SIGNA Wien Zentrale
ORF/Christian Öser
Signa Holding

Gläubiger fordern 8,6 Milliarden Euro

Die Gläubiger der insolventen Signa Holding des Tiroler Investors Rene Benko haben Forderungen von insgesamt gut 8,6 Milliarden Euro angemeldet. Das teilte der Insolvenzverwalter der Dachgesellschaft des in Schieflage geratenen Immobilienimperiums am Montag mit. Die Forderungen der Gläubiger haben sich damit seit November um mehr als 70 Prozent erhöht. Unterdessen wurde bekannt, dass auch die Luxuskaufhausgruppe KaDeWe, zu der das in Wien im Bau befindliche Lamarr gehört, Insolvenz angemeldet hat.

Im Insolvenzantrag der Signa Holding, der im November beim Handelsgericht Wien eingebracht wurde, wurden die Gesamtverbindlichkeiten der Signa Holding noch mit fünf Milliarden Euro beziffert, jetzt wurden gut 8,6 Milliarden angemeldet. Laut dem gerichtlich bestellten Insolvenzverwalter Christof Stapf wurden allerdings bisher nur Forderungen von rund 80,3 Millionen Euro – also ein Bruchteil davon – anerkannt, der Rest, also weit über 8,5 Milliarden, ist nicht anerkannt.

Viele Forderungsanmeldungen seien ohne die erforderlichen Unterlagen oder zu spät beim Gericht eingegangen. Insgesamt hätten 302 Gläubiger Forderungen angemeldet. Der Insolvenzverwalter geht davon aus, dass die Forderungen in dem Ausmaß voraussichtlich nicht standhalten werden.

Wie sich die Forderungen laut Stapf aufteilen

Alleine rund 5,1 Milliarden Euro würden auf Haftungsansprüche (großteils aus Garantien und Patronatserklärungen) und 1,6 Milliarden Euro auf gruppeninterne Zahlungen, etwa Darlehen, entfallen, so der Insolvenzverwalter. Forderungen innerhalb der Gruppe seien vollständig bestritten worden, hieß es.

Die Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen seien mit rund 1,5 Millionen Euro vergleichsweise überschaubar, ebenso die Abgabenforderungen der öffentlichen Hand von rund 940.000 Euro und Mietforderungen von rund 260.000 Euro.

„Es wird an den Gläubigern liegen, die für eine ordnungsgemäße Bearbeitung der Forderungsanmeldungen erforderlichen Unterlagen über das Insolvenzgericht zur Verfügung zu stellen“, sagte Stapf. Bestrittene Forderungen könnten durch eine Klage beim Insolvenzgericht geltend gemacht werden. Dafür sei den Gläubigern eine Frist von zwei Monaten eingeräumt worden. Der Insolvenzverwalter werde in dieser Zeit die Forderungen weiter prüfen.

Keine Insolvenz in Eigenverwaltung

In der vergangene Woche wurde bekannt, dass die Signa Holding im Sanierungsverfahren die Eigenverwaltung zurücklegt und damit der Sanierungsverwalter das Ruder übernimmt. Eine Herabsetzung der Insolvenzquote wurde bisher nicht beantragt. Den Gläubigern wird eine Quote von mindestens 30 Prozent binnen zwei Jahren angeboten. Die Abstimmung über den Sanierungsplan ist für Ende April geplant.

Darüber hinaus teilte der Insolvenzverwalter mit, dass die Gespräche über den Verkauf der Signa-Beteiligung am New Yorker Chrysler Building und an Medien weiter im Gange sind. Zudem seien zwei Schiedsklagen vonseiten Mubadala aus den Vereinigten Arabischen Emiraten und AM1 aus Katar weiter anhängig, hieß es. Dabei geht es nach Angaben des Insolvenzverwalters um Zahlungen von 713 Millionen Euro beziehungsweise 296 Millionen Euro. Die Signa Holding hatte aufgrund der Insolvenz die Unterbrechung beider Verfahren beantragt.

KaDeWe-Gruppe hat Insolvenz angemeldet

Unterdessen kam es im Signa-Komplex zur nächsten Insolvenz. Die KaDeWe-Gruppe, zu der das im Bau befindliche Lamarr in der Wiener Mariahilfer Straße, die Luxuskaufhäuser KaDeWe (Berlin), Oberpollinger (München) und Alsterhaus (Hamburg) gehören, meldete Insolvenz an. Der Betrieb der Häuser gehe aber weiter, teilte das Unternehmen am Montag der dpa mit.

Beantragt worden sei ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung. Das Handelsunternehmen betonte, dass vor allem die Mieten an den drei Standorten das Geschäft belasten. Sie machten „ein nachhaltiges, ertragreiches Wirtschaften nahezu unmöglich“, hieß es.

Grafik zur Signa-Gruppe
Grafik: APA/ORF; Quelle: Unternehmen

Laut einem Bericht des ‚Handelsblatts‘ von Dezember beläuft sich die Jahresmiete im Oberpollinger in München auf 20 Prozent des Umsatzes, im Alsterhaus in Hamburg auf 17 Prozent und im KaDeWe in Berlin auf 13 Prozent", heißt es in dem Bericht. Üblich auf dem Markt seien Mieten von bis zu zwölf Prozent. Zuletzt habe die Gruppe einen Umsatz von 800 Millionen Euro erzielt.

50,1 Prozent in thailändischer Hand

Eine Insolvenz in Eigenverwaltung anstatt mit Hilfe eines Insolvenzverwalters beantragen in der Regel Unternehmen, die gute Aussichten haben, den Geschäftsbetrieb fortzuführen. Es ist eine Variante des Insolvenzrechts, die statt auf eine Abwicklung auf die Sanierung eines Unternehmens zielt.

50,1 Prozent der KaDeWe Group gehören der Central Group der thailändischen Familie Chirathivat und zu 49,9 Prozent der Signa Retail, zu der auch Galeria Karstadt Kaufhof gehört. Die Signa Retail hatte Ende November angekündigt, ihr Geschäft geordnet abzuwickeln. Galeria Karstadt Kaufhof beantragte vor drei Wochen ein Insolvenzverfahren.

Spar-Vorstand an Lamarr interessiert

Auch die Zukunft des Lamarr-Kaufhauses in Wien steht auf der Kippe. Die Signa und die Projektgesellschaft für das Lamarr-Kaufhaus meldeten sich zum Baufortschritt zuletzt nicht zu Wort. Ein offizieller Baustopp wurde bisher nicht verkündet, für Anfang 2025 war die Eröffnung anvisiert.

Seit November war keine größere Aktivität auf der Lamarr-Baustelle erkennbar. Bereits vor mehreren Wochen forderte der Bezirksvorsteher von Wien-Neubau die Stadt Wien zum Handeln auf, damit das Lamarr nicht zu einer Bauruine verkomme. Von der Stadt Wien hieß es kurz darauf, man rechne mit einer Fertigstellung des Gebäudes.

Einen Interessenten für das Lamarr gibt es bereits. Spar-Vorstandschef Hans Reisch zeigte sich in einem Interview mit den „Salzburger Nachrichten“ vom Wochenende interessiert. „Um das Hedy Lamarr – also damals den Leiner in der Mariahilfer Straße – haben wir uns schon vor dem Verkauf an Rene Benko sehr bemüht, sind aber nicht zum Zug gekommen“, sagte Reisch. „Das wäre nach wie vor ein Asset, an dem wir interessiert wären. Konkret ist aber nichts.“