Boris Nadeschdin
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Präsidentschaftswahl

Putin-Gegner Nadeschdin ausgeschlossen

Wladimir Putins Gegner Boris Nadeschdin darf eigenen Angaben zufolge nicht bei der Präsidentschaftswahl in Russland im kommenden Monat kandidieren. Die Wahlbehörde habe seine Kandidatur abgewiesen, erklärte Nadeschdin am Donnerstag in Onlinediensten.

Die Wahlkommission habe sich geweigert, ihn als Kandidaten zu registrieren, so Nadeschdin. Sie hatte zuvor erklärt, sie habe Mängel in den für eine Kandidatur notwendigen Unterschriftenlisten, die Nadeschdin und seine Unterstützer und Unterstützerinnen vorgelegt hatten, festgestellt.

Nadeschdin, ein Kritiker der russischen Offensive in der Ukraine, kündigte an, die Entscheidung vor Gericht anfechten zu wollen. „Die Teilnahme an der Präsidentschaftswahl 2024 ist die wichtigste politische Entscheidung meines Lebens“, schrieb Nadeschdin auf Telegram. Er werde nicht von seinem Vorhaben abrücken. „Ich werde die Entscheidung der Wahlkommission beim Obersten Gerichtshof anfechten.“

Russlands Machthaber Putin
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Der russische Präsident Wladimir Putin will sich zum fünften Mal zum Präsidenten wählen lassen

Nadeschdins Chancen, die Entscheidung zu kippen, sind allerdings gleich null. Der Kreml kontrolliert die Wahlen im Land vollständig. Er führte bereits mehrfach Verwaltungsfehler an, um Oppositionskandidaten an der Registrierung ihrer Kandidatur zu hindern.

Wahlbehörde sieht zu viele ungültige Stimmen

Als ein von einer Partei nominierter Kandidat musste Nadeschdin 100.000 Unterschriften in mindestens 40 russischen Regionen sammeln, um bei der Wahl von 15. bis 17. März antreten zu können. Wie Nadeschdin bereits am Montag mitteilte, wurde er von der Wahlkommission darüber informiert, dass 15 Prozent der von ihm eingereichten Unterschriften für eine Kandidatur ungültig seien. Das ist dreimal so viel wie die erlaubte Grenze von fünf Prozent.

Die Wahlkommission unter Leiterin Ella Pamfilowa begründete die Ablehnung am Donnerstag in Moskau dann auch mit einer Vielzahl an fehlerhaften Unterstützerunterschriften. Aus einer Stichprobe von 60.000 Unterschriften wurden laut Wahlkommission 9.147 für ungültig erklärt.

Boris Nadeschdin
AP/Alexander Zemlianichenko
Boris Nadeschdin vor der zentralen Wahlkommission am Donnerstag

Vor der Entscheidung der Wahlkommission hatte Nadeschdins Team bekanntgegeben, es handle sich bei den angeblichen „Fehlern“, die von der Kommission beanstandet wurden, auch um kleine Tippfehler, die beim Abtippen der handschriftlichen Angaben in den Computer entstanden seien.

Putin tritt als unabhängiger Kandidat an

Putin, der sich entschieden hat, als Unabhängiger und nicht als Kandidat der Regierungspartei Geeintes Russland anzutreten, benötigt 300.000 Unterschriften. Seinen Anhängern und Anhängerinnen zufolge hatte er bereits am Wochenanfang mehr als 3,5 Millionen gesammelt.

Amtsinhaber Putin will sich bei der Präsidentenwahl zum fünften Mal wiederwählen lassen – und hat dafür 2020 extra die russische Verfassung umschreiben lassen. Mit dem Ausschluss Nadeschdins treten neben Putin drei weitere Kandidaten an. Sie gelten als aussichtslose Bewerber, die Putin entweder direkt unterstützen oder kein eigenes politisches Profil haben.

Nachtaufnahme im Kreml
AP/Alexander Zemlianichenko
Ein Blick auf den Kreml in Moskau, den Amtssitz des russischen Präsidenten

Nadeschdin ließ mit Kritik aufhorchen

Großen Zulauf für einen expliziten Gegner seines Angriffskrieges, wie für Nadeschdin, kann der Kreml nicht gebrauchen. Putins Sieg gilt zwar als sicher, Nadeschdin hat jedoch einige Beobachter mit seiner scharfen Kritik an dem von der Regierung als „spezielle Militäroperation“ bezeichneten Krieg gegen die Ukraine überrascht.

Kürzlich kritisierte er nach zahlreichen Heizungsausfällen im kalten Winter, dass Russland es sich leisten könnte, mehr für seine Bürger auszugeben, wenn es nicht so viel Geld in das Militär stecken würde. Seine freimütigen Äußerungen über den Krieg hatten bereits im Vorfeld des nunmehrigen Ausschlusses Spekulationen geschürt, dass er unter Berufung auf einen Formfehler von der Kandidatur ausgeschlossen oder zum Rücktritt gezwungen werden könnte.

Flaggen am russischen Regierungsgebäude
AP/Phelan M. Ebenhack
Flaggen auf einem russischen Regierungsgebäude

Bilder von langen Schlangen von Menschen, die darauf warteten, Nadeschdin mit ihren Unterschriften bei der Registrierung als offizieller Kandidat für die Präsidentschaftswahl zu helfen, standen im Gegensatz zur Darstellung des Kreml, die russische Gesellschaft stehe geschlossen hinter Putins Vorgehen gegen die Ukraine. Nadeschdin geht davon aus, dass Millionen von Menschen für ihn stimmen würden.

Keine internationalen Wahlbeobachter

Die Sorge vor Unregelmäßigkeiten, Manipulationen und Einschüchterungen bei der Wahl von 15. bis 17. März in dem Land mit 143 Millionen Einwohnern und Einwohnerinnen ist groß. Schon bei den Kommunal- und Regionalwahlen im September war die Wahlbeobachtungsorganisation Golos als unerwünscht verboten worden. Einer der Vorsitzenden war zuvor zwei Monate in Haft, und zwar wegen des Vorwurfs der Zusammenarbeit mit einer „unerwünschten Organisation“.

Enttäuscht zeigte sich die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit (OSZE), dass keine Wahlbeobachter zu dem Urnengang eingeladen sind. Das stehe im Widerspruch zu den von Russland eingegangenen OSZE-Verpflichtungen und verwehre gleichzeitig den Wählern und Institutionen des Landes eine unparteiische und unabhängige Bewertung der Wahl. Schon die Parlamentswahl 2021 hatte ohne internationale Wahlbeobachter stattgefunden. Die OSZE hatte sich zu diesem Schritt entschieden, weil die russischen Behörden im Vorfeld zu starke Einschränkungen verhängt hatten.