Strafgesetzbuch und Bände der Strafprozessordnung
APA/Harald Schneider
Nacktfotos am Handy

Sexting soll für Jugendliche nicht zur Falle werden

Mit dem Fall des verurteilten Ex-Schauspielers Florian Teichtmeister sind in Österreich die Strafen für Sexting, also das Verschicken sexuell eindeutiger Nachrichten, Fotos und Videos, verschärft worden. Betroffen sind aber wie befürchtet nicht nur Pädokriminelle, sondern auch Jugendliche. An sie wendet sich der Verein Neustart nun mit einem eigenen Programm.

Nachdem die Regierung voriges Jahr in der Folge des Teichtmeister-Prozesses ihr „Kinderschutzpaket“ präsentiert hatte, wurden schnell kritische Stimmen laut. Durch das Paket werden nun Missbrauchsdarstellungen von Kindern strenger bestraft. Das richtet sich gegen pädokriminelle Sexualstraftäter und -täterinnen. Betroffen sind aber auch Jugendliche, die mitunter aus anderen Motiven gegen Paragraf 207a Strafgesetzbuch (StGB) verstoßen, etwa bei Sexting mit Gleichaltrigen. „Die Hälfte aller Verdächtigen ist selbst minderjährig“, so der Verein Neustart. Er bezog sich dabei auf Zahlen aus dem Jahr 2021.

Auch der Verein, seit den 1950er Jahren in der Straffälligenhilfe tätig, wies schon in seiner Stellungnahme zum Gesetzesentwurf darauf hin, dass viele Jugendliche in Verdacht geraten würden. Daher arbeite Neustart jetzt mit einem neuen Programm mit dieser Zielgruppe, so Geschäftsführer Christoph Koss am Dienstag im Ö1-Morgenjournal. Es handelt sich um ein sexual- und sozialpädagogisches Angebot für Beschuldigte dieser Altersgruppe.

Strafverschärfung bei Missbrauchsdarstellungen

Der Fall Teichtmeister hat im vergangenen Jahr zu Strafverschärfungen bei Besitz von Kindesmissbrauchsdarstellungen geführt. Das Gesetz führte aber auch dazu, dass oft Jugendliche ins Visier der Strafbehörden geraten.

Im Fall der Bewährungshilfe

Dieses Programm mit Namen „sicher.net § 207a“ kommt zur Anwendung, wenn Jugendliche mit dem entsprechenden Delikt, eventuell in Kombination mit Cybermobbing, der Bewährungshilfe zugewiesen werden. Das ist etwa nach einer Verurteilung oder bei einer diversionellen Erledigung der Strafsache der Fall.

Paragraf 207a

Der Paragraf 207a behandelt das bildliche sexualbezogene Kindesmissbrauchsmaterial und bildliche sexualbezogene Darstellungen minderjähriger Personen. Wer eine solche herstellt, anbietet, verschafft, überlässt, vorführt oder sonst zugänglich macht, ist mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu drei Jahren zu bestrafen.

„Diese Kinder und Jugendlichen sind sich oft nicht bewusst, gegen das Gesetz verstoßen zu haben, und handeln aus ganz anderen Motiven als pädophile Sexualstraftäter und -täterinnen“, so Koss. Oft handle es sich um Sexting oder Cybermobbing. „Diese Grenzüberschreitungen durch Kinder und Jugendliche wird das Strafrecht nicht lösen können“, sagte Koss.

Die Jugendlichen müssen sich unter professioneller Anleitung „intensiv mit ihrer Tat, den Motiven und den Auswirkungen auf Opfer auseinandersetzen“, schilderte Koss. Das Programm dauert rund sechs Monate und umfasst Aufklärung über den rechtlichen Rahmen sowie Medienkompetenztrainings in Einzel- und Gruppensettings. „Wenn die Teilnehmer und Teilnehmerinnen Wissen über die Grenzen zwischen Intimität und Publizität erlangen, ist dieses Programm besser geeignet, Wiederholungstaten zu vermeiden, als jede Bestrafung.“

Grüne zufrieden

Justizministerin Alma Zadic (Grüne) sagte in einer Aussendung: „Im Kampf gegen die Darstellung von Kindesmissbrauch im Internet sind Aufklärung und umfassende Information entscheidend. Denn leider wissen wir, dass rund die Hälfte aller Tatverdächtigen selbst noch minderjährig ist und oft nicht einmal weiß, dass sie mit ihrem Handeln gegen das Gesetz verstoßen könnten.“ Programme wie „sicher.net § 207a“ könnten hier einen unschätzbar wertvollen Beitrag leisten.