Nehammer erwartet Orbans Zustimmung zu Ukraine-Hilfen

Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) geht in Hinblick auf den EU-Sondergipfel am Donnerstag in Brüssel von einer Einigung mit Ungarn auf das 50 Milliarden Euro schwere Ukraine-Hilfspaket der EU aus. Ziel und Priorität sei die Zustimmung aller 27 Mitgliedsstaaten, sagte Nehammer heute im Hauptausschuss des Parlaments in Wien.

Der ungarische Premier Viktor Orban werde für seine Zustimmung „von uns gar nichts bekommen, außer es gibt Fortschritte in dem Prozess, wie von der EU-Kommission definiert worden ist“, sagte der Kanzler.

So habe Ungarn zuletzt ein Gesetz im Rechtsstaatsverfahren zurückgenommen, und ungarische Gerichte müssten nunmehr Vorabentscheidungen des Europäischen Gerichtshofes akzeptieren, dafür seien finanzielle Mittel für Ungarn freigegeben worden.

„Technische Alternativen als Plan B“

Bezüglich der Abstimmung über die Ukraine-Hilfen deutete Nehammer an, dass ohne Ungarn die 26 anderen Staaten die Hilfen im Alleingang beschließen könnten: „Es gäbe technische Alternativen als Plan B, die stehen aber nicht im Vordergrund“, sagte der Kanzler.

Laut Nehammer wird der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bei der Diskussion über weitere Hilfen auf dem EU-Gipfel zugeschaltet. Zudem seien Gipfelschlussfolgerungen geplant. Österreich bekenne sich zur Solidarität mit der Ukraine, beteilige sich aber nicht an der Lieferung letaler Waffen, bekräftigte Nehammer.

Budapest signalisiert Zustimmung

Ungarn signalisierte unterdessen Kompromissbereitschaft. Die Regierung in Budapest sei nun offen dafür, das vorgeschlagene Paket im Volumen von 50 Milliarden Euro unter bestimmten Bedingungen über den EU-Haushalt zu finanzieren, sagte Balazs Orban, der politische Chefberater von Ministerpräsident Orban.

Aufregung herrschte über den angeblichen Plan der EU, Ungarn im Falle einer weiteren Blockade EU-Mittel zu sperren. Die „Financial Times“ hatte ein Papier veröffentlicht, in dem Brüssel Budapest drohen soll, alle EU-Gelder aus Ungarn abzuziehen und dem Land damit an den Finanzmärkten und bei internationalen Investoren zu schaden.

Das Dokument sei ein Hintergrundpapier, das vom Sekretariat des Rates in eigener Verantwortung verfasst wurde, versuchte ein hochrangiger EU-Beamter zu kalmieren. Es handle sich weder um einen spezifischen Plan für den mehrjährigen EU-Haushalt und die Ukraine-Fazilität noch für Ungarn.

Belgien will Artikel-7-Verfahren weiterbringen

Belgien, das derzeit den EU-Ratsvorsitz führt, will unterdessen das Artikel-7-Verfahren gegen Ungarn wegen Verstößen gegen die Rechtsstaatlichkeit in die zweite Phase bringen. Am Ende des Verfahrens könnte Ungarn sein Stimmrecht im Rat entzogen werden. Allerdings bräuchte es dazu einen einstimmigen Beschluss der anderen 26 EU-Mitgliedsstaaten.