Politologe: „Demokratie global in Defensive“

Der deutsche Politologe Herfried Münkler sieht die Demokratie aktuell global in der Defensive. „Wir befinden uns global in einer Konkurrenz zwischen den im Augenblick im Aufwind befindlichen autokratischen Regimen und den Demokratien in der Defensive“, sagte Münkler gestern in der ZIB2.

Der demokratische Rechtsstaat sei begründet auf dem „Prinzip der Entschleunigung“. Beraten werde vor das Entscheiden gestellt, was richtig sei „nach der Vorgabe der Fehlervermeidung und des Herausfilterns von Emotionen und der Rationalität der Entscheidungen“. In bestimmter Hinsicht seien diese Prozesse aber zu lang geworden.

Viele Entscheidungen landeten vor Gerichten, sodass sich bei vielen die Vorstellung durchgesetzt habe, „Demokratien können nicht entscheiden, kommen auch nicht voran. Es muss aber schnell entschieden werden. Daher brauchen wir ‚starke Männer‘, vielleicht auch Frauen, in der Regel sind es Männer, die die Sache durchziehen“, so Münkler, der am Abend im Wien Museum einen Vortrag unter dem Titel „Demokratie in Gefahr“ hielt.

Gereiztheit durch Verteilungskonflikte

Der zweite Faktor ist laut Münkler, dass der lange Zyklus des Wohlstandes, von dem die europäischen Demokratien relativ lange gelebt hätten, zu Ende gegangen sei. Der neue Zyklus werde eher auf eine „Spreizung“ der Einkommen hinauslaufen als auf eine Stärkung der Einkommen in der Mitte.

„Das führt zu einer erheblichen Gereiztheit im Umgang miteinander und natürlich zu verstärkten Verteilungskonflikten“, so Münkler. „Das alles belastet die Zufriedenheit mit der Demokratie, die im Allgemeinen in Untersuchungen zurückgegangen ist.“ Den Rechtspopulismus sieht er als „Warnzeichen“ für die Demokratie. Eine „Kur“ oder ein „Jungbrunnen“ sei er aber nicht.