Ungarns Regierungschef Viktor Orban am EU-Gipfel
Reuters/Johanna Geron
Orban lenkt ein

EU-Gipfel einig bei Ukraine-Hilfe

Der ungarische Regierungschef Viktor Orban hat seine Blockade der EU-Pläne für neue Ukraine-Hilfen nach Angaben von EU-Ratspräsident Charles Michel aufgegeben. Alle 27 Staats- und -Regierungschefs hätten dem geplanten Unterstützungspaket im Umfang von 50 Milliarden Euro zugestimmt. Zuvor hatten die anderen Staats- und Regierungschefs den Druck auf Orban nochmals erhöht.

Die Einigung kam rascher als allgemein erwartet. Michel gab sie kurz nach Beginn des Sondergipfeltreffens am späten Donnerstagvormittag bekannt. Viele hatten im Vorfeld ein langes Tauziehen befürchtet. Der letztlich rasche Beschluss ist ein Signal der andauernden Einigkeit in der Unterstützung Kiews – und damit auch ein Warnsignal an Moskau. Zuvor hatten praktisch alle Amtskolleginnen und -kollegen klargemacht, dass Orban allein auf weiter Flur steht, und den Druck auf diesen erhöht.

Orban hatte zuvor seinen Widerstand in einer kleinen Runde mit dem deutschen Kanzler Olaf Scholz, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, Michel und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen aufgegeben. So wie andere Kollegen begrüßte auch Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) die Einigung.

Ursula von der Leyen, Charles Michel, Emmanuel Macron, Giorgia Meloni, Viktor Orban und Olaf Scholz während Verhandlungen
APA/AFP/Ludovic Marin
In kleiner, hochkarätiger Runde wurde Orban „bearbeitet“ und überredet

Orban: Blockadeaufhebung für „Garantien“

Orban hob seine Blockade des Hilfspakets nach eigenen Angaben nur im Gegenzug für „Garantien“ auf. Ungarn sei besorgt gewesen, dass ihm zugesprochene, aber derzeit eingefrorene EU-Gelder letztlich in die Ukraine fließen würden, sagte Ungarns Regierungschef in einem Onlinevideo. Es sei jedoch ein „Kontrollmechanismus“ ausgehandelt worden, hieß es weiter. „Wir haben die Garantie erhalten, dass Ungarns Geld nicht in der Ukraine landet.“

Die anderen 26 Länder gestanden dem ungarischen Regierungschef nach EU-Angaben die Möglichkeit zu, nach zwei Jahren erneut auf Chefebene über die Ukraine-Hilfen zu diskutieren – jedoch mit deutlichen Hürden. Orban konnte sich nicht mit seiner Forderung nach einer jährlichen Vetomöglichkeit gegen die Auszahlung der Gelder durchsetzen.

„Führungsrolle und Einigkeit bewiesen“

Europa habe heute seine Führungsrolle und seine Einigkeit bewiesen, so von der Leyen und Michel in ihrer gemeinsamen Pressekonferenz nach dem Sondergipfel. „Wir wissen, dass die Ukraine für uns kämpft. Der Europäische Rat hat heute seine Unterstützung für die Ukraine bekräftigt“, so von der Leyen.

Die Einigung sei eine „gute Botschaft für die Europäische Union, eine gute Botschaft für die Ukraine“, zog dann der deutsche Kanzler Olaf Scholz Fazit nach dem Gipfel. Über die Gespräche, die im Vorfeld des Gipfels mit Orban geführt wurden, wollte er sich nicht im Detail äußern. Es habe aber eine „klare Botschaft“ gegeben, dass es eine Lösung aller 27 Länder brauche.

EU-Gipfel einig bei Ukraine-Hilfe

Der ungarische Regierungschef Viktor Orban hat seine Blockade der EU-Pläne für neue Ukraine-Hilfen nach Angaben von EU-Ratspräsident Charles Michel aufgegeben. Alle 27 Staats- und -Regierungschefs hätten dem geplanten Unterstützungspaket im Umfang von 50 Milliarden Euro zugestimmt. Zuvor hatten die anderen Staats- und Regierungschefs den Druck auf Orban nochmals erhöht.

Kiew dankt EU

Der ukrainische Ministerpräsident Denys Schmyhal dankte der EU für die Gewährung der neuen Finanzhilfen. „Die EU-Mitgliedsstaaten haben ein weiteres Mal ihre Solidarität und Einigkeit mit dem ukrainischen Volk im Widerstand gegen den Krieg unter Beweis gestellt“, schrieb Schmyhal auf X (Twitter). Die 50 Milliarden Euro bis Ende 2027 seien ein „gewichtiger Beitrag zu unserem gemeinsamen Sieg“.

Rettung vor Zusammenbruch der Wirtschaft

Mit den Wirtschaftshilfen über vier Jahre wollen die Europäer die Ukraine im russischen Angriffskrieg vor dem wirtschaftlichen Zusammenbruch bewahren. Dafür soll der EU-Haushalt aufgestockt werden, was Einstimmigkeit erfordert. Zur Bedingung machte Orban eine jährliche Abstimmung über die Hilfen. Das lehnten die anderen 26 ab, weil er dann ein Dauerveto hätte. Nun lenkte Orban ein.

17 Milliarden Euro sind als Zuschüsse und 33 Milliarden Euro als Kredite vorgesehen. Außerdem soll im Rahmen dieser neuen „Fazilität“ für die Ukraine ein spezifischer Investitionsrahmen für das Land angestoßen werden. Auch technische und juristische Hilfe zur Durchsetzung des Völkerrechts gegenüber Russland beinhaltet dieser Plan.

Nach aktuellen Angaben der EU-Kommission hat die EU insgesamt – das heißt die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten sowie die EU-Finanzinstitutionen – der Ukraine bisher 88 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt, davon 28 Milliarden an Militärhilfe.

ORF-Korrespondenten über den EU-Gipfel

Der ORF-Korrespondent Ernst Gelegs und die ORF-Korrespondentin Raffaela Schaidreiter sprechen unter anderem über den EU-Gipfel und die Einigung über die Finanzhilfe für die Ukraine. Zudem berichten sie, was die Zustimmung des ungarischen Regierungschefs, Viktor Orban, für die zukünftige Zusammenarbeit in der EU bedeutet.

Beratungen über mehr Militärhilfe

Auf dem Sondergipfel soll auch über mehr Militärhilfe für die Ukraine beraten werden. „Das ist etwas, worüber heute nicht zu entscheiden ist, aber die Diskussion muss dringend begonnen werden“, sagte Scholz, der in den vergangenen Wochen mehrfach mehr Engagement anderer EU-Staaten gefordert hatte. Es gebe in der EU leider keinen Überblick darüber, wer was liefere.

„Aber wir wissen, dass das, was bisher geplant ist an ganz konkreter Waffenhilfe aus den einzelnen Mitgliedsstaaten, alles zusammen nicht genug ist.“ Scholz verwies darauf, dass Deutschland 2024 mehr als sieben Milliarden Euro an Militärhilfe für die Ukraine eingeplant habe. Alle müssten sich jetzt „unterhaken“, damit sich die Ukraine verteidigen könne.

Im Entwurf der Abschlusserklärung wird vorgeschlagen, dass die Mittel der European Peace Facility (EPF) um fünf Milliarden Euro erhöht werden. Auf dem EPF werden neben bilateralen Hilfen ebenfalls Waffen- und Munitionslieferungen an die Ukraine finanziert. Die EU-Verteidigungsminister hatten sich erneut zu einer ausgeweiteten Lieferung von Munition an die Ukraine bekannt.