Jair Bolsonaro
Reuters/Ueslei Marcelino
Brasilien

Razzien im Umfeld von Bolsonaro

Die brasilianische Bundespolizei hat im Zusammenhang mit dem Sturm auf den Nationalkongress im Jänner 2023 durch Anhängerinnen und Anhänger von Ex-Präsident Jair Bolsonaro am Donnerstag mehrere Razzien durchgeführt. In mehreren Bundesstaaten sei man dabei gegen Verdächtige vorgegangen. Bolsonaro selbst war nicht Ziel einer Durchsuchung, seinem Anwalt zufolge muss er jedoch innerhalb von 24 Stunden seinen Reisepass abgeben.

Bolsonaro werde einer entsprechenden Aufforderung der Behörden nachkommen und seinen Reisepass abgeben, teilte sein Anwalt Fabio Wajngarten auf dem Kurznachrichtendienst X (Twitter) mit. Medien zufolge soll die Polizei Bolsonaro in dem Ort Angra dos Reis im Bundesstaat Rio de Janeiro Donnerstagfrüh aufgesucht und zudem sein Handy beschlagnahmt haben.

Die Bundespolizei teilte mit, die Ermittlungen richteten sich gegen „eine kriminelle Organisation, die an einem Putschversuch (…) beteiligt war, um den damaligen Präsidenten (Bolsonaro, Anm.) an der Macht zu halten“. Beamtinnen und Beamte hätten in zehn Bundesstaaten 33 Hausdurchsuchungen und vier Haftbefehle vollstreckt.

Polizisten nach einer Hausdurchsuchung in Brasilia
Reuters/Adriano Machado
Brasilianische Bundesbeamte bei einer der durchgeführten Razzien in der Hauptstadt Brasilia

Dabei sei es auch zu vorbeugenden Maßnahmen wie etwa dem Einzug von Reisepässen gekommen. Zu den 33 Personen, die von der Polizei durchsucht werden sollten, gehörten unter anderen auch Bolsonaros Vizepräsidentschaftskandidat für 2022, General Walter Braga Netto, ein ehemaliger Berater, General Augusto Heleno, der ehemalige Justizminister Anderson Torres und der Vorsitzende von Bolsonaros Liberaler Partei, Valdemar Costa Neto, hieß es in einer veröffentlichen Entscheidung des obersten Richters Alexandre de Moraes.

Polizeibericht: Militärs unter Druck gesetzt

Laut der Entscheidung, die die Razzien am Donnerstag auslöste, erhielt Bolsonaro im November 2022 den Entwurf eines Dekrets zur Annullierung der Wahlergebnisse und zur Ausstellung von Haftbefehlen gegen Moraes und zwei weitere Personen. Auf Bolsonaros Ersuchen wurde der Dekretentwurf geändert, aber die Verhaftung von Moraes und die Forderung nach einer Neuwahl blieb bestehen.

So hieß es jedenfalls in dem Gerichtsbeschluss, der sich auf polizeiliche Untersuchungen beruft. Nach der Änderung des Dekrets berief Bolsonaro Militärkommandeure ein und setzte sie unter Druck, einen Putsch zu unterstützen, so der Polizeibericht, der sich auf Telefonaufzeichnungen und Aussagen des ehemaligen Adjutanten des Ex-Präsidenten stützt.

Lula äußert sich nicht zu Ermittlungen

Bolsonaros Nachfolger, der linksgerichtete Luiz Inacio Lula da Silva, sagte am Donnerstag gegenüber einem Radiosender, dass es nicht seine Aufgabe sei, sich zu laufenden Ermittlungen zu äußern. Er fügte jedoch hinzu, dass ein Aufstand in der brasilianischen Hauptstadt am 8. Jänner 2023 durch Anhängerinnen und Anhänger von Bolsonaro, die ihn (Lula, Anm.) stürzen wollten, ohne die Beteiligung des Ex-Präsidenten nicht stattgefunden hätte.

Nach der Wahlniederlage des ultrarechten Ex-Präsidenten Bolsonaro, der Brasilien von 2019 bis Ende 2022 regiert hatte, hatten dessen Anhängerinnen und Anhänger am 8. Jänner 2023 zu Tausenden das Regierungsviertel in der Hauptstadt Brasilia gestürmt.

Sie attackierten und verwüsteten das Parlament, das oberste Gericht und den Präsidentenpalast. Viele Leute sollten untersucht werden, denn es sei eine „Tatsache, dass es einen versuchten Staatsstreich“ und eine „Missachtung der Demokratie“ gab, äußerte sich Lula weiter dazu.

Bolsonaro sprach wiederholt von Wahlbetrug

Bolsonaro hatte Lulas Wahlsieg nicht explizit anerkannt – vor und nach der Wahl hatte er immer wieder von Wahlbetrug gesprochen und Zweifel an der Zuverlässigkeit des brasilianischen Wahlsystems geäußert. Eine Woche nach der Amtseinführung von Lula kam es dann zu dem Aufruhr gewaltbereiter Anhängerinnen und Anhänger Bolsonaros in Brasilia.

Das oberste Gericht ermittelt gegen Bolsonaro wegen des Verdachts, zu den Unruhen angestiftet zu haben. Im Juni war Bolsonaro vom obersten Wahlgericht wegen seiner unbelegten Wahlbetrugsvorwürfe für acht Jahre von allen politischen Ämtern ausgeschlossen worden. Zudem sieht er sich mehreren anderen strafrechtlichen Ermittlungen gegenüber, die ihn ins Gefängnis bringen könnten. Bolsonaro bestritt jegliches Fehlverhalten und bezeichnete die Ermittlungen als politisch motiviert.