Stromzähler auf Wand
ORF/Georg Hummer
Verlängerung

Regierung halbiert Strompreisbremse

Die Regierung reagiert auf die Entspannung auf dem Strommarkt und senkt den Zuschuss für die Strompreise. Die Förderung werde halbiert, gaben Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) und Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) am Mittwoch bekannt. Dafür werden sowohl Stromkostenbremse als auch die Zufallsgewinnabschöpfung verlängert.

Grundsätzlich werden bis Ende des Jahres die ersten 2.900 Kilowattstunden (kWh) Strom pro Jahr für jeden Haushalt noch subventioniert, allerdings sinkt ab 1. Juli die Förderung von bis zu 30 auf maximal 15 Cent pro kWh. Die Obergrenze des Energiepreises, bis zu dem die Bremse wirkt, geht von 40 auf 25 Cent zurück.

Für die ersten 2.900 kWh Strom, das entspricht rund 80 Prozent des durchschnittlichen Stromverbrauchs, sollen Haushalte pro Jahr im Endeffekt nur zehn Cent pro kWh zahlen. Mit der neuen Regelung bedeutet das: Wer 25 Cent pro kWh zahlen muss, erhält 15 Cent – bei 30 Cent sind es allerdings ebenfalls 15 Cent. Kostet die Kilowattstunde 20 Cent gibt es zehn Cent.

Haushalte mit mehr als drei Personen erhalten außerdem einen Zuschuss von 52,50 Euro pro Person und Jahr, für einkommensschwache Haushalte entfallen 75 Prozent der Netzkosten. Der Strompreis ist seit der Einführung der Bremse im Herbst 2022 stark gefallen, wenn auch noch nicht auf das Vorkrisenniveau.

Regierung hofft auf mehr Wettbewerb

Die Maßnahme soll nach Vorstellung der Regierung ein Anreiz für Stromanbieter sein, die Preise zu senken und den Wettbewerb bei Endkundtarifen anzukurbeln. Gewessler rief bei der Vorstellung der im Ministerrat beschlossenen Änderung dazu auf, sich aktiv um bessere Angebote auf dem Strommarkt umzusehen. So könne man auf der Website der E-Control nachschauen, ob es nicht günstigere Verträge als den jeweils aktuellen in einem Haushalt gibt.

Viele Neuverträge hätten schon Preise unter 25 Cent pro Kilowattstunde, hieß es von der Regierung. Die Strompreisbremse wird weiterhin direkt über den Energieanbieter abgerechnet, die Änderung soll in den nächsten Tagen in Begutachtung gehen. Gewessler verteidigte die Beschlüsse: Man wolle unter den aktuellen Umständen bestmöglich helfen, gleichzeitig aber mit den Steuergeldern sorgsam umgehen.

WIFO forderte bereits Halbierung, Kritik von NGOs

WIFO-Chef Gabriel Felbermayr fordert bereits seit Längerem eine Halbierung der Subvention. Er argumentierte vergangene Woche gegenüber Ö1, dass das nicht nur die Kosten für das Finanzministerium senken sollte. Es sollte auch mehr Anreize für einen Anbieterwechsel liefern, sollte die geringere Förderung nicht ausreichen, den Strompreis „in erträgliche Niveaus zu bringen“. Andere Länder haben die Strompreisbremse bereits auslaufen lassen.

Für das gewerkschaftsnahe Momentum Institut ist eine Bremse bei den Strompreisen allein „nicht ausreichend“. Außerdem zahle sich die Bevölkerung die Kosten angesichts der geringer als prognostizierten Einnahmen aus der Gewinnabschöpfung im Endeffekt selbst. Erwartung und Realität bei der abgeschöpften Summe gingen „meilenweit auseinander“, heißt es in einer Aussendung.

Ähnlich ist die Meinung der globalisierungskritischen Nichtregierungsorganisation (NGO) Attac. Die Kürzung des Förderbetrags sei die falsche Maßnahme und führe zu höheren Stromrechnungen. Sehr viele Kunden und Kundinnen hätten Verträge mit Bindung, sie könnten nicht unmittelbar in möglicherweise günstigere Tarife wechseln, so Attac Österreich.

Zufallsgewinne werden weiter abgeschöpft

Auch die Abschöpfung von Zufallsgewinnen bei Energiekonzernen wird bis Ende 2024 verlängert und adaptiert. Abgeschöpft wird bei allen Energieproduzenten, wobei mit neuen Anpassungen sichergestellt werden soll, dass der Ausbau von grüner Stromproduktion forciert wird. Konzerne, die heuer oder in den kommenden drei Jahren in den Ausbau von erneuerbaren Energien investieren, können 75 Prozent der Kosten absetzen. Darüber hinaus wird der Absetzbetrag verdoppelt.

Bei den Konzernen mit fossiler Energie wird die Zufallsgewinnsteuer verschärft: Künftig werde jeder Gewinn, der mehr als fünf Prozent über dem Durchschnitt der Jahre 2018 bis 2021 liegt, mit 40 Prozent zusätzlich zur KÖST und allen anderen Abgaben besteuert, heißt es in einer Unterlage der Regierung.

Brunner zeigte sich nach dem Ministerrat erfreut, dass man bei der Gewinnabschöpfung nach Auslaufen der entsprechenden EU-Verordnung eine verfassungsrechtlich mögliche Lösung gefunden habe. Gefragt nach der Diskrepanz zwischen den eigentlich erwarteten Zusatzeinnahmen von zwei bis vier Milliarden und den tatsächlich realisierten rund 280 Mio. Euro sagte er, die Milliardenschätzung basiere auf einer Einschätzung der EU, die man auf Österreich heruntergebrochen habe.

Kritik von FPÖ, SPÖ, NEOS, ÖGB und AK

Die FPÖ erneuerte ihre Kritik an der Strompreisbremse und der Gewinnabschöpfung und forderte stattdessen abermals eine Senkung der Verbrauchsteuern auf Energie, die Abschaffung der CO2-Steuer, das Ende der Sanktionen gegen Russland und den Ausstieg aus dem Merit-Order-Prinzip. NEOS attestiert der Regierung Planlosigkeit, die Strompreisbremse sei auch in halber Höhe „Unfug“.

Auch für die SPÖ war die Strompreisbremse die falsche Maßnahme, sie hätte sich stattdessen einen Energiepreisdeckel wie in Deutschland gewünscht. Die Senkung der Kostenobergrenze führe nun dazu, dass der Strom für Haushalte teurer werde. Die Gewerkschaft (ÖGB) schlug in eine ähnliche Kerbe. Aus Sicht der Arbeiterkammer (AK) kommt die Senkung der Stromkostenbremse zu früh, sie hätte sich eine Übergangsfrist gewünscht.

Der Branchenverband IG Windkraft kritisierte hingegen die Verlängerung der Gewinnabschöpfung. Anhaltende direkte Eingriffe in Märkte würden sich negativ auf das Vertrauen in die Windenergie auswirken und die Produktionsbedingungen hierzulande erschweren, auch weil andere EU-Länder entsprechende Maßnahmen mit dem Ende der EU-Verordnung bereits hätten auslaufen lassen. Positiv sei, dass Investitionen in erneuerbare Energie künftig zu einem größeren Anteil anrechenbar sind.