Prozess gegen bosnischen Serbenführer Dodik läuft

Mit der Verlesung der Anklageschrift hat vor einem Gericht in Sarajevo der Prozess gegen den bosnischen Serbenführer Milorad Dodik aufgrund seines Widerstands gegen den vom Friedensimplementierungsrates (PIC) für Bosnien-Herzegowina ernannten Hohen Repräsentanten begonnen. Beim Verlassen des Gerichtsgebäudes nannte Dodik das Verfahren gestern einen „rein politischen Prozess“. Im Falle einer Verurteilung drohen ihm bis zu fünf Jahre Haft. Zudem dürfte er keine politischen Ämter mehr ausführen.

Entscheidungen des Hohen Repräsentanten nicht beachtet?

Dem 64-jährigen bosnischen Serbenführer wird vorgeworfen, die Entscheidungen des Hohen Repräsentanten für Bosnien-Herzegowina, Christian Schmidt, nicht beachtet zu haben. Es ist das erste Mal, dass sich ein Politiker wegen solcher Vorwürfe vor Gericht verantworten muss. Dodik erklärte bereits, dass er die Entscheidung des Gerichts im Falle einer Verurteilung nicht akzeptieren werde.

Der Hohe Repräsentant der internationalen Gemeinschaft wird seit dem Dayton-Abkommen von 1995, mit dem der Bosnien-Krieg beendet worden war, vom Friedensimplementierungsrates (PIC) für Bosnien-Herzegowina ernannt. Er hat weitgehende Befugnisse, darunter das Recht, Gesetze durchzusetzen oder aufzuheben und gewählte Vertreter zu entlassen, und wacht über die Einhaltung des Friedensabkommens. Derzeit hat der Deutsche Schmidt das Amt inne. Zuvor waren auch die österreichischen Diplomaten Wolfgang Petritsch (1999–2002) und Valentin Inzko (2009–2021) auf diesem Posten tätig.

Parlament zur Absegnung zweier Gesetze angestiftet

Im Juni hatte der Kreml-Verbündete Dodik das Parlament der Republika Srpska dazu angestiftet, zwei Gesetze abzusegnen, mit denen die Umsetzung von Entscheidungen des bosnischen Verfassungsgerichts und des Hohen Repräsentanten verboten wird. Der deutsche Diplomat Schmidt hob diese zwar umgehend wieder auf, Dodik aber verkündete sie trotzdem. Auch wurden sie im Amtsblatt des serbischen Landesteils veröffentlicht.

Bosnien-Herzegowina ist seit dem Dayton-Abkommen in die überwiegend von bosnischen Serben bewohnte Republika Srpska und die kroatisch-muslimische Föderation Bosnien und Herzegowina aufgeteilt. Die beiden halbautonomen Landesteile sind durch eine schwache Zentralregierung miteinander verbunden.