SPÖ-Klubobmann: „Patientenmilliarde war glatte Lüge“

Die SPÖ sieht sich durch eine Anfragebeantwortung des Gesundheitsministeriums in ihren Warnungen bestätigt, dass sich Österreichs Gesundheitssystem seit der Zerschlagung der Gebietskrankenkassenstruktur unter der damaligen türkis-blauen Bundesregierung verschlechtert habe.

„Die Patientenmilliarde war eine glatte Lüge“, so SPÖ-Klubobmann Philipp Kucher in Richtung der einstigen Regierungsspitze von Sebastian Kurz (ÖVP) und Heinz-Christian Strache (FPÖ). So habe sich die Zahl der Wahlarztrechnungen seit 2019 in einigen Fächern verdreifacht, Wartezeiten auf Arzttermine hätten sich verlängert, kritisierte Kucher gegenüber der APA.

Dass mehr und mehr Menschen aus ihrer eigenen Brieftasche für Gesundheitsleistungen aufkommen müssen, lässt sich aus SPÖ-Sicht mit der in der Beantwortung ausgewiesenen Entwicklung der Refundierungsanträge seit 2019 belegen.

Wahlarztrechnungen: Anstieg besonders bei Haus-, Frauen- und Kinderärzten

Bei den Hausärzten und -ärztinnen stiegen sie bis 2022 von 46.358 auf 143.890, fast eine Verdreifachung gab es auch bei Gynäkologen und Gynäkologinnen. Bei Kinderärztinnen und -ärzten stieg die Zahl ebenfalls stark. Es handelt sich um vorläufige Zahlen, weil die Einreichfrist drei Jahre beträgt.

Alarmiert zeigte sich die SPÖ auch über eine in der Anfragebeantwortung erwähnte Untersuchung der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) aus dem Jahr 2023, wonach die Wartezeit auf einen Allgemeinmedizintermin im Median zwar nur zwei Tage beträgt, es in der Gynäkologie aber 28 Tage sind. Das sei doppelt so viel wie von den Sozialdemokraten verlangt.

Ärztekammer kann Argumentation der SPÖ nicht nachvollziehen

Ärztekammer-Vizepräsident Edgar Wutscher kann die Argumentationslinie der SPÖ nicht nachvollziehen, denn Probleme mit der Kassenmedizin habe es auch zu Zeiten der Gebietskrankenkassen gegeben. „Ich glaube nicht, dass das mit der Zusammenführung einen relevanten Ausschlag macht“, sagte er heute im Ö1-Mittagsjournal.

Dass mehr Wahlarztrechnungen als früher eingereicht werden, liegt seiner Einschätzung nach vielmehr daran, dass es mehr Wahlärzte als früher gibt. Dazu könnte kommen, dass wegen der Teuerung die Patientinnen und Patienten vermehrt auch Rechnungen über kleinere Summen einreichen. Dazu kämen die langen Wartezeiten bei Kassenärzten. Wutscher forderte deshalb, Kassenstellen attraktiver zu machen. Hier ortet er auch schon gewisse Fortschritte.

Für das von den Grünen geführte Gesundheitsministerium liegt der Kassenarztmangel an fehlenden Reformen der vergangenen Jahrzehnte und reicht damit weit vor die Ära von Türkis-Blau zurück, also auch etwa in Zeiten SPÖ-geführter Regierungen.