Kurz-Prozess: Ex-ÖBAG-Aufsichtsrat pocht auf Unabhängigkeit

Im Wiener Straflandesgericht gehen heute die Zeugenbefragungen im Prozess gegen Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) wegen Falschaussage vor dem „Ibiza“-U-Ausschuss ins Finale. Vor den zwei mit Spannung erwarteten russischen Geschäftsleuten sagte am Vormittag Günther Helm, ehemaliger Aufsichtsrat in der Staatsholding ÖBAG, aus.

Günther Helm am Wiener Straflandesgericht
ORF/Lukas Krummholz

Helm, mittlerweile beruflich in Saudi-Arabien tätig, ist einstiger Chef des Diskonters Hofer und der Handelskette Müller und kam im Februar 2019 als stellvertretender Vorsitzender in den Aufsichtsrat der ÖBAG – bereits unmittelbar davor gehörte er dem Nominierungskomitee an. Dieses war damit beauftragt, die Aufsichtsräte für die Beteiligungsunternehmen der ÖBAG auszuwählen.

Kein „Best Buddy“ von Kurz

Kurz habe er über seinen Studienkollegen Gernot Blümel kennengelernt, sagte Helm auf Fragen von Richter Michael Radasztics – Blümel habe ihn auch gefragt bzw. „vorgefühlt“, ob er in das Nominierungskomitee einziehen möchte. Blümel sei ein guter Freund von ihm, so Helm.

Er sei kein „Best Buddy“ von Kurz, beschrieb Helm seine Beziehung zum Ex-Kanzler. Er schätze aber sehr, was Kurz für Österreich geleistet habe, man teile eine Wertegemeinschaft. Mitglied einer Partei ist Helm laut eigenen Angaben nicht.

Den früheren ÖBAG-Vorstand Thomas Schmid habe er in dessen Funktion als Generalsekretär im Finanzministerium kennengelernt. Im Verlauf der Befragung erzählte Helm auch, dass Nationaratspräsident Wolfgang Sobotka sein Musikschullehrer war.

Helm: Unabhängigkeit wichtig

Nach Vorlage verschiedener Chats, die nahelegen, dass die Namen für den Post-Aufsichtsrat bereits abseits des Nominierungskomitees abgestimmt waren, sagte Helm, er könne die Chats nicht kommentieren, ihm sei aber immer wichtig gewesen, dass er unabhängig sei.

Es habe keine Abstimmung gegeben. Es sei auch kein Wunsch zu bestimmten Postenbesetzungen an ihn herangetragen worden. Namen für Aufsichtsräte seien ans Nominierungskomitee per Mail aus dem Finanzministerium gekommen. Er habe selbst keine Namen gesucht und könne sich auch nicht an Hearings erinnern.

Der Aufsichtsrat für die ÖBAG wurde im Februar 2019 bestellt, Mitte Dezember 2018 wurde das Gesetz beschlossen – anlässlich dessen erschien ein Artikel, in dem Schmid als ÖBAG-Vorstand und Helm als Mitglied des Aufsichtsrats genannt wurde. Diesen Artikel schickte Helm an Schmid mit einem Glückwunsch, Schmid antworte „Mit dir im Aufsichtsrat“.

Keine Zurufe zu Schmid

Helm erklärte, dass heimische Medien Tiefe der Geschwindigkeit opfern würden – der Richter wies darauf hin, dass die Information ja gestimmt habe, Helm zog in den Aufsichtsrat ein. Dass Schmid ÖBAG-Chef werden wollte, sei ihm zunächst nicht so bewusst gewesen, Schmid sei aber sehr ehrgeizig gewesen.

Günther Helm am Wiener Straflandesgericht
ORF/Lukas Krummholz

Schmid sei im Auswahlprozess für den Vorstand der Beste gewesen, so Helm, Zurufe von außen seien ihm nicht bewusst gewesen. Schmid habe die Aufgabe an der ÖBAG-Spitze auch gut erledigt, so Helm. Mitte Jänner 2019 wurde Helm vom damaligen Finanzminister Hartwig Löger „offiziell“ gefragt, ob er Mitglied im ÖBAG-Aufsichtsrat sein möchte.

Nachricht an Wolf: „Du Vorsitz“

Auch an den Investor Siegfried Wolf, von Kurz als Vorsitzender für die ÖBAG gewünscht, schickte Helm einen Zeitungsartikel. Dabei geht es um den Vorsitz, Helm sagte, er habe gewusst, dass Wolf gerne den Vorsitz hätte. In einer weiteren Nachricht schrieb Helm, dass alles geklappt habe, „Du Vorsitz, ich mache normales Mitglied“.

Daran könne er sich nicht erinnern, so Helm. Vor den Chatvorlagen gab Helm an, Wolf persönlich zu kennen, es habe aber kein gemeinsames Abendessen oder gemeinsame Geburtstagsfeiern gegeben. Er wisse nicht, warum Wolf dann nicht Vorsitzender des ÖBAG-Aufsichtsrats wurde.

Vorwurf der Falschaussage

Kurz wird, wie seinem einstigen Kabinettschef Bernhard Bonelli, von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) vorgeworfen, seine Rolle bei den Postenbesetzungen etwa für den Aufsichtsrat und Vorstand der ÖBAG, also Thomas Schmid, im U-Ausschuss nicht der Wahrheit entsprechend dargestellt zu haben.

Kurz sagt von sich, informiert, aber nicht involviert gewesen zu sein. Schmid widerspricht dem. Kurz und Bonelli bestreiten die Vorwürfe, für beide gilt die Unschuldsvermutung.

Chats werden nicht aus Akt gelöscht

Die gestern von der Verteidigung gestellten Anträge auf Löschung oder Nichtverwertung von Chats und Daten, die bei der Hausdurchsuchung bei Schmid sichergestellt wurden, wurden vom Richter abgewiesen. Die Verteidigung hatte sich auf das jüngste Urteil des Verfassungsgerichtshofs berufen, der Richter führte aus, dass dieses nicht rückwirkend angewendet werden könne.