Parlament in Ankara
Reuters/Umit Bektas
Langes Tauziehen

Türkei gibt NATO-Blockade Schwedens auf

Schweden ist dem Ziel eines Beitritts zur NATO am Dienstag einen wesentlichen Schritt näher gekommen. Die Türkei als Teil des Militärbündnisses hatte bisher blockiert, am Dienstag gab das Parlament in Ankara nun doch grünes Licht. Der Zeitrahmen für das notwendige Protokoll ist allerdings noch offen. Und: Es fehlt auch noch die Stimme Ungarns.

Das bis dato bündnisfreie Schweden hatte gemeinsam mit Finnland kurz nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine im Februar 2022 im Mai desselben Jahres den Antrag für einen Beitritt zu dem westlichen Militärbündnis gestellt.

Finnland konnte bereits im April 2023 beitreten, bei Schweden hatte bisher maßgeblich die Türkei blockiert. Offizielle Begründung aus Ankara: Die Haltung Stockholms gegenüber der in der Türkei verbotenen und von der EU und den USA als Terrororganisation eingestuften Arbeiterpartei Kurdistans (PKK).

Deutliche Mehrheit

Am Dienstag stimmte nun das türkische Parlament dem Beitrittsansuchen Schwedens zu. Laut der auflagenstärksten türkischen Tageszeitung „Hürriyet“ nahmen an der Abstimmung 346 Abgeordnete teil, 287 davon stimmten für einen NATO-Beitritt Schwedens, 55 dagegen, es gab vier Enthaltungen.

Die Debatte habe vier Stunden gedauert, berichtete „Hürriyet“, am Ende hätten sowohl die regierende Fortschrittspartei AKP von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan als auch die sozialdemokratische bzw. kemalistische Republikanische Volkspartei (CHP) und die rechte Partei der Nationalistischen Bewegung (MHP) zugestimmt.

Zeitrahmen noch unklar

Nun muss Präsident Erdogan das Beitrittsprotokoll noch unterschreiben, was zwar als so gut wie sicher gelte, wie es hieß – allerdings ist der Zeitrahmen dafür unklar. Nach Erdogans Unterschrift wird der Beschluss im Amtsblatt veröffentlicht. Auch das NATO-Land Ungarn muss der Aufnahme Schwedens noch offiziell zustimmen. Alle anderen 29 Alliierten haben das bereits getan.

Erdogan hatte eine Zustimmung seines Landes zu einem NATO-Beitritt Schwedens unter anderem von Lieferungen von Kampfflugzeugen des Typs F-16 aus den USA abhängig gemacht. Bisher fehlt dafür allerdings eine Zustimmung des Kongresses in Washington. Obwohl NATO-Partner, sind einander die USA und die Türkei bei Waffengeschäften nicht immer einig.

Positive Signale auch aus Budapest

Die Türkei hatte ihre Blockade auch immer wieder mit einem aus ihrer Sicht unzureichenden Einsatz Schwedens gegen „Terrororganisationen“ begründet. Dabei geht es Ankara vor allem um die PKK und die syrische Kurdenmiliz YPG. Die Regierung in Stockholm hatte auf die Anforderungen der Türkei etwa mit verschärften Anti-Terror-Gesetzen reagiert.

Differenzen gab es auch um die Genehmigung von Koranverbrennungen in Schweden, die auf scharfe Kritik aus Ankara stießen. Erdogan hatte aber schließlich sein langes Veto im vergangenen Jahre aufgekündigt und dem Parlament das NATO-Beitrittsprotokoll Ende Oktober zur Ratifizierung vorgelegt.

Schließlich fehlt nun noch grünes Licht aus Ungarn. Budapest störte sich an schwedischen Aussagen zum Thema Rechtsstaatlichkeit in Ungarn. Ministerpräsident Viktor Orban ließ wissen, sein Land wolle nicht das letzte sein, das Schwedens NATO-Beitritt ratifiziert, ließ sich bisher aber Zeit damit. Am Dienstag gab Orban bekannt, seinen schwedischen Amtskollegen Ulf Kristersson zu „Verhandlungen über den NATO-Beitritt Schwedens“ nach Ungarn eingeladen zu haben. Ein Datum dafür nannte er allerdings nicht.