Gas tritt an der Meeresoberfläche an der Stelle aus, an der die Nord-Stream-2-Pipeline beschädigt wurde, 2022
Reuters/Ritzau Scanpix/Danish Defence Command
Staatsanwaltschaft

Schweden stoppt ‚Nord Stream‘-Ermittlungen

Die schwedische Staatsanwaltschaft stellt ihr Ermittlungsverfahren zur Sabotage an den „Nord Stream“-Pipelines in der Ostsee ein. Man sei zu dem Schluss gekommen, dass es keine schwedische Zuständigkeit in dem Fall gebe, teilte der mit den Untersuchungen betraute Staatsanwalt Mats Ljungqvist am Mittwoch mit. Vor über 16 Monaten hatten Explosionen mehrere Lecks in die „Nord Stream“-Pipelines gerissen.

Bei den umfassenden Ermittlungen sei nichts gefunden worden, das darauf hindeute, dass Schweden oder schwedische Staatsbürgerinnen bzw. Staatsbürger an dem Angriff in internationalen Gewässern beteiligt gewesen seien, erklärte Ljungqvist. Die deutschen Ermittlungen in dem Fall gingen weiter, betonte er.

Man habe bei der Untersuchung eine gute Zusammenarbeit mit verschiedenen Ländern gehabt, vor allem mit Dänemark und Deutschland, und dabei auch regelmäßig Informationen und Lageberichte teilen können, so Ljungqvist außerdem. „Im Rahmen dieser rechtlichen Zusammenarbeit konnten wir Material übergeben, das bei den deutschen Ermittlungen als Beweismittel verwendet werden kann“, erklärte der Schwede.

Kreml: „Bemerkenswert“

Wie der schwedische Nachrichtendienst Säpo am Mittwoch in einer Pressemitteilung ergänzend mitteilte, seien die Ermittlungen in Schweden eingeleitet worden, um festzustellen, ob die Sabotage gegen Schweden gerichtet war und somit die Sicherheit Schwedens bedrohte, meldete die Nachrichtenagentur TT. „Die Ermittlungen haben gezeigt, dass dies nicht der Fall war“, hieß es weiter.

Kreml-Sprecher Dmitri Peskow bezeichnete in einer ersten Reaktion am Mittwoch die Einstellung der Untersuchungen durch Schweden als „bemerkenswert“. Russland werde die Ermittlungen durch Deutschland genau beobachten, sagte Peskow in Moskau.

Deutsche Ermittlungen dauern an

Die deutsche Bundesanwaltschaft teilte indes mit, dass die Ermittlungen von deutscher Seite aus andauern. „Weitergehende Auskünfte werden derzeit nicht erteilt“, erklärte eine Sprecherin am Mittwoch in Karlsruhe. Die dänische Polizei teilte ebenfalls mit, dass die Ermittlungen zu den Explosionen in Dänemark weitergingen. Die Behörden wollten „bald“ neue Informationen dazu veröffentlichen, hieß es am Mittwoch.

Mehrere deutsche Medien – darunter „Süddeutsche Zeitung“, NDR, WDR und „Zeit“ – hatten bereits am Dienstag berichtet, dass Ljungqvist das Verfahren offenbar einstellen wolle.

Mehrere Staaten nahmen 2022 Ermittlungen auf

Am 26. September 2022 waren mehrere Explosionen in der Nähe der dänischen Ostseeinsel Bornholm registriert und wenig später vier Lecks an drei der insgesamt vier Leitungen der „Nord Stream“-Pipelines entdeckt worden. In Schweden wurden daraufhin ebenso Ermittlungen aufgenommen wie in Deutschland und in Dänemark. Ljungqvist bestätigte im November 2022 die von Anfang an gehegte Vermutung, dass es sich um schwere Sabotage handelte. Analysen hätten Sprengstoffreste an mehreren Fremdkörpern gezeigt, erklärte er.

UNO-Botschaften: Sprengstoffspuren auf Segeljacht

In einem gemeinsamen Brief an den Weltsicherheitsrat schrieben die UNO-Botschaften Deutschlands, Dänemarks und Schwedens im Juli 2023, die Ermittler hätten Sprengstoffspuren auf einer verdächtigen Segeljacht entdeckt. Es bestehe der Verdacht, dass diese zum Transport des bei der Sabotage eingesetzten Sprengstoffs genutzt worden sei, hieß es in dem Schreiben.

Man habe herausgefunden, dass das Boot im Namen einer Person angemietet worden sei, die Dokumente verwendet habe, mit denen die Identität des echten Mieters verschleiert werden sollte.

Nach Experteneinschätzungen sei es möglich, dass ausgebildete Taucher Sprengsätze an den Orten angebracht haben könnten, an denen die Gasleitungen beschädigt worden seien, hieß es in dem Brief weiter. Gleichzeitig wurde darin aber auch betont, dass die Täterfrage ungeklärt sei: „Zum jetzigen Zeitpunkt ist es nicht möglich, die Identität der Täter und ihre Motive zuverlässig zu klären, insbesondere im Hinblick auf die Frage, ob der Vorfall von einem Staat oder einem staatlichen Akteur gesteuert wurde.“

Moskau stellte „Nord Stream 1“-Lieferungen ein

„Nord Stream 1“ und „Nord Stream 2“ verlaufen jeweils als Unterwasserdoppelstrang über eine Strecke von rund 1.200 Kilometern von Russland nach Deutschland. „Nord Stream 1“ lieferte seit 2011 einen erheblichen Anteil des nach Europa importierten Gases.

Allerdings hatte Moskau die Lieferungen im Zuge der Konfrontation mit dem Westen nach dem russischen Angriff auf die Ukraine schon vor der Zerstörung gedrosselt und dann ganz eingestellt. Die neuere „Nord Stream 2“-Pipeline war bereits mit Gas gefüllt – die deutsche Regierung hatte das Genehmigungsverfahren für diese zweite Pipeline als Reaktion auf den Angriffskrieg aber gestoppt.

FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker forderte indes einen Stopp der EU-Hilfen für die Ukraine: „Solange der Verdacht, dass möglicherweise die Ukraine hinter den Sprengungen steckt, nicht ausgeräumt ist, müssen die Milliardenhilfen für die Ukraine gestoppt werden!“, meinte Hafenecker in einer Aussendung vom Mittwoch.