mehrere Personen transportieren ihre Besitztürmer aus einem Haus
Reuters/Ibraheem Abu Mustafa
Rafah

Netanjahu will Plan für Evakuierung

Der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu hat die Armee angewiesen, einen „kombinierten Plan zur Evakuierung der Bevölkerung und zur Zerstörung der Bataillone“ der radikalislamischen Hamas in Rafah im Süden des Gazastreifens vorzulegen, hieß es am Freitag aus dem Büro des Premiers. Die US-Regierung hatte die Ausweitung des Armee-Einsatzes auf Rafah scharf kritisiert.

„Es ist unmöglich, das Kriegsziel der Eliminierung der Hamas zu erreichen, wenn vier Hamas-Bataillone in Rafah verbleiben“, ließ Netanjahu am Freitag mitteilen. In Rafah haben seit Beginn des Krieges zwischen Israel und der Hamas mehr als eine Million palästinensische Binnenflüchtlinge Zuflucht gesucht. Der mittlerweile seit vier Monaten andauernde Krieg zwischen Israel und der islamistischen Hamas hat die humanitäre Krise im Gazastreifen dramatisch verschärft.

Hunderttausende Menschen flohen vor den Kämpfen in den Süden des Palästinensergebiets, der nun ebenfalls unter Beschuss steht. Am Mittwoch hatte Netanjahu nach eigenen Worten eine Ausweitung des Militäreinsatzes auf die südliche Stadt Rafah nahe der Grenze zu Ägypten angeordnet.

Scharfe Kritik aus Washington

In Washington stößt Netanjahus Vorgehen auf scharfe Kritik. US-Präsident Joe Biden richtete scharfe Worte an Israel. „Ich bin, wie Sie wissen, der Meinung, dass die Reaktion im Gazastreifen übertrieben war“, sagte Biden am Donnerstag. Er setzte sich für eine Feuerpause ein, die eine Freilassung von Geiseln aus der Gewalt der Hamas ermögliche.

Die USA sind eng mit Israel verbündet. In den vergangenen Wochen wurden die Appelle der Biden-Regierung aber immer deutlicher, Israel solle sich bei seinem Einsatz mäßigen und stattdessen gezielter Hamas-Kämpfer ins Visier nehmen. Einen Militäreinsatz in Rafah ohne Berücksichtigung der Lage der Zivilbevölkerung lehnten die USA ausdrücklich ab.

UNO-Generalsekretär Antonio Guterres warnte vor einer humanitären Katastrophe und Folgen für die gesamte Region. Die Hälfte der Bevölkerung des Gazastreifens sei in Rafah zusammengepfercht und könne nirgendwo anders hin, schrieb er auf dem Kurznachrichtendienst X (Twitter).

Der Präsident der Palästinenserbehörde, Mahmud Abbas, warf Israel vor, die Pläne für einen Angriff auf Rafah zielten auf die Vertreibung der palästinensischen Bevölkerung aus dem Gazastreifen ab. Damit werde der Frieden in der Region und in der Welt bedroht, so Abbas. Seine Behörde rief den UNO-Sicherheitsrat auf, die Entwicklung besonders aufmerksam zu verfolgen.

Chan Junis im Fokus der Armee

Zuletzt war der südliche Gazastreifen verstärkt in den Fokus der israelischen Armee gerückt. In den Gebieten östlich von Rafah und der Hamas-Hochburg Chan Junis vermutet Israel die Verstecke hochrangiger Hamas-Funktionäre.

Zuletzt hatte die Armee eigenen Angaben zufolge einen „strategischen Tunnel“ der Hamas als Teil eines ausgedehnten unterirdischen Netzwerks „im Herzen eines zivilen Gebiets“ in Chan Junis entdeckt, in dem auch Geiseln festgehalten worden seien.

Netanjahu-Sprecher weist Waffenruheappelle zurück

Der Sprecher Netanjahus wies unterdessen internationale Appelle, Israel möge einer Feuerpause im Gazastreifen zustimmen, zurück. „Wenn Israel von der internationalen Gemeinschaft die Hände gebunden werden oder wir den Druck von der Hamas nehmen, wird das eine Einladung zu mehr Terrorismus weltweit“, sagte Tal Heinrich dem US-Sender Fox News.

UNRWA: Israel begrüßt Untersuchung

Israel begrüßte die geplante Prüfung der schweren Vorwürfe gegen das UNO-Palästinenserhilfswerk (UNRWA) unterdessen als „positiven, wenn auch lange überfälligen Schritt“. Ein Sprecher des israelischen Außenministeriums sagte am Freitag, Teil der Prüfungsgruppe müssten aber aus Sicht Israels auch Forschungsinstitute mit relevanter Erfahrung sein, einschließlich von Terrorismusbekämpfung, Sicherheit und Überprüfungsverfahren. „Israel erwartet, dass die Gruppe auch wichtige Geldgeber der Agentur sowie israelische Experten enthält“, hieß es.

1.140 Tote bei Überfall der Hamas

Die Hamas hatte den Krieg am 7. Oktober mit ihrem brutalen Überfall auf Israel ausgelöst. Kämpfer der von der EU und den USA als Terrororganisation eingestuften Hamas und weiterer militanter Palästinensergruppen drangen am 7. Oktober in israelische Orte ein und verübten Massaker an Zivilistinnen und Zivilisten. Sie töteten israelischen Angaben zufolge etwa 1.140 Menschen. Rund 250 Menschen wurden zudem als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt.