Frank Farian 2005
IMAGO/Hoffmann
1941–2024

Frank Farian ist tot

Der deutsche Musikproduzent Frank Farian ist im Alter von 82 Jahren gestorben, wie seine Familie am Dienstag bekanntgegeben hat. Farian produzierte viele erfolgreiche Musikacts und verkaufte Hunderte Millionen Tonträger. Er gilt zudem als heimlicher Sänger des Duos Milli Vanilli und damit als der Vater der musikalischen Fälschungen.

Farian sei friedlich in seinem Apartment in Miami eingeschlafen, wie die Agentur Allendorf Media am Dienstag im Namen seiner Familie mitteilte. Farian hatte schon vor vielen Jahren Herzprobleme und bekam 2022 eine Herzklappe eingesetzt. Er gilt mit mehr als 800 Millionen Platten als einer der erfolgreichsten deutschen Musikproduzenten.

Der 1941 als Franz Reuther in Rheinland-Pfalz geborene Farian zog mit 14 Jahren zu Verwandten ins Saarland und lernte Koch. Der Erfolg war ihm nicht in die Wiege gelegt. „Meinen Vater habe ich nie kennengelernt, er fiel vor meiner Geburt im Krieg“, erzählte Farian anlässlich seines 80. Geburtstag der dpa. Schon mit 20 gründete er seine erste Band Frankie und die Schatten, zudem trat er als Frank Farian auch solo auf. Den ersten Tophit landete Farian 1976 mit „Rocky“, etwa zur gleichen Zeit gründete er schon eine seiner größten Cashcows: die Formation Boney M.

Die Gruppe setzte sich zusammen aus Maizie Williams, Marcia Barrett und Liz Mitchell sowie Bobby Farrell. Mit Boney M. ging der Erfolg durch die Decke, weltweit wurden 150 Millionen Tonträger verkauft, der Hit „Mary’s Boychild“ erhielt als meistverkaufte Single aller Zeiten gar einen Eintrag ins Guinness-„Buch der Rekorde“. „Der Erfolg war eine riesengroße Überraschung. Ich hatte immer gedacht, ich schaffe es nicht. Es sah ja auch anfangs nicht danach aus“, sagte Farian. Farian – und nicht Farrell – sang die männliche Stimme auf den Platten von Boney M. ein, daraus wurde auch nie ein großes Geheimnis gemacht.

Skandal um Milli Vanilli

Anders als bei Farians zweitem großem Erfolg: Milli Vanilli. Als 1990 herauskam, dass nicht die Gesichter des Duos Fab Morvan und Rob Pilatus die Singstimmen lieferten, sondern Farian selbst, sorgte das für einen handfesten Skandal. Milli Vanilli wurde ihr Grammy Award aberkannt, ihr Plattenlabel ließ das Duo fallen. Der Fall gilt bis heute als einer der größten Betrugsskandale der Musikgeschichte.

Voriges Jahr behandelten gleich zwei Filme den Skandal: die Doku „Milli Vanilli“ und der Spielfilm „Girl You Know It’s True“ von Simon Verhoeven. Farian wirkte als Koproduzent mit, nahm aber nach eigenen Angaben keinen direkten Einfluss. Er sah die Geschichte nach eigenen Worten nicht richtig wiedergegeben – der Film entspreche zu „weniger als 80 Prozent“ der Wahrheit. „Es ist nicht meine erlebte Wahrheit. Deswegen bin ich auch etwas distanziert davon“, sagte er vor der Veröffentlichung im Dezember.

Ein „Musikwahnsinniger“

Verhoeven nannte Farian am Dienstag „ein Jahrhunderttalent“. Er sei „ein Musikwahnsinniger“ gewesen, „der sich mit unbändigem Ehrgeiz aus ärmsten Verhältnissen in der deutschen Provinz bis an die Spitze der internationalen Popmusik gearbeitet hat“.

Der frühere Milli-Vanilli-Star Morvan sprach der Familie sein Beileid aus. „Seine Musik wird weiterleben“, hieß es in einer Mitteilung.

Frank Farian und Milli Vaniili 1988
picturedesk.com/Fryderyk Gabowicz
Farian mit Fab Morvan und Rob Pilatus: Die zwei Gesichter und eine Stimme von Milli Vanilli

Farian war weltweit als Hitproduzent bekannt, er arbeitete auch mit Künstlern wie Stevie Wonder und Meat Loaf zusammen. Zuletzt hatte Farian an neuen Plattenproduktionen, darunter auch bisher unveröffentlichte Milli-Vanilli-Songs, sowie einem Musical gearbeitet. Parallel dazu arbeitete er laut Medienberichten an einer mehrteiligen TV-Serie über sein Schaffen. Die Projekte sollen nun von einer Stiftung fertiggestellt werden.

Farians frühere Lebensgefährtin Ingrid Segieth sagte der „Bild“-Zeitung, Farian sei zwar körperlich am Ende sehr geschwächt gewesen, er habe aber noch voller Tatendrang gesteckt. „Er saß noch immer den ganzen Tag im Tonstudio und bastelte an neuer Musik.“

Musik als Lebensmittelpunkt

Die deutsche Kulturstaatsministerin Claudia Roth erklärte, Farian habe „als einer der Ersten bewiesen, dass auch Popmusik aus Deutschland international erfolgreich sein kann“. Er habe ein einzigartiges Gespür für den Zeitgeist gehabt. „Aus Soul, Disco und Pop erschuf er einen ganz neuen Sound, zu dem auf der ganzen Welt getanzt wurde.“

Der Popmusiker Thomas Anders erinnerte sich an Farian als Menschen, der für die Musik lebte. „Sein Lebensmittelpunkt war im Grunde die Musik“, sagte der Ex-Modern-Talking-Sänger am Dienstag im Interview mit dem Radiosender RPR1. Farian habe die Musik gelebt und geliebt.