Niederösterreichische Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) und Innenminister Gerhard Karner (ÖVP)
picturedesk.com/SEPA.Media/Martin Juen
Statt Bargelds

Debatte über Bezahlkarte für Asylwerber

Ausgehend von deutschen Plänen für ein Bezahlkartensystem für Asylwerber hat die Debatte über die Idee auch in Österreich Fahrt aufgenommen. Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) will solch einen Modus, der den Zugang zu Barleistungen einschränkt, nun auch hierzulande aufziehen. Unterstützung kommt aus Nieder- und Oberösterreich. Die roten Länder zeigen sich ablehnend, auch Grüne und Experten sind skeptisch.

In den Bundeseinrichtungen, die Asylwerber in der Regel nur in den ersten Tagen betreuen, werden ohnehin ausschließlich Sachleistungen geboten. Kommen die Flüchtlinge dann in die Grundversorgung der Länder, werden die Leistungen teils auch bar ausgeschüttet – das vor allem, da das als kostengünstiger gilt.

Um welche Leistungen es sich überhaupt handeln soll, die via Karte nur als Sachleistung angeboten werden sollen, ist unklar. Fix gemeint ist wohl das Taschengeld, das aber nicht einmal in jedem Bundesland ausbezahlt wird.

ÖVP will Bezahlkarte für Asylwerber

Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) kann sich eine regionale Bezahlkarte für Asylwerber nach deutschem Vorbild vorstellen. Damit kann kein Geld ins Ausland geschickt werden. Der Koalitionspartner, die Grünen, zeigen sich dazu skeptisch.

Unterschiedliche Regelungen in den Ländern

Die Länder können unter diesem Titel 40 Euro pro Monat zur Verfügung stellen. Dazu kommt ein Bekleidungsgeld von einmal 150 Euro pro Jahr. Schließlich gibt es einen Essensbeitrag, der dort gewährt wird, wo keine Verköstigung zur Verfügung gestellt wird. Das ist der Regelfall. Hier variieren die Beträge in den Ländern zwischen rund 180 und 260 Euro im Monat.

In den meisten Bundesländern werden die Leistungen bar ausgezahlt. In einzelnen werden sie auf ein Konto überwiesen. Einzig Tirol setzt schon auf ein Kartensystem, wie es im Bund angedacht ist, die ELEG-Karte. Über die kann man Geld abheben, aber nicht ins Ausland überweisen. Das Kartensystem habe sich jedenfalls bewährt und „funktioniert einwandfrei“, hieß es aus dem Büro des zuständigen Landeshauptmann-Stellvertreters Georg Dornauer (SPÖ). Mit der Karte könne das Geld zwar behoben werden, Überweisungen ins Ausland sind dagegen nicht möglich.

Karner versprach nun am Freitag bei einer Pressekonferenz, eine sinnvolle und praktikable Lösung zu finden – mit dem Ziel, Missbrauch zu verhindern. Asylwerber sollten das bekommen, was sie brauchen, essen und trinken, aber kein Bargeld.

NÖ und OÖ preschen vor

Bei Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) findet der Minister damit Gehör. Würden Bargeldauszahlungen eingeschränkt, gäbe es deutlich weniger Anreize für illegale Migration und auch weniger Möglichkeiten, staatliche Unterstützung in die jeweiligen Herkunftsländer zu überweisen, so die Landeschefin. Sie brachte Sachleistungskarten oder Gutscheine ins Spiel. In Niederösterreich als Flächenbundesland mit bewusst dezentralen Wohneinheiten sei die Umsetzung besonders herausfordernd – mehr dazu in noe.ORF.at.

In Oberösterreich hatten sich Mitte der Woche bereits Landeshauptmann Thomas Stelzer und Integrationslandesrat Wolfgang Hattmannsdorfer (beide ÖVP) für ein Bezahlkartensystem nach deutschem Vorbild starkgemacht. Man wolle dieses in Oberösterreich einführen, wichtig sei aber, „dass wir dabei eine möglichst einheitliche Vorgangsweise wählen“ – mehr dazu in ooe.ORF.at.

Vorarlbergs zuständiger Landesrat Christian Gantner (ÖVP) begrüßte gegenüber dem ORF Vorarlberg eine Umstellung hin zu Sachleistungen – mehr dazu in vorarlberg.ORF.at. Der steirische Landeshauptmann Christopher Drexler (ÖVP) sagte, er stehe der Bezahlkarte grundsätzlich positiv gegenüber. Allerdings sei er der Meinung, dass ein bundeseinheitliches Vorgehen in dieser Sache am sinnvollsten wäre.

Studioanalyse zur Bezahlkarte

Innenminister Karner von der ÖVP will mit den Ländern über eine Bezahlkarte für Asylwerber sprechen. ORF-Innenpolitik-Experte Andreas Mayer-Bohusch klärt die Frage, wie groß die Chance einer Umsetzung dieser Karte ist und wie sehr der Wahlkampf dabei eine Rolle spielt.

SPÖ-Länder lehnen ab

Ablehnung kam von allen drei SPÖ-geführten Bundesländern. Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) verwies schon am Donnerstag auf die ohnehin hohe Sachleistungsquote in der Grundversorgung. Asylwerber bekämen Unterkunft und Verpflegung sowie 40 Euro Taschengeld im Monat. „Dafür ein Kartensystem zu implementieren würde ich kritisch sehen, weil der Verwaltungsaufwand höher wäre als der Effekt.“

Ähnlich argumentierte Doskozil am Freitag in der ZIB2: Österreich sei für Asylwerberinnen und Asylwerber inzwischen „Zielland Nummer eins“, und das, obwohl es kaum Geldleistungen gebe. Daher sei eine Bezahlkarte keine Option, um Migration einzudämmen, so Doskozil.

Doskozil (SPÖ) zur Asylobergrenze

Der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) fordert eine Obergrenze von 10.000 Asylanträgen im heurigen Jahr.

Deftig reagierte Wiens zuständiger Stadtrat Peter Hacker (SPÖ) im Mittagsjournal. Alle paar Monate werde vom Innenminister aus dem Hut des Zauberkastens ein Problem erfunden, das nicht existiere, und eine Lösung gefunden, die keiner brauche – mehr dazu in wien.ORF.at. Auch die zuständige Kärntner Landesrätin Sara Schaar (SPÖ) äußerte sich ablehnend.

Grüne warnen vor höheren Kosten

In Einrichtungen der Bundesbetreuung sei bereits auf Sachleistungen umgestellt, erinnerte wiederum Karner. Das verhindere Missbrauch wie Geldüberweisungen in das Ausland. Ziel sei eine flächendeckende Umstellung. Die Experten des Ministeriums würden unter Einbindung der Länder Vorschläge erarbeiten, sagte der Minister unter Verweis auf den „Österreich-Plan“ von Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP).

Die Grünen zeigten sich bereits am Donnerstag wenig begeistert: Damit seien ein höherer Verwaltungsaufwand und damit höhere Kosten verbunden, sagte ihr Mandatar Georg Bürstmayr im „Standard“. Gegen eine Geldkarte sei an sich nichts einzuwenden, solange „sichergestellt ist, dass sie von einem seriösen Finanzdienstleister abgewickelt wird und Barabhebungen weiterhin möglich sind“, sagte Bürstmayr.

Volkshilfe sieht „Schikane“

Vor höheren Kosten warnte auch Lukas Gahleitner-Gertz vom Verein Asylkoordination im Ö1-Frühjournal. Er warnte vor Stigmatisierung, etwa wenn Kinder von Asylwerbern für Schulveranstaltungen ein paar Euro brauchten.

Die Volkshilfe befürchtet, dass sich mit einer solchen „Bezahlkarte“ Spielräume für „weitere Schikanen gegen Schutzsuchende“ erweitern, weil etwa bestimmte Produktgruppen oder Geschäfte limitiert werden könnten.

FPÖ zwischen Zustimmung und Ablehnung

Zustimmung zu den Überlegungen kommt hingegen von den FPÖ-Mitgliedern der Salzburger Landesregierung: Die für Integration zuständige LH-Stv. Marlene Svazek und Soziallandesrat Christian Pewny (beide FPÖ) sprachen in einer Aussendung von einem „grundsätzlich sinnvollen Konzept“ – mehr dazu in salzburg.ORF.at.

FPÖ-Chef Herbert Kickl ist diese Position wohl zu defensiv. Sach- statt Geldleistungen seien nur ein einziger winziger Schritt, meinte er in einer Aussendung. Wie bei der Teuerung müsse das Problem an der Wurzel gepackt werden – „und das bedeutet Obergrenze null bei der illegalen Masseneinwanderung“.