Häftling geflüchtet: Justizministerium weist Kritik zurück

Nachdem am Freitag erneut ein Häftling bei einem Spitalsbesuch entkommen und tags darauf wieder festgenommen werden konnte, ist am Wochenende Kritik an Justizministerin Alma Zadic (Grüne) laut geworden. Die FPÖ forderte Zadic auch angesichts kürzlich gelockerter Sicherheitsanordnungen zum Rücktritt auf. Das Justizministerium wies die Kritik im Ö1-Morgenjournal heute zurück.

Die Flucht sei nach derzeitiger Sachlage auf menschliches Fehlverhalten zurückzuführen, hieß es aus dem Ministerium. Eine Fesselung wäre notwendig gewesen, zudem sei es in derartigen Fällen nach wie vor möglich, die Hände auf dem Rücken zu fixieren.

Die Generaldirektion für den Strafvollzug hatte gegen Ende des Vorjahrs angesichts gehäufter Fluchtversuche den Justizanstalten die Anweisung erteilt, bei medizinischen Eskorten in Zukunft Häftlingen die Arme hinter dem Körper zu fesseln. Weiters wurden die Justizanstalten angewiesen, externe medizinische Termine in Spitälern mit Häftlingen bis auf Weiteres nur unter besonderen Vorkehrungen durchzuführen.

Konkret war von November an eine Fesselung der Arme auf dem Rücken Pflicht. Laut einem justizinternen Dokument, das dem ORF vorliegt, wurde die Maßnahme Mitte Jänner „mit sofortiger Wirkung aufgehoben“.

Christgewerkschafter: „Vor Ort zu wenig Personal“

Allerdings verwies auch Albin Simma, Christgewerkschafter in der Justizwache, im Gespräch mit Ö1 darauf, dass es „von Fall zu Fall“ weiterhin möglich sei, Häftlinge „restriktiv“ zu fesseln. Er sprach im Fall des 19-jährigen Häftlings, der am Freitag zwischenzeitlich entkommen konnte, ebenso von menschlichem Versagen. „Was wir kritisieren, ist, dass vor Ort zu wenig Personal war“, so Simma.

Der stellvertretende Vorsitzende der Justizwachegewerkschaft, Christian Kircher, machte darauf aufmerksam, dass Häftlinge bei externen Terminen – etwa bei Arzt- oder Spitalsbesuchen – aufgrund personeller Engpässe grundsätzlich nur mehr von einem Justizwachebeamten bzw. einer Justizwachebeamtin eskortiert würden. In den Krankenhäusern seien die Beamten „dann auch mit administrativen Aufgaben befasst, müssen Zettel ausfüllen, Fragen beantworten“.

Statt sich über Vorgaben zu verzetteln, wie Häftlinge bei Terminen außerhalb von Justizanstalten zu fesseln sind, wünscht sich Kircher eine Diskussion über die personell ausgedünnte Justizwache.

Häftling simulierte Anfall

Laut Ö1 wurde der mutmaßliche Anhänger der radikalislamistischen Terrormiliz Islamischer Staat (IS) für eine terminlich vereinbarte ärztliche Untersuchung zunächst in eine geschlossene Abteilung des Spitals gebracht.

In dem speziell gesicherten Bereich soll er dann aber einen epileptischen Anfall simuliert haben, worauf er in den allgemein zugänglichen Bereich des Krankenhauses kam, um weiter untersucht zu werden – angeblich ungefesselt und nur von einem einzigen Justizwachebeamten begleitet. Diesen soll er dann attackiert und verletzt haben, um die sich ihm bietende Gelegenheit zur Flucht zu nutzen.