Bernhard Bonelli am Wiener Straflandesgericht
ORF/Roland Winkler
Kurz-Prozess

Russische Geschäftsleute werden befragt

Im Wiener Straflandesgericht gehen die Zeugenbefragungen am Mittwoch im Prozess gegen Ex-Kanzler Sebastian Kurz wegen Falschaussage vor dem U-Ausschuss in den Finaltag. Rede und Antwort müssen wiederum drei Zeugen stehen – mit Spannung werden die Befragungen zweier russischer Geschäftsleute erwartet. Sie werden per Video aus der österreichischen Botschaft in Moskau zugeschaltet. Noch vor den beiden wird der letzte in der Reihe der befragten ÖBAG-Aufsichtsräte, Günther Helm, im Zeugenstand Platz nehmen.

Helm, mittlerweile beruflich in Saudi-Arabien tätig, ist einstiger Chef des Diskonters Hofer und der Handelskette Müller und kam im Februar 2019 in den Aufsichtsrat der ÖBAG – bereits unmittelbar davor gehörte er auch dem Nominierungskomitee an. Dieses Gremium wurde mit der Umwandlung der Staatsholding von der alten ÖIAG in die ÖBIB geschaffen.

Das vierköpfige Komitee (zwei Personen aus Politik, zwei aus Wirtschaft) war damit beauftragt, die Aufsichtsräte für die Beteiligungsunternehmen der Staatsholding auszuwählen. Helm wird von Richter, Staatsanwälten und Verteidigung wohl konkret zum Handeln in dieser Funktion bzw. dem Hergang von Bestellungen befragt werden.

Falschaussage unter Wahrheitspflicht?

Kurz wird – wie auch seinem einstigen Kabinettschef Bernhard Bonelli – von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) vorgeworfen, seine Rolle bei den Postenbesetzungen etwa für den Aufsichtsrat und Vorstand der ÖBAG nicht der Wahrheit entsprechend dargestellt zu haben.

Sebastian Kurz
ORF/Patrick Bauer
Im Februar könnte es für den Ex-Kanzler Kurz ein Urteil geben – am 23. Februar wird voraussichtlich letztmalig verhandelt

Im Wesentlichen geht es um die Frage, inwieweit Kurz in die Bestellung von Thomas Schmid zum Chef der Staatsholding ÖBAG eingebunden war. Die Frage, ob er im Vorfeld eingebunden gewesen sei, bejahte Kurz im „Ibiza“-U-Ausschuss mit dem Zusatz „eingebunden im Sinne von informiert“ – eine Falschaussage, so die WKStA.

Die Angaben des Ex-Kanzlers widersprechen vor allem jenen von Schmid, der bereits als Zeuge geladen war. Dieser hatte im Wesentlichen angegeben, dass es „unmöglich“ gewesen sei, dass jemand an Kurz vorbei in die ÖBAG kommt. Kurz und Bonelli bestreiten die Vorwürfe, für beide gilt die Unschuldsvermutung.

„Bewerbungsgespräch“ mit Schmid

Nach Helm werden auf Antrag der Verteidigung via Zoom-Call die beiden russischen Geschäftsmänner befragt. Sie sollen vergangenen Sommer mit Schmid in Amsterdam den Angaben zufolge ein „Bewerbungsgespräch“ für einen Job bei einem Ölindustrieprojekt in Georgien geführt haben, in dem der Darstellung zufolge auch Schmids Aussagen gegenüber der WKStA Thema gewesen seien. Wieso man auch darauf zu sprechen gekommen sein soll, werden wohl Richter und WKStA erfragen.

Thomas Schmid im Landesgericht für Strafsachen
ORF/Lukas Krummholz
Die Verteidigung will an Schmids Glaubwürdigkeit rütteln – mittels zweier russischer Geschäftsleute

Schmid soll den Geschäftsleuten gegenüber angegeben haben, dass er von der Staatsanwaltschaft im Zuge der Einvernahme unter Druck gesetzt worden sei. Auch habe er ihnen, den Geschäftsleuten, gesagt, dass er „nicht alles“, was er ausgesagt habe, als „wahr in Erinnerung“ habe. Schmids Anwalt Roland Kier sagte im Vorfeld, dass sein Mandant nicht bestätigen könne, sich mit den in Erscheinung getretenen Personen getroffen zu haben – und auch die Aussagen dementierte er.

Gegen Schmid wird in der Causa rund um angeblich manipulierte Umfragen durch sein Ministerium zugunsten der ÖVP ermittelt. In diesem Fall strebt Schmid den Kronzeugenstatus an, sollte es zu einer Anklage kommen. Die Aussagen der Geschäftsmänner – die Anklage hatte diese per „Affidavit“ vorgelegt (das Dokument soll in der Botschaft in Tiflis beglaubigt worden sein) – sollen die Glaubwürdigkeit Schmids unterminieren.

Richter entscheidet zu Schmid-Chats

Auch steht eine Entscheidung von Richter Michael Radasztics zu Schmids Chats an – so hatte Kurz-Anwalt Otto Dietrich beantragt, dass entweder alle oder zumindest jene, die von der Hausdurchsuchung nicht umfasst waren, aus dem Akt genommen werden sollten, außer alle Beteiligten werden dazu befragt. Dietrich berief sich dabei auf das jüngste Urteil des Verfassungsgerichtshofs (VfGH). Bei der WKStA zeigte man sich verwundert, da sich der Beschuldigte ja eigentlich gewünscht hatte, mehr Nachrichten, also auch entlastende, zu würdigen.