Lieferkettengesetz: Position Österreichs weiter offen

Die fehlende Positionierung für die Abstimmung über das EU-Lieferkettengesetz am Freitag wird zum Reibepunkt in der Regierung. ÖVP-Wirtschaftsminister Martin Kocher solle „endlich Farbe bekennen und sich zu diesem wichtigen europäischen Vorhaben erklären“, sagte Justizministerin Alma Zadic (Grüne) heute.

Durch das EU-Lieferkettengesetz sollen große Unternehmen zur Rechenschaft gezogen werden, wenn sie etwa von Kinder- oder Zwangsarbeit außerhalb der EU profitieren. Größere Unternehmen müssen zudem einen Plan erstellen, der sicherstellt, dass ihr Geschäftsmodell und ihre Strategie mit der Einhaltung der Pariser Klimaziele zur Begrenzung der Erderhitzung vereinbar sind.

Das Gesetz, das sie „mit aller Kraft unterstützen“ will, biete „eine einmalige Chance, unseren Planeten und seine Artenvielfalt vor weiterer Zerstörung zu schützen und für unsere Kinder und Enkelkinder zu bewahren“, so die Ministerin weiter. Zudem schaffe man faire Wettbewerbsbedingungen für kleine Unternehmen und Familienbetriebe.

Mahrer: „Zurück an den Start“

Vehement gegen eine Umsetzung und für ein „zurück an den Start“ ist der Präsident der Wirtschaftskammer Österreich (WKO) und des ÖVP-Wirtschaftsbundes, Harald Mahrer. Unter den Wirtschaftsverbänden gebe es eine „fast paneuropäische Ablehnung“. Deutschland kündigte bereits an, sich zu enthalten.

Man bekenne sich zwar zu „mehr Nachhaltigkeit und der Einhaltung sozialer Standards“, er zweifle aber an der Umsetzung: „Wer kann das garantieren?“ Das seien nicht die Unternehmen, aber „Regierungen und Handelsverträge“. „Das ist den Betrieben in weiten Teilen nicht umhängbar“, so Mahrer.

Die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen und europäischen Wirtschaft sinke aufgrund immer höherer Kosten und Auflagen. Das Lieferkettengesetz, so wie es jetzt kommen könnte, sei „null praxistauglich, extrem realitätsfern, und zudem wird es nicht helfen, Zielsetzungen zu erreichen“, meinte der WKÖ-Chef.

IV weiter dagegen

Die Industriellenvereinigung (IV) bekräftigte ihre Kritik, wonach die „nächste bürokratische Lawine“ auf heimische Unternehmen zurolle. Diese Position teilen aber nicht alle Betriebe, Vöslauer etwa begrüßte das „ambitionierte und klar definierte Lieferkettengesetz“.

Anfang der Woche hatten sich bereits zahlreiche Umweltschutzorganisationen, NGOs und politische Akteure dafür starkgemacht und für Kochers Zustimmung plädiert. Auch die katholischen Bischöfe Stephan Turnovszky und Werner Freistetter sind dafür.