Türkei: Kritik bei Gedenkfeiern für Bebenopfer

Begleitet von lauter Regierungskritik haben sich in der Türkei die verheerenden Erdbeben gejährt. Im Zentrum der weitgehend zerstörten Stadt Antakya versammelten sich tausende Menschen zum gemeinsamen Gedenken, buhten die Regierung des Landes aus und bezeichneten sie teilweise als „Mörder“. Immer wieder wurde in Sprechchören auch der Rücktritt des Provinzbürgermeisters Lütfü Savas gefordert.

Der Regierung unter Führung der islamisch-konservativen AKP wird vorgeworfen, zu spät Retter und Hilfe in die betroffene Region im Südosten des Landes geschickt zu haben und nun auch den Wiederaufbau in der Provinz Hatay und ihrer Hauptstadt Antakya nur zögerlich voranzutreiben. Eine Teilnehmerin der Kundgebung sagte der Deutschen Presse-Agentur, die Regierung von Präsident Recep Tayyip Erdogan ignoriere das Leid der Menschen in Hatay. Auch Savas, der der auf Landesebene größten Oppositionspartei CHP angehört, wird Nachlässigkeit vorgeworfen.

Die Schweigeminute um 4:17 Uhr Ortszeit wurde von Rufen wie „Hört jemand unsere Stimmen?“ unterbrochen. Diesen Satz riefen auch die Retter, als sie vor einem Jahr tagelang in den Trümmern nach Verschütteten suchten. Heute drückt er aus, dass sich viele Menschen in der Region mit den Folgen der Katastrophe alleingelassen fühlen. Auf den Ruinen zerstörter Gebäude zündeten Menschen Kerzen in Erinnerung an die dort Getöteten an und warfen rote Nelken von einer Brücke in den Fluss Asi, der durch die Stadt fließt.

Andere forderten auf Schildern, dass die Verantwortlichen in Verwaltung und Politik vor Gericht gestellt werden müssten. Die juristische Aufarbeitung der Gründe für die zehntausenden Toten durch Hunderttausende eingestürzte Gebäude wird immer wieder kritisiert. Vor der Katastrophe abgegebene Prognosen hatten für den Fall eines solchen Szenarios etwa 15 000 Opfer erwartet. Laut Regierung starben 53 000. Die Türkische Ärztevereinigung geht von mindestens doppelt so vielen Toten aus.