Archivfoto zeigt UNRWA-Büro in Gaza
APA/AFP/Mohammed Abed
Hamas-Massaker

Schwere Vorwürfe gegen UNO-Hilfswerk

Gegen das UNO-Palästinenserhilfswerk UNRWA stehen schwere Vorwürfe im Raum. Konkret geht es um den Vorwurf, mehrere Mitarbeiter seien am Hamas-Massaker in Israel beteiligt gewesen. Das Hilfswerk zog bereits Konsequenzen: „Ich habe die Entscheidung getroffen, die Verträge dieser Mitarbeiter sofort zu kündigen und eine Untersuchung einzuleiten, um unverzüglich die Wahrheit herauszufinden“, sagte UNRWA-Generalkommissar Philippe Lazzarini laut einer am Freitag veröffentlichten Erklärung des UNO-Hilfswerks.

Lazzarini sprach von „schockierenden Anschuldigungen“. Israel habe dem UNRWA Informationen über die mutmaßliche Beteiligung mehrerer Mitarbeiter übermittelt. „Jeder UNRWA-Mitarbeiter, der an Terroranschlägen beteiligt war, wird zur Verantwortung gezogen, auch durch strafrechtliche Verfolgung.“

Die Vereinigten Staaten seien äußerst beunruhigt, teilte das US-Außenministerium mit. Man habe deshalb die Bereitstellung zusätzlicher Mittel für UNRWA vorübergehend ausgesetzt, hieß es. Die Vorwürfe würden zwischenzeitlich geprüft.

USA: Anschuldigungen gegen zwölf Personen

US-Außenminister Antony Blinken habe am Donnerstag mit UNO-Generalsekretär Antonio Guterres darüber gesprochen, dass die Angelegenheit gründlich und rasch untersucht werden müsse. In der Mitteilung des US-Außenministeriums war von Anschuldigungen gegen zwölf UNRWA-Mitarbeiter die Rede. EU-Außenbeauftragter Josep Borrell erklärte, die Gemeinschaft prüfe ihr Vorgehen und werde Konsequenzen aus den Ergebnissen einer umfassenden Untersuchung ziehen.

Guterres selbst zeigte sich entsetzt über die Nachricht, dass mehrere UNRWA-Mitarbeiter in die Terroranschläge in Israel verwickelt sein könnten. Er drohte den Betroffenen ebenfalls mit einer sofortigen Entlassung sowie strafrechtlichen Konsequenzen, sollte die Untersuchung ihre Beteiligung an den Attacken ergeben.

UNRWA verurteilt „abscheuliche Anschläge“

„Jeder, der die Grundwerte der Vereinten Nationen verrät, verrät auch diejenigen, denen wir in Gaza, in der gesamten Region und anderswo auf der Welt dienen“, sagte Lazzarini weiter. Mehr als zwei Millionen Menschen im Gazastreifen seien seit Beginn des Krieges auf Hilfe angewiesen. Details dazu, auf welche Art Mitarbeiter möglicherweise an dem Terrorangriff auf Israel beteiligt waren und um wie viele Personen es sich konkret handelt, teilte Lazzarini nicht mit.

Das UNO-Hilfswerk verurteilt nach Angaben des UNRWA-Generalkommissars die „abscheulichen Anschläge vom 7. Oktober“ aufs Schärfste und fordert die Freilassung aller aus Israel entführten Geiseln.

Das 1949 gegründete UNRWA leistet humanitäre Hilfe für Palästinenser im Gazastreifen, im Westjordanland sowie in Jordanien, Syrien und im Libanon. Das Hilfswerk hat wiederholt erklärt, seine Arbeit im Gazastreifen stehe aufgrund von Überlastung kurz vor dem Zusammenbruch.

Vorwürfe seitens Israels

Die israelische Regierung hatte UNO-Organisationen und dem Roten Kreuz wiederholt vorgeworfen, sich auf die Seite der Palästinenser im Gazastreifen zu stellen und mit der Hamas zusammenzuarbeiten.

Erst am Donnerstag hatte Israel der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in Genf vorgeworfen, alle „Beweise“ für die „terroristische Nutzung“ von Krankenhäusern durch die Hamas zu ignorieren. Die WHO zeige damit ein „geheimes Einverständnis“ mit der Hamas.

Die WHO wies die Vorwürfe am Freitag zurück. „Solche falschen Behauptungen sind schädlich und können unsere Mitarbeiter gefährden, die ihr Leben riskieren, um den Schwachen zu helfen“, erklärte WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus via X (Twitter). „Als Organisation der Vereinten Nationen ist die WHO unparteiisch und setzt sich für die Gesundheit und das Wohlergehen aller Menschen ein.“

Auch Österreich UNRWA-Geldgeber

Eine Reaktion auf die Anschuldigungen gibt es auch von Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP). Auf X (Twitter) schrieb er von „schockierenden und alarmierenden Vorwürfen“. Die UNO müsse über jeden Zweifel erhaben sein, es handle sich um eine Frage der Glaubwürdigkeit, so Schallenberg.

Auch Österreich und andere EU-Staaten gehören zu den Geldgebern der UNRWA. Aus dem Außenministerium verlautete dazu auf APA-Anfrage: „Der österreichische Beitrag zu UNRWA gliedert sich in einen jährlichen Beitrag von rund 400.000 Euro sowie in projektbezogene Beiträge von drei Millionen Euro pro Jahr für ein Gesundheitsprojekt.“

Rund 1.140 Menschen ermordet

Bei dem Überfall ermordeten Terroristen der Hamas und anderer extremistischer Palästinensergruppen in Israel rund 1.140 Menschen. Israel reagierte mit massiven Luftangriffen und einer Bodenoffensive. Dabei wurden nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde mehr als 26.000 Menschen getötet. Angesichts der katastrophalen humanitären Lage in dem abgeriegelten Küstengebiet steht Israel international immer mehr unter Druck.