Zugefrorene Alte Donau in Wien
ORF/Daniel Schrott
Ende der „Eiszeit“

Heimische Gewässer seltener zugefroren

Viele Seen in Österreich waren in den letzten Wochen zugefroren, das mildere Wetter hat der „Eiszeit“ aber meist schon wieder ein Ende gesetzt. Der heurige Winter ist damit ein Spiegelbild der vergangenen Jahre. Durch die Klimaerwärmung frieren die heimischen Seen seltener und kürzer zu. Daten von drei Seen belegen die Abwärtsspirale.

Für eine Eisbildung auf den tiefen Seen in Österreich sind die Winter schon lange zu mild. 1963 froren der Traunsee und Bodensee das letzte Mal zu, der Hallstättersee 1981. 2006, während des letzten kalten Winters, war der Wörthersee komplett eisbedeckt, seitdem nicht mehr.

Für seichte Gewässer wie die Alte Donau in Wien und den Neusiedler See hat die Kälte der letzten Wochen dafür gereicht, dass sie vorübergehend zugefroren sind. Noch letztes Wochenende waren hier viele Menschen auf dem Eis, das mittlerweile dem Tauwetter zum Opfer gefallen ist. Solche Eiszeiten sind heutzutage eine Seltenheit, denn die Winter werden immer milder.

Dauer der Eisbedeckung mehr als halbiert

Innerhalb weniger Jahrzehnte hat sich am Neusiedler See die Dauer der Eisbedeckung mehr als halbiert. War der See in den 1980er und 1990er Jahren noch im Schnitt an über 60 Tagen im Jahr zugefroren, gab es in den 2010er Jahren im Winter schon durchschnittlich keine 30 Tage mehr mit einer geschlossenen Eisdecke. In den vergangenen Jahren setzte sich der Rückgang weiter fort.

Im Winter 2021/2022 blieb sogar jegliche tragfähige Eisbildung aus. „Das war das erste Mal seit Beginn der Aufzeichnungen in den 1970er Jahren an der Biologischen Station“, sagt Thomas Zechmeister, der Leiter der Forschungseinrichtung in Illmitz. Vergangenes Jahr war der See acht Tage lang zugefroren, heuer sind es bisher zwei Wochen.

Neben der Abnahme der Vereisung ist die Zunahme der Wassertemperaturen eine der beobachteten Auswirkungen der allgemeinen Klimaerwärmung. Der Neusiedler See habe sich in den letzten Jahrzehnten um 1,8 Grad erwärmt, so Zechmeister, wodurch eine Eisbildung seltener erfolgt.

Wasser wird wärmer

Die Erwärmung des Wassers ist eine direkte Folge des Anstiegs der Lufttemperaturen. Seit den 1980er Jahren sind die Winter in Österreich zwei bis drei Grad wärmer geworden, der heurige Winter bildet trotz der letzten kälteren Wochen keine Ausnahme. Zudem scheint die Sonne etwas länger als früher, es gibt weniger Wolken, weil die Luft sauberer geworden ist.

Wann und ob ein See zufriert, ist von der Witterung abhängig: von den Temperaturverhältnissen und dem Sonnenschein, also von der Energiebilanz, aber auch vom Wind, der das Wasser durchmischt, dazu noch von der Tiefe und Größe des Sees und seinen Zuflüssen.

Seltener Eis auf dem Lunzer See

Auch der Lunzer See in Niederösterreich friert immer seltener zu. Der Bergsee liegt in rund 600 Meter Höhe im Mostviertel und ist bis zu 34 Meter tief. Bereits seit dem Jahr 1905 wird hier die Eisdeckendauer gemessen, es ist weltweit eine der längsten kontinuierlichen Messreihen über die Vereisung von Seen.

Zugefrorener Lunzer See in Niederösterreich
Martin Kainz
Der Lunzer See friert immer seltener zu

Bis in die 1980er Jahre hinein war die Eisbedeckung des Lunzer Sees relativ konstant mit meist 80 bis 90 Tagen pro Jahr, seitdem ist eine deutliche Abnahme feststellbar. In den vergangenen zehn Jahren war der See nur noch im Schnitt 22 Tage pro Jahr vollständig eisbedeckt, im heurigen Winter erst einen Tag lang.

Ökologie der Seen ändert sich

„Die Seen sind ein Sentinel, ein Wächter, des Klimawandels und sie sind ein Spiegel der Prozesse des ganzen Umlandes und zeigen die Veränderungen“, sagt Martin Kainz, Professor an der Donau-Universität Krems und Forscher am WasserCluster Lunz. Die meisten Seen weltweit werden wärmer, besonders seit den 1980er Jahren. Beim Lunzer See ist die oberflächennahe Wassertemperatur seither um knapp zwei Grad gestiegen.

Durch die Abnahme der Eisbedeckung verlieren Seen ihre „Schutzhaut“ im Winter, das Wasser wird durch den Wind häufig durchmischt. Die Ökologie ändert sich, und Nährstoffe, die sich normalerweise in tiefen Schichten befinden, kommen an die Oberfläche. Durch häufigeren Winterregen gelangen auch über Bäche mehr Nährstoffe in den See. Eine höhere Primärproduktion (Algenwachstum) kann so im Winter begünstigt werden.

Weißensee friert später zu

Auch am Weißensee ist die Klimaerwärmung spürbar. Der 6,4 Quadratkilometer große See liegt in über 900 Meter Höhe und friert relativ leicht zu, vor allem der seichtere Westteil. Im Winter verwandelt sich der Weißensee zur größten präparierten Natureisfläche Kärntens. Norbert Jank, der Eismeister des Sees, beobachtet und misst die Vereisung seit 1973 für den tieferen und größeren Ostteil des Sees. „Das Klima hat sich wahnsinnig geändert“, sagt er. Das Eis wird dünner und damit gefährlicher.

Eisläufer auf dem zugefrorenen Weißensee in Kärnten
Norbert Jank
Der Westteil des Weißensees ist aktuell zum Eislaufen freigegeben

Taut früher auf

Bis Ende der 1980er Jahre fror der Ostteil meist noch im Dezember zu, in den letzten zehn Jahren im Schnitt erst um den 20. Jänner. Im letzten Winter war das erste Mal seit Langem nicht der gesamte Ostteil eisbedeckt, und heuer gibt es noch viele offene Wasserstellen. Der Westteil des Weißensees ist aber zugefroren und die Eisdecke derzeit 20 Zentimeter dick.

Durch die Erwärmung hält sich die Eisdecke auch nicht mehr so lange wie früher. In den vergangenen Jahren begann sich das Eis im Schnitt schon Mitte März zu öffnen, in den 1970er und 80er Jahren war das oft erst Ende April der Fall. Die Eisdeckendauer verringerte sich so von knapp 100 Tagen auf im Schnitt etwa 60.

Es bleibt mild

Das Eis wird selbst auf dem Weißensee in den nächsten Tagen kaum wachsen. Diese Woche waren es hier schon bis zu neun Grad. In Tirol wurden am Mittwoch mit bis zu 18 Grad sogar neue Jänner-Rekorde an zahlreichen Stationen aufgestellt.

Hohe Temperaturen, Regen und der Sturm der letzten Tage haben auch dem Schnee in den Wintersportorten zugesetzt. In vielen Alpentälern ist die Schneedecke deutlich dünner geworden, manche Täler sind sogar ausgeapert.

Das milde Wetter setzt sich nächste Woche fort, eine Rückkehr in den Winter ist so schnell nicht zu erwarten. Die Temperaturen bleiben auch am Beginn der Semesterferien überdurchschnittlich hoch.