UNRWA-Lastwagen vor israelischer Grenze
Reuters/Mohamed Abd El Ghany
UNRWA in der Kritik

UNO-Chef kündigt Konsequenzen an

Nach Vorwürfen, Beschäftigte des UNO-Palästinenserhilfswerks (UNRWA) seien am Hamas-Massaker in Israel am 7. Oktober beteiligt gewesen, hat UNO-Generalsekretär Antonio Guterres rasche Konsequenzen angekündigt. „Jeder UNO-Mitarbeiter, der in Terrorakte verwickelt ist, wird zur Rechenschaft gezogen werden, auch durch strafrechtliche Verfolgung“, sagte er am Sonntag.

Eine Untersuchung durch das UNO-Büro für interne Aufsichtsdienste sei unverzüglich eingeleitet worden, so Guterres weiter. Wegen der mutmaßlichen Beteiligung von zwölf ihrer Tausenden Beschäftigten am Massaker der Hamas in Israel am 7. Oktober ist UNRWA unter starken Druck geraten. Neun Länder kündigten an, ihre Zahlungen an die Hilfsorganisation im Gazastreifen vorerst einzustellen.

Guterres sagte am Sonntag, von den zwölf Beschuldigten seien neun sofort identifiziert und entlassen worden. Ein Mitarbeiter sei für tot erklärt worden, die Identität der beiden anderen werde derzeit geklärt. Die Verdächtigen sollten auch strafrechtlich verfolgt werden, „die verabscheuungswürdigen angeblichen Handlungen dieser Mitarbeiter“ müssten Konsequenzen haben.

Guterres: UNRWA-Finanzierung nicht ausreichend

Guterres wies darauf hin, die derzeitige Finanzierung des UNRWA reiche nicht aus, um die zwei Millionen Menschen im Gazastreifen im Februar zu unterstützen. Er appellierte an die Staaten, die ihre Beiträge ausgesetzt haben, die Kontinuität der Arbeit des UNRWA zu gewährleisten.

UN-Generalsekretär Antonio Guterres
Reuters/Eduardo Munoz
Guterres zeigte sich über die Anschuldigungen gegen die zwölf UNRWA-Mitarbeiter entsetzt

Die Zehntausenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollten nicht bestraft werden. „Die dringenden Bedürfnisse der verzweifelten Bevölkerungsgruppen, denen sie dienen, müssen erfüllt werden.“ Guterres sagte, er sei selbst über die Anschuldigungen entsetzt.

Die UNO-Sonderberichterstatterin für die Palästinensergebiete, Francesca Albanese, kritisierte den Zahlungsstopp mehrerer Länder als möglicherweise rechtswidrig. Die Entscheidung der Länder, darunter der USA und Deutschlands, werde „rechtliche Verantwortung nach sich ziehen“ und könne „das Ende des internationalen Rechtssystems“ bedeuten, schrieb Albanese am Sonntag auf X (Twitter).

Länder setzen Zahlungen aus

Israel hatte dem UNO-Hilfswerk Informationen vorgelegt, wonach zwölf seiner Mitarbeiter in den brutalen Angriff der Hamas verwickelt gewesen sein sollen. Die USA setzten unmittelbar nach Bekanntwerden der Anschuldigungen ihre Finanzhilfen an die UNRWA aus, Kanada und Australien folgten, Italien schloss sich dem Schritt an. Am Samstag gaben zudem Großbritannien, Deutschland und Finnland einen vorübergehenden Zahlungsstopp bekannt. Frankreich und die Niederlande folgten am Sonntag.

Auch Österreich Geldgeber

Auch Österreich und andere EU-Staaten gehören zu den Geldgebern. Aus dem Außenministerium (BMEIA) verlautete dazu am Freitag: „Der österreichische Beitrag zu UNRWA gliedert sich in einen jährlichen Beitrag von rund 400.000 Euro sowie in projektbezogene Beiträge von drei Millionen Euro pro Jahr für ein Gesundheitsprojekt.“

Zu den aktuellen Entwicklungen hieß es in einer auch auf X (Twitter) verbreiteten Stellungnahme: „Wir verlangen von der UNO vollste Transparenz und eine rasche, lückenlose Aufklärung über die Anschuldigungen und über das weitere Vorgehen der Organisation.“

Israel fordert UNRWA-Rückzug aus Gaza

Die Hamas sprach von einer Hetzkampagne Israels gegen internationale Organisationen, die Palästinenserinnen und Palästinensern helfen. Der Stopp der Finanzierung der UNRWA berge große politische und humanitäre Risiken, sagte der Generalsekretär der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO), Hussein al-Scheich.

UNRWA-Kritiker „sehen sich bestätigt“

Israel erhebt schwere Vorwürfe gegen das UNO-Palästinenserhilfswerk (UNRWA). ORF-Korrespondent Nikolaus Wildner ordnet diese Vorwürfe ein: UNRWA stehe in Israel schon lange in der Kritk – und diese scheint jetzt bestätigt.

Israel dagegen gehen die Reaktionen nicht weit genug. Seine Regierung wolle sicherstellen, dass die UNRWA nach dem Ende des Krieges im Gazastreifen keine Rolle mehr in dem Palästinensergebiet spielen werde, so Außenminister Israel Katz. Er warf dem UNO-Hilfswerk am Samstag vor, viele Beschäftigte zu haben, die Mitglieder der Hamas seien und Terror unterstützten. Belege dafür lieferte er nicht.

UNRWA-Chef warnt vor Zahlungsstopp

UNRWA-Chef Philippe Lazzarini warnte Samstagabend vor den Folgen der Zahlungsstopps und bat um einen Kurswechsel: „Diese Entscheidungen bedrohen unsere laufende humanitäre Arbeit in der gesamten Region, einschließlich und insbesondere im Gazastreifen.“

Lazzarini hatte die Anschläge am 7. Oktober vergangenen Jahres als abscheulich bezeichnet. Dabei ermordeten Terroristen der Hamas und anderer extremistischer Palästinensergruppen in Israel rund 1.140 Menschen. Zudem verschleppten sie rund 250 Menschen in den Gazastreifen. Israel reagierte mit schweren Luftangriffen und einer Bodenoffensive. Dabei wurden nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde bisher mehr als 26.000 Menschen getötet.

Das 1949 gegründete UNRWA leistet humanitäre Hilfe für Palästinenser im Gazastreifen, im Westjordanland sowie in Jordanien, Syrien und im Libanon. Das Hilfswerk hat wiederholt erklärt, seine Arbeit im Gazastreifen stehe aufgrund von Überlastung kurz vor dem Zusammenbruch.