Hinweisschild des Bundesverwaltungsgerichts
APA/Helmut Fohringer
Einigung bei Bundesverwaltungsgericht

Einigung bei Bundesverwaltungsgericht

Der seit über einem Jahr schwelende Koalitionsstreit über die Leitung des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG) ist zu Ende. Wie das Ö1-Mittagsjournal am Freitag berichtete, wird das Amt von Christian Filzwieser übernommen. Er war nur der drittgereihte Kandidat. Mehrere NGOs begrüßten die Entscheidung und forderten zugleich eine Reform beim Bestellungsprocedere. Kritik kam von der Opposition.

Die Besetzungskommission hatte Sabine Matejka, Vorsitzende des Bezirksgerichts in Floridsdorf und bis August Präsidentin der Richtervereinigung, auf Platz eins gesetzt.

Seitens der Grünen wird bedauert, dass man sich mit der ÖVP nicht auf Matejka einigen konnte. Nun könne aber die Entscheidung nicht mehr aufgeschoben werden. Filzwieser sei topqualifiziert und stehe über den Parteien. Aktuell wird das Gericht interimistisch von Michael Sachs geleitet. Die Personalie war aktuell geworden, als Harald Perl 2022 in Pension gegangen war.

Abzuwarten ist, wie Matejka reagiert. Sie hatte in einem Interview einen Gang zur Gleichbehandlungskommission nicht ausgeschlossen. Im Zuge der schwelenden Debatte hatte sie ihre Funktion als Präsidentin der Richtervereinigung zurückgelegt.

NGOs begrüßen Entscheidung

Von mehreren NGOs wurde in einer gemeinsamen Aussendung begrüßt, dass nach mehr als einem Jahr Streit die Führung des Gerichts fixiert wurde. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International, die netzpolitische Bürgerrechtsorganisation epicenter.works, die Umweltschutzorganisation Ökobüro und die asylpolitische Plattform asylkoordination österreich, die die Regierung deswegen seit Monaten scharf kritisiert hatten, betonten, die lange verzögerte Nachbesetzung habe „das Vertrauen der Bevölkerung in die unabhängige Justiz enorm beschädigt. Das Vertrauen muss jetzt dringend wiederaufgebaut werden“, so Shoura Hashemi von Amnesty.

Die von der Kommission vorgeschlagenen Kandidatinnen und Kandidaten seien alle geeignet. Die „ewige Untätigkeit“ der Regierung habe aber den Eindruck erweckt, „dass die interimistische Betreuung und die verzögerte Nachbesetzung parteipolitisch motiviert gewesen sein könnten“. Filzwieser habe viele Jahre die größte Kammer am BvWG geleitet, und seine Expertise sei „unumstritten“. Er habe stets den Austausch mit Wissenschaft, Verwaltung und Zivilgesellschaft gesucht, hieß es in der Aussendung weiter. Von der Politik forderten die NGOs eine Änderung des Bestellungsprozesses, um eine ähnlich lange andauernde Nichtbesetzung wie zuletzt künftig zu verhindern.

Opposition: Scharfe Kritik an ÖVP

Dass die ÖVP die Besetzung „mit Junktimierungen blockiert“ habe, zeige, „wie rücksichtslos die ÖVP mit staatlichen Institutionen umgeht“, so SPÖ-Verfassungssprecher Jörg Leichtfried und SPÖ-Justizsprecherin Selma Yildirim. Sie nannten es „völlig unverantwortlich“, die Leitung des größten Gerichts Österreichs „aus parteipolitischem Hickhack“ so lange nicht nachzubesetzen.

Verärgert über die Regierung zeigte sich auch NEOS, dessen Vizeklubchef Nikolaus Scherak eine Farce sieht. Bei der Besetzung eines unabhängigen Gerichts sollte einzig und allein zählen, wer der oder die Beste sei, und nicht, auf wen sich die Bundesregierung einigen könne. Er sieht eine Verhöhnung der Erstgereihten und der Auswahlkommission.