Italiens Premierministerin Giorgia Meloni beim Italien-Afrika-Gipfel
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Afrika-Italien-Gipfel

„Neue Kooperation“ soll Migration begrenzen

Die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni hat am Montag im Rahmen ihres Italien-Afrika-Gipfels mehr als 20 afrikanische Staats- und Regierungschefs in Rom empfangen. Dabei stellte sie Afrika eine neue Kooperation „auf Augenhöhe“ in Aussicht. Italien will sich als wichtige Brücke zwischen Europa und Afrika positionieren. Zum anderen zielt Meloni darauf ab, die Migration über das Mittelmeer zurückzudrängen.

Meloni sagte am Montag zum Auftakt des Gipfels in Rom, die Schicksale Europas und Afrikas seien eng miteinander verknüpft. Mit Blick auf die Kolonialgeschichte fügte sie hinzu, erforderlich sei heute eine „Kooperation auf Augenhöhe“. Sie kündigte zudem einen Investitionsplan für die Bereiche Energie, Landwirtschaft, Wasser, Gesundheit und Bildung in Afrika in Höhe von „mehr als 5,5 Milliarden Euro“ an. Internationale Finanzinstitutionen, die EU und andere Länder sollen in die Finanzierung einbezogen werden.

Auch die Eindämmung der irregulären Migration ist ein Ziel der Zusammenarbeit. Bei der Konferenz stellte Meloni den „Mattei-Plan“ vor, der unter anderem Rückführungsabkommen mit den Herkunftsländern von Migrantinnen und Migranten vorsieht, deren Asylgesuche in Italien abgelehnt wurden.

Giorgia Meloni, Antonio Tajani, Ursula von der Leyen, Charles Michel, Roberta Metsola, Azali Assoumani,  Moussa Faki Mahamat und Amina J. Mohammed beim Italien-Afrika-Gipfel
Reuters/Remo Casili
Die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni stellte bei dem zweitägigen Gipfel eine neue Kooperation in Aussicht

Laut Meloni soll der Plan mit einer Reihe von Pilotprojekten beginnen – von der Modernisierung der Getreideproduktion in Ägypten über die Wasseraufbereitung in Äthiopien bis hin zur Ausbildung in erneuerbaren Energien in Marokko. Rom solle als Tor zu europäischen Märkten für Erdgas aus Afrika dienen, das nach dem Einmarsch Russlands in der Ukraine, der die Diversifizierung der Lieferungen zu einer Priorität für die EU machte, lebenswichtig geworden ist.

„Müssen Worten Taten folgen lassen“

Moussa Faki Mahamat, der Vorsitzende der Kommission der Afrikanischen Union, sagte, er hätte sich gewünscht, dass Afrika zuerst konsultiert worden wäre. „Ich möchte hier betonen, dass wir den Worten Taten folgen lassen müssen. Sie werden verstehen, dass wir uns nicht länger mit bloßen Versprechungen zufriedengeben können, die oft nicht eingehalten werden“, sagte er an der Seite von Meloni auf dem Gipfel.

Gleichzeitig hatte er zu Beginn der Konferenz die Bereitschaft der Länder der Afrikanischen Union (AU) betont, „über den Inhalt und die Modalitäten“ zur Umsetzung des Plans zu sprechen. Oberste Priorität bei den vorgeschlagenen Investitionen haben demnach die Bereiche „Landwirtschaft, Infrastruktur, Umwelt, Energie, Gesundheit, Bildung und Digitalisierung“.

Giorgia Meloni und Moussa Faki Mahamat
Reuters/Remo Casilli
Der Vorsitzende der AU-Kommission, Moussa Faki Mahamat, pochte auf die Umsetzung der Ankündigungen

Von der Leyen lobt Zusammenarbeit

Zu dem Treffen kamen nach offiziellen Angaben Staats- und Regierungschefs aus mehr als 20 afrikanischen Ländern nach Rom. Andere afrikanische Staaten wurden durch die Außenministerien vertreten. Für die EU nahmen Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sowie Ratspräsident Charles Michel teil. Von der Leyen sprach sich abermals für gemeinsame Anstrengungen im Kampf gegen Schmugglerbanden aus, die Menschen unter großer Gefahr über das Mittelmeer nach Europa bringen.

„Der beste Weg ist es, mit vereinten Kräften gegen die Kriminellen vorzugehen“, sagte die deutsche Kommissionspräsidentin. „Und parallel dazu legale Alternativen zu den tödlichen Schmuggelrouten zu schaffen.“ Der „Mattei-Plan“ stelle einen wichtigen Beitrag zu einer neuen Phase der Kooperation zwischen der EU und Afrika dar. Zudem sei er „komplementär“ zum 150 Milliarden Euro schweren Afrikapaket der EU von 2022. Das sei „schlicht und einfach Team Europa bei der Arbeit“, so von der Leyen weiter.

Italien will G-7-Vorsitz für Migrationsthema nutzen

Meloni versicherte zudem, beim G-7-Gipfel der Staats- und Regierungschefs Mitte Juni werde Afrika einen „Ehrenplatz“ bekommen. Italien hat seit Beginn des Jahres den G-7-Vorsitz inne. Meloni wolle das wohl nutzen, um sich außenpolitisch zu profilieren und das Migrationsthema auf die Agenda zu setzen, schreibt die deutsche „Tagesschau“.

 Giorgia Meloni und Ursula von der Leyen
Reuters/Remo Casilli
EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen erklärte, „Team Europa“ sei bei der Arbeit

Meloni, Vorsitzende der postfaschistischen Partei Fratelli d’Italia (Brüder Italiens) hatte im Wahlkampf versprochen, die Zahl der Neuankömmlinge zu senken. Die Anzahl der Ankünfte in Italien war jedoch zuletzt so hoch wie vor der Coronavirus-Pandemie und teils sogar höher als auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise 2015/16.

Ihr verspäteter Versuch, afrikanische Staatsoberhäupter zu umwerben, sei nicht so bizarr, wie er auf den ersten Blick scheine, schreibt das Magazin „Politico“. Er sei als Teil ihres größeren Kampfes gegen irreguläre Einwanderung zu verstehen. „Sie muss ihren Wählern, für die die Einwanderung ein großes Problem darstellt, jetzt Lösungen anbieten“, sagte Leo Goretti, Experte für Italiens Außenpolitik am Institut für Internationale Angelegenheiten (IAI) in Rom. Zudem muss sich Meloni für die Europawahl im Juli positionieren.

Plan birgt „hohes Risiko“

Melonis erklärtes Ziel sei es, die Ursachen der Auswanderung aus Afrika – wie Arbeitslosigkeit und Armut – durch Investitionen zu bekämpfen, so „Politico“ weiter. Sie hoffe aber auch, die afrikanischen Staats- und Regierungschefs davon zu überzeugen, Migrantinnen und Migranten an der Ausreise zu hindern und abgelehnte Asylbewerber zurückzunehmen.

Angesichts der ehrgeizigen Ziele des Projekts gehe sie damit ein hohes Risiko ein. Ein Erfolg könnte sie zwar als erfolgreiche konservative Staatsfrau auf internationaler Ebene etablieren, die Situation in Afrika sei jedoch komplex, und die Auswirkungen einer solchen Strategie dürften wohl erst nach Jahren spürbar sein. Kritiker des Projekts wiesen zudem darauf hin, dass das hoch verschuldete Italien nicht mit Ländern wie China, Russland und den Golfstaaten konkurrieren könne, die allesamt ihre Präsenz in Afrika ausbauen wollen.