärken nun auch Deutschland und die EU den Druck auf Gegner einer Zweistaatenlösung für den Nahost-Konflikt. Bei einem EU-Treffen am Montag in Brüssel wurde Kritik an Netanjahu geübt.

Dieser hatte am Wochenende deutlich gemacht, dass er eine Zweistaatenlösung nach dem Ende des Gaza-Krieges weiterhin ablehnt. Derweil führte der Nahost-Koordinator von US-Präsident Joe Biden, Brett McGurk, laut US-Medien Gespräche in Ägypten, bevor er nach Katar weiterreiste.

Immer noch rund 100 Geiseln im Gazastreifen

Am 7. Oktober waren Hunderte Anhänger der Hamas in israelische Orte eingedrungen. Bei ihrem beispiellosen Überfall verübten sie Massaker an Zivilpersonen, töteten etwa 1.200 Menschen und verschleppten etwa 250 Menschen als Geiseln in den Gaza-Streifen. Rund 100 Geiseln kamen während einer von Katar, Ägypten und den USA vermittelten einwöchigen Feuerpause im November frei, 132 Geiseln sind israelischen Angaben zufolge noch immer in der Gewalt der Hamas, 28 von ihnen sollen tot sein.

Als Reaktion auf den Überfall erklärte Israel der Hamas den Krieg und startete einen großen Militäreinsatz im Gazastreifen. Nach jüngsten Angaben der Hamas-Gesundheitsbehörde, die sich nicht unabhängig prüfen lassen, aber als zuverlässig gelten, wurden dort seither mehr als 25.200 Menschen getötet.