Sitzung im spanischen Abgeordentenhaus
APA/AFP/Javier Soriano
Spanien

Rückschlag für umstrittenes Amnestiegesetz

Das spanische Parlament hat am Dienstag das umstrittene Amnestiegesetz abgelehnt. Zwar wurde es von den Sozialisten von Premier Pedro Sanchez, dem Linksbündnis Sumar und baskischen und katalanischen Parteien unterstützt – doch reichte das für eine Mehrheit nicht. Gegen das Projekt stimmten – wie erwartet – nicht nur die Abgeordneten der Opposition, die eine Amnestie kategorisch ablehnen, sondern auch die Vertreter der katalanischen Partei Junts.

Damit stimmte ausgerechnet die Partei von Kataloniens Ex-Regionalpräsident Carles Puigdemont gegen den Gesetzesentwurf, der insbesondere katalanischen Unabhängigkeitsaktivisten zugutekommen sollte. Der Junts-Partei ging der Text nicht weit genug, da er ihrer Ansicht nach keine Straffreiheit für Puigdemont garantierte.

Das Gesetz geht nun in den Justizausschuss des Parlaments zurück und kann dort noch einmal geändert werden. Die Ablehnung des Entwurfs zeigt jedoch die extreme Schwäche der Regierung Sanchez, der für seine Mehrheit auf Puigdemonts Junts-Partei angewiesen ist – die verlorene Abstimmung wird als schwere Niederlage für Sanchez gewertet.

Pedro Sanchez, Maria Jesus Montero und Felix Bolanos
Reuters/Ana Beltran
Für Sanchez (l.) ist die verlorene Abstimmung eine schwere Niederlage

Justizminister Felix Bolanos bezeichnete es als „unverständlich“, dass die Junts-Partei gegen ein Gesetz stimmte, das sie selbst mit ausgehandelt habe. Er rief die Partei auf, „ihre Haltung zu überdenken“, statt ausgerechnet mit den Rechtskonservativen zu stimmen, „die sie inhaftieren und verbieten wollen“.

Neue Abstimmung in einigen Wochen

Sanchez hatte im November mit Hilfe von Puigdemonts katalanischen Unabhängigkeitsbefürwortern eine Regierung gebildet. Die Amnestie und andere Zugeständnisse hatte Sanchez den „Catalanistas“ zugesagt, um sich die Stimmen der separatistischen Parteien Junts und ERC für seine Wiederwahl von Mitte November im Madrider Parlament zu sichern.

Jetzt wird erwartet, dass sich der Justizausschuss wieder mehrere Wochen mit dem Projekt befasst. Anschließend muss das Unterhaus über eine neue Fassung abstimmen. Wenn das „Gesetz für die institutionelle, politische und soziale Normalisierung in Katalonien“ dann diese Hürde nimmt, muss sich der Senat damit beschäftigen. Dort hat die konservative Volkspartei PP von Oppositionsführer Alberto Nunez Feijoo eine Mehrheit.

Gesetz käme verfolgten Separatisten zugute

Hintergrund des umstrittenen Amnestiegesetzes sind die gescheiterten Versuche zur Abspaltung Kataloniens von Spanien im Jahr 2017. Die Amnestie soll insbesondere Hunderten Separatisten zugutekommen, die nach der gescheiterten Abspaltung von der spanischen Justiz verfolgt wurden. Puigdemont könnte dann nach Jahren im Exil nach Spanien zurückkehren.

Das geplante Amnestiegesetz ist in Spanien höchst umstritten und löste heftige Proteste aus. Die PP und die rechtsextreme Vox-Partei werfen dem Sozialdemokraten Rechtsbruch und Machterhalt um jeden Preis vor. Erst am Sonntag hatten Zehntausende in Madrid erneut gegen die geplante Amnestie protestiert. Mit diesem Widerstand werde man die gefährdete Demokratie in Spanien retten, sagte Feijoo. Das Vorhaben sei eine „Schande“ für das Land.

Alberto Nunez Feijoo
Reuters/Ana Beltran
Oppositionsführer Feijoo im Parlament – er sieht das Amnestiegesetz als „Schande“ für das Land

Sanchez will Konflikt durch Zugeständnisse entschärfen

Die liberale Junts von Separatistenführer Puigdemont, der seit dem gescheiterten Trennungsversuch im Herbst 2017 in Belgien lebt, und auch die linke ERC des Regionalpräsidenten Pere Aragones streben beide die Abspaltung Kataloniens von Spanien an. Sanchez möchte das aber verhindern und den Konflikt durch einen Dialog und durch Zugeständnisse entschärfen.

Zwei Richter ermitteln derzeit in Spanien gegen Puigdemont und weitere Separatisten wegen des Vorwurfs des Terrorismus. Die Betroffenen laufen Gefahr, bei der Amnestie außen vor zu bleiben, wenn die aktuelle Fassung des Entwurfs nicht geändert wird. Das würde zwangsläufig die Stabilität der linken Regierung gefährden.