Temu-App auf Smartphone-Display
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Temu

Onlineshopping direkt aus der Fabrik

„Shoppen wie ein Millionär“: Mit diesem Slogan bewirbt die chinesische Plattform Temu ihren Onlineshop. Bekleidung oder Elektrogeräte gibt es dort zu Schnäppchenpreisen, und damit das Geschäftsmodell funktioniert, schlägt das Unternehmen einen neuen Weg ein: Es sendet seine Waren direkt aus der Fabrik in China an die Endverbraucher und spart so Kosten. Heimische Unternehmen können bei den Billigpreisen nicht mithalten und warnen vor Sicherheitsrisiken, berichtete zuletzt das ZIB Magazin.

Mode oder Haushaltswaren um ein paar Euro oder ein Smartphone-Ladegerät, das deutlich günstiger als das Markenprodukt ist, dank dieser Angebote wächst Temu rasant. Seit nicht einmal einem Jahr ist das chinesische Onlineshoppingportal in Europa aktiv und wird bei Kundinnen und Kunden immer beliebter, auch durch Hilfe von Influencerinnen und Influencern, die auf Social-Media-Plattformen regelmäßig in Videos zeigen, wie sie ihre Temu-Bestellung voller Freude auspacken.

Hinter den günstigen Preisen steckt ein Plan, das Modell des Onlineshoppings zu revolutionieren: „Ich kann als Endkunde tatsächlich mit der Fabrik in China kommunizieren und kaufe über diese Plattform direkt in der Fabrik ohne Zwischenhändler, ohne Zwischenlager, ohne Extrakosten ein“, erklärt der E-Commerce-Experte Alexander Graf gegenüber dem ZIB Magazin. Für ihn steht fest, dass diese Innovation in der Handelskette zu enormen Einsparungen führt. Ein Grund für die günstigen Preise, die Temu anbietet.

Kein Zoll auf „Sendungen mit geringem Wert“

Auch beim Thema Zollgebühren hat Temu einen Weg gefunden. Bestellungen werden so aufgeteilt, dass Pakete mit Artikel unter einem Wert von 150 Euro auf die Reise nach Europa gehen. Der Weltpostvertrag regelt, dass diese „Sendungen mit geringem Wert“ vom Zoll befreit sind. Ein Umstand, den Temu für sich nutzt. Zudem wird die Kundschaft mit Gratisversand zum Kaufen animiert. Auch die österreichische Post ist zuletzt eine Kooperation beim Versand mit dem chinesischen Unternehmen eingegangen.

Im bisherigen E-Commerce-Modell, nach dem große Onlineshops arbeiten, gab es oft einen Importeur in Europa oder in den USA, der Produkte auf Plattformen wie etwa Amazon zur Verfügung stellte. Diese Importeure mussten die Verzollungskosten tragen, für Lagerflächen bezahlen und die gesamten Handlingkosten übernehmen, die dann auch an die Kundinnen und Kunden weitergegeben wurden.

Bisher Verlustgeschäft

Auch wenn Temu nun neue Wege geht, ist das chinesische Portal noch nicht profitabel. „Nach unserer Information verdient Temu heute noch kein Geld mit den Bestellungen, die sie nach Europa oder in die USA senden. In Europa werden wahrscheinlich zwischen zehn bis zwanzig Dollar pro Bestellung draufgezahlt“, so Graf, der bereits etliche Unternehmen im E-Commerce-Bereich aufgebaut hat und als Handelsexperte gilt. Nach seiner Einschätzung könnte sich das aber dank des größer werdenden Zuspruchs in den nächsten Jahren ändern: „Der Trend kann durchaus Richtung Profitabilität gehen.“

Warnung vor Sicherheitsrisiken

Auch heimische Händler spüren die neue Konkurrenz aus China. Wolfgang Krejcik, Inhaber eines Elektrowarengeschäfts in Wien, sieht das Verhalten der Verbraucherinnen und Verbraucher kritisch: „Der Konsument lässt sich durch sehr günstige Preise verleiten. Oft handelt es sich aber um Ware, die zweite Wahl oder sogar gefälscht ist.“ Dabei gebe es laut Krejcik keinerlei Sicherheit, ob ein bestelltes Billiggerät in Ordnung und die Sicherheit für die Endverbraucher gegeben sei. „Ich würde solche Produkte nicht kaufen. Das Risiko ist für mich zu groß, dass irgendwas passiert.“ Auch würden europäische Vorschriften bei der Herstellung nicht eingehalten.

Spielerisch zum Umsatz

Doch das scheint die Kundinnen und Kunden nicht zu stören. Temu punktet nicht nur mit den günstigen Preisen, sondern auch mit seiner Aufmachung: „Es ist jetzt das erste Mal, dass es einen Händler gibt, der in seiner App so viele Reize hinterlegt“, sieht Graf ein Alleinstellungsmerkmal. Um Kunden auf ihrer Plattform zu halten und die investierte Zeit zu erhöhen, bietet Temu verschiedene interaktive Elemente an, wie Spiele und Rabattaktionen.

Je mehr Zeit Kunden in der App verbringen, desto mehr Daten kann Temu sammeln und desto besser kann das Unternehmen seine Produkte anpassen und Empfehlungen personalisieren. Der Einkauf werde laut Experten so zum Nebengeschäft: „Ich verbringe in der Temu-App Zeit, um mich inspirieren zu lassen, um Produktvideos zu sehen. Aufgrund niedriger Preise klicke ich dann hin und wieder einmal auf Kaufen.“