Luckin-Coffee-Logo in einem Lokal in Peking
AP/Mark Schiefelbein
Markenplagiate

China wird vom Täter zum Opfer

China hat sehr lange als Weltmeister in Sachen Plagiate und Produktpiraterie gegolten. Nun dreht sich der Wind. Je erfolgreicher chinesische Marken im Ausland würden, desto interessanter würden sie für Trittbrettfahrer, hieß es am Montag im „Wall Street Journal“. Teils täuschend echt aussehende Klone würden häufiger. Viele Spuren führen nach Thailand.

Der größte Teil gefälschter Markenprodukte kommt nach wie vor aus China, gefolgt von Thailand, wobei das Spektrum sehr breit ist. Es reicht von billigen Fälschungen bis hin zu täuschend echt aussehenden, qualitativ hochwertigen Produkten. Gefälscht wird praktisch alles: Bekleidungsartikel, Pharmazieprodukte, Ersatzteile für Fahrzeuge und Maschinen.

Jahrelang, schrieb das „Wall Street Journal“ am Montag, hätten sich westliche Unternehmen über chinesische „Copycats“ beschwert. Nun hätten die Nachahmer, aus anderen Ländern, zunehmend chinesische Marken bzw. Unternehmen im Fokus. Das visuelle Erscheinungsbild der Unternehmen, etwa Logos, sehen einander mitunter zum Verwechseln ähnlich.

Preis für internationalen Erfolg

Ein Beispiel unter vielen, die das „Wall Street Journal“ nennt: der jahrelange Rechtsstreit, den die chinesische Teegetränkekette Hey Tea mit dem vermeintlichen Klon Hee Tea aus Singapur führt. Ein ähnlicher Fall ist Luckin Coffee, Rivale der US-Kaffeehauskette Starbucks, im rechtlichen Clinch mit einem Nachahmer in Thailand.

Heytea-Lokal in Chongqing
IMAGO/ZUMA Wire/Alex Tai
Hey Tea oder Hee Tea: Markenstreit mehr als Designfrage

Teils sind auch die Namen beinahe ident. Aus Ganfeng Lithium, aktiv im westafrikanischen Nigeria im Bergbau aktiv, wurde Ganfeng Lithium Industry, die mit dem Original aus China nichts zu tun hat. Je mehr chinesische Unternehmen im Ausland zu begehrten Marken würden, desto mehr hätten sie mit „Fallstricken“ ihres Erfolges zu kämpfen, eben Imitaten, so die US-Wirtschaftszeitung.

Mit dem Geschäft kommen die Nachahmer

Je erfolgreicher und bekannter eine Marke sei, desto anziehender sei sie für Nachahmer, zitierte das „Wall Street Journal“ Catherine Lee, Rechtsanwältin und Partnerin bei Dentons Rodyk, die Hey Tea vertritt. Die Zahl der Verfahren, in denen es um Verletzungen des Patentrechts chinesischer Unternehmen geht, sei in den letzten Jahren stark gestiegen. 2022 hat es laut China National Intellectual Property Administration (CNIPA) mehr als sechs Millionen Patentanmeldungen in China gegeben.

Auch im Inland habe China die Zügel rechtlich angezogen, mit höheren Strafen und kürzeren Verfahren, schrieb das „Wall Street Journal“ am Montag unter Berufung auf Daten des Obersten Volksgerichts Chinas, 2022 habe es rund 430.000 entsprechende Verfahren gegeben, nach 280.000 im Jahr 2018 – eine Zunahme um über 50 Prozent.

Die Geschichte wiederholt sich

Vor mittlerweile einigen Jahren, 2005, habe Starbucks die Kaffeehauskette Xingbake aus Schanghai geklagt. Anlass sei damals die Verwendung derselben chinesischen Schriftzeichen gewesen, Starbucks gewann, der chinesische „Doppelgänger“ musste Strafe bezahlen und sein Design ändern.

Luckin-Coffee-Lokal in Peking
Reuters/Tingshu Wang
Hirsch weiß oder blau mit Blickrichtung rechts oder links: Es kommt auf Details an

Nun kämpfe Luckin Coffee mit demselben Problem: einem Konkurrenten in Thailand, der das Logo – weißer Hirsch auf blauem Hintergrund – quasi farblich nur „umgedreht“ und gespiegelt hat. Luckin Coffee nannte das thailändische Pendant 2022 ein Plagiat und kündigte rechtliche Schritte an. Luckin Coffee klagte wegen Verdienstentgangs auf mehrere hundert Millionen Dollar Schadenersatz.

Im Dezember 2023 dann, so das „Wall Street Journal“, habe Thailands oberster Handelsgerichtshof die Beschwerde aus China wegen Verletzung des Markenrechts zurückgewiesen. Der Grund sei, dass in Thailand, wie in China auch, der zum Zug komme, der die Marke als Erster schützen ließe. 50R, der Konzern hinter dem mutmaßlichen thailändischen Doppelgänger, habe in Thailand an die 200 Marken – in chinesischer Schrift – registrieren lassen, darunter auch solche wie TikTok, Chanel und Tesla.

Mit fremden Federn

Für über 70 der „100 wertvollsten Marken in China 2023“ habe es Registrierungsansuchen in Thailand gegeben, so das „Wall Street Journal“ unter Berufung auf Daten des Marktforschungsunternehmens Kantar. Allerdings: „In fast der Hälfte aller Fälle“ schienen diese Ansuchen von „Drittparteien“, also solchen, die mit dem Unternehmen rechtlich nichts zu tun haben, gekommen zu sein. In Nigeria habe der Klon Ganfeng Lithium Industry sogar einen Minister zu einem Empfang geladen.

Im Streit um Hey Tea bzw. Hee Tea stellte sich ein Gericht in Singapur 2021 auf die Seite des chinesischen Originals. Grund waren auffallende Ähnlichkeiten im Markendesign. Künftig müssten nun auch chinesische Unternehmen das tun, was westliche schon länger tun, so das „Wall Street Journal“: ihre Marken und deren Nutzung im Ausland im Auge behalten.