Brennende Gebäude in Rafah nach Bombardierung
APA/AFP/Said Khatib
Israelische Armee

Zwei Geiseln aus Rafah befreit

Die israelische Armee hat nach eigenen Angaben zwei Geiseln der Hamas aus Rafah im Gazastreifen gerettet. Bei dem Einsatz kam es demnach zu heftigen Gefechten. Laut palästinensischen Angaben kamen bei Kämpfen und Angriffen in Rafah allein am Sonntag Dutzende Menschen ums Leben.

Die beiden Männer seien bei dem Massaker der militant-islamistischen Palästinenserorganisation Hamas am 7. Oktober in das Küstengebiet entführt worden, gab das israelische Militär Montagfrüh bekannt. Bisher war es der Armee nur gelungen, eine Frau – die Soldatin Ori Megidisch Ende Oktober – aus der Geiselhaft zu befreien. Bei mindestens einem weiteren Befreiungsversuch kamen Geiseln ums Leben.

Die beiden nun Befreiten befänden sich in einem guten Gesundheitszustand und seien zur medizinischen Untersuchung ins Scheba-Krankenhaus in Ramat Gan nördlich von Tel Aviv gebracht worden. Die beiden 60 und 70 Jahre alten Geiseln seien während eines gemeinsamen Einsatzes des Militärs, des Sicherheitsdienstes und der israelischen Polizei in der Nacht in Rafah im Süden des Gazastreifens befreit worden.

Collage von den zwei befreiten Geiseln
Reuters/Courtesy Of Bring Them Home Now
Fotos der beiden Befreiten, Fernando Simon Marman and Louis Har

Israels Militär hatte zuvor eine Serie von Angriffen in dem Gebiet bekanntgegeben. Wie die palästinensische Nachrichtenagentur WAFA unter Berufung auf medizinisches Personal in der Stadt berichtete, seien bei den schweren israelischen Luftangriffen Dutzende Menschen getötet worden, etliche weitere seien verletzt worden.

Augenzeugen: Mehrere Luftangriffe

Laut WAFA gab es am Sonntag schwere Kämpfe in verschiedenen Teil Rafahs. Bei der Angriffsserie sollen laut dem arabischen Fernsehsender al-Jazeera mehrere Häuser und Moscheen im Visier des israelischen Militärs gestanden sein. Augenzeugen hatten zuvor bereits berichtet, das israelische Militär habe mehrfach Ziele in der Stadt aus der Luft angegriffen. Israels Bodentruppen sind dort noch nicht im Einsatz.

Terroristen der Hamas und anderer extremistischer Gruppen hatten bei ihrem Überfall auf Israel am 7. Oktober rund 1.200 Menschen getötet und weitere 250 verschleppt. Israels Militär geht seitdem mit schweren Luftangriffen und einer Bodenoffensive gegen die Hamas und ihre Verbündeten im Gazastreifen vor. Derzeit befinden sich nach der Befreiung noch 134 Menschen in der Gewalt der Hamas, von denen aber nach israelischen Militärangaben mindestens rund 30 nicht mehr am Leben sein dürften.

Die Zahl der Getöteten könnte nach Medienberichten aber inzwischen auch schon bei 50 liegen. Die Sicherheitskräfte würden weiterhin „mit allen Mitteln“ versuchen, die Geiseln nach Hause zu bringen, teilte das Militär am Montag mit.

Aus zweitem Stock eines Gebäudes befreit

Laut Armeesprecher Richard Hecht wurden die beiden Männer, Fernando Simon Marman, 60, und Louis Hare, 70, aus dem zweiten Stock eines Gebäudes befreit, wobei es zu einem heftigen Schusswechsel kam. Es seien auch der israelische Inlandsgeheimdienst Schin Bet und die Spezialeinheit der Polizei an der Befreiungsaktion beteiligt. Beide Männer waren am 7. Oktober aus dem Kibbuz Nir Jizchak verschleppt worden.

Gleichzeitig mit der Befreiungsaktion sei ein Luftangriff ausgeführt worden, um den Rückzug der Spezialkräfte zu ermöglichen, so Hecht. Daran waren laut Augenzeugen Flugzeuge, Panzer und Schiffe beteiligt. Als die Spezialeinheiten in das Gebäude eindrangen, in dem sich die zwei Geiseln befanden, griff die Armee laut Hecht mehrere Hamas-Standorte an. Damit sollte die Terrororganisation daran gehindert werden, das eigentliche Ziel des Einsatzes – die Befreiung der Geiseln – zu erkennen, so der Armeesprecher.

Das Militär hatte zuvor, ohne weitere Einzelheiten zu nennen, erklärt, es habe eine Reihe von Angriffen auf den südlichen Gazastreifen ausgeführt, die nun abgeschlossen seien. Dabei kamen nach unterschiedlichen Angaben örtlicher Gesundheitsbehörden bzw. Medien zufolge möglicherweise über 100 Palästinenser ums Leben.

Bericht: Planung der Rafah-Offensive dauert noch

Israels Armee hat unterdessen die Planung einer Militäroffensive gegen Rafah laut einem Medienbericht bisher nicht abgeschlossen. Die Strategie für eine Offensive auf die an Ägypten grenzende Stadt, in der rund 1,4 Millionen Palästinenserinnen und Palästinenser, darunter Hunderttausende Binnenflüchtlinge, zusammengepfercht sind, sei „sehr komplex“, zitierte die „New York Times“ am Sonntag (Ortszeit) israelische Beamte und Analysten.

Die Planung werde „wahrscheinlich einige Zeit in Anspruch nehmen“ und sei bisher auch nicht Ministerpräsident Benjamin Netanjahu vorgelegt worden. Netanjahus Vorhaben stößt international auf Kritik, darunter auch aus Österreich und seitens der UNO. US-Präsident Joe Biden forderte ein überzeugendes Konzept für den Schutz der dortigen Zivilbevölkerung. Die USA sind der engste Verbündete Israels.

Bidens Regierung habe gegenüber Israel zudem Bedenken mit Blick auf den am 10. März beginnenden muslimischen Fastenmonat Ramadan geäußert, berichtete die „New York Times“ unter Berufung auf zwei israelische Beamte.