Boeing der Alaska Airlines
APA/AFP/Patrick T. Fallon
Nach Alaska-Airlines-Zwischenfall

Boeing 737 Max 9 darf wieder abheben

Die nach einem Zwischenfall stillgelegten Flugzeuge vom Typ Boeing 737 Max 9 dürfen bald wieder in die Luft aufsteigen. Schon am Freitag soll es bei Alaska Airlines so weit sein, United Airlines peilt Sonntag an. Zuvor genehmigte die US-Luftfahrtbehörde FAA am Mittwochabend (Ortszeit) das Verfahren für die von ihr angeordneten Inspektionen der Maschinen.

Boeing-Chef Dave Calhoun sicherte eine gründliche Überprüfung jeder Maschine zu. „Wir werden kein Flugzeug in die Luft schicken, in das wir nicht 100 Prozent Vertrauen haben“, sagte er am Mittwoch in Washington. Eine solche Prüfung dauert laut FAA mehr als zehn Stunden pro Flugzeug.

Bei einer so gut wie neuen Boeing 737 Max 9 von Alaska Airlines mit mehr als 170 Menschen an Bord war am 5. Jänner kurz nach dem Start im Steigflug ein Rumpfteil herausgebrochen. An der Stelle haben manche Konfigurationen des Typs mit mehr Sitzen eine Tür. Die betroffene Variante der 737 Max 9 hat jedoch stattdessen eine Abdeckung, die die Öffnung verschließt.

Glück im Unglück

Die FAA und andere Behörden ordneten an, alle rund 170 derartigen Flugzeuge des Typs für Untersuchungen auf dem Boden zu lassen. Bei dem Zwischenfall Anfang Jänner wurde niemand ernsthaft verletzt – durch einen glücklichen Zufall waren allerdings die beiden Plätze direkt an der Öffnung leer geblieben.

Die FAA wies nun speziell an, Befestigungselemente zu prüfen und bei Bedarf festzuziehen. Alaska und United hatten auch bei weiteren Maschinen des Typs an dieser Stelle lose Befestigungsteile entdeckt. Fluggesellschaften in der EU haben keine Flugzeuge des betroffenen Modells.

Alaska-Airlines-Chef „wütend“

Über den Zwischenfall bei Alaska Airlines machte der Chef der betroffenen Airline zuletzt seinem Ärger in ungewöhnlich scharfen Worten Luft: „Ich bin wütend“, sagte Ben Minicucci am Dienstag dem US-Sender NBC. Alaska habe an der Stelle lose Befestigungsteile bei „vielen“ weiteren Boeing 737 Max 9 gefunden, ergänzte er. Eine genaue Zahl nannte der Alaska-Chef nicht.

Alaska hat 65 Maschinen des Typs. Sie machen rund ein Fünftel der Flotte der Airline aus – und die Fluglinie hatte erst im vergangenen Jahr mehrere Airbus-Flugzeuge abgestoßen, um auf Boeing zu setzen. Alaska will nun mehr eigene Kontrolleure zu Produktionslinien des Flugzeugproduzenten schicken, hieß es.

Auch United-Airlines-Chef Scott Kirby kritisierte Boeing. Er sei „enttäuscht“, sagte Kirby am Dienstag mehrfach im Sender CNBC. Boeing müsse die Produktionsprobleme schließlich in den Griff bekommen, forderte er. Zugleich sagte Kirby, dass United künftige Flugpläne ohne Maschinen des neuen Typs 737 Max 10 vorbereiten werde. Die Zertifizierung des Flugzeugs steht noch aus – und United verlasse sich nicht mehr darauf, dass sie wie geplant dieses Jahr kommt. Ohne die 737 Max 10 werde United langsamer wachsen als geplant, so Kirby.

Weiterer Zwischenfall am Mittwoch

Boeing kommt derweil nicht aus den Negativschlagzeilen. Zu einem weiteren Zwischenfall kam es am Samstag. Eine Maschine der US-Fluggesellschaft Delta Airlines verlor kurz vor einem Start im US-Staat Georgia ein Bugrad. Bei dem Flugzeug handle es sich um eine Boeing 757, die in die kolumbianische Hauptstadt Bogota fliegen sollte, berichteten US-Medien am Mittwoch. Während der Startvorbereitungen im Flughafen von Atlanta löste sich laut US-Luftfahrtbehörde FAA eines der Räder im vorderen Teil der Maschine.

An Bord der Maschine befanden sich 184 Passagiere und sechs Crewmitglieder, wie es weiter hieß. Die Passagiere hätten das Flugzeug verlassen und seien in ein Ersatzflugzeug gebracht worden, berichtete die „Washington Post“ („WP“) unter Berufung auf eine Mitteilung von Delta Airlines. Das betroffene Flugzeug sei am Sonntag wieder in Betrieb genommen worden.

Konsequenzen für Boeing

Insbesondere wegen des Zwischenfalls bei Alaska Airlines gibt es nun strengere Konsequenzen für Boeing. Die FAA kündigte an, dass sie vorerst keinen weiteren Ausbau der Produktion aller Modelle der 737 Max genehmigen werde. Boeings Probleme in der Qualitätskontrolle seien „inakzeptabel“, betonte Behördenchef Mike Whitaker.

Für Boeing ist der Ausbaustopp ein Problem: Der Konzern arbeitet die vielen 737-Max-Bestellungen nur langsam ab und fällt hinter den europäischen Rivalen Airbus zurück. Aktuell stellt Boeing pro Monat rund 30 Flugzeuge der Max-Reihe her. Zum kommenden Jahr sollte der monatliche Ausstoß auf 50 Maschinen erhöht werden.