Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne)
APA/Georg Hochmuth
OMV

Gewessler will raus aus Gasprom-Verträgen

Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) will den Ausstieg aus den Gaslieferverträgen zwischen der OMV und der russischen Gasprom vorbereiten. Dafür soll das Wirtschaftsforschungsinstitut (WIFO) im Auftrag des Energieministeriums bis zum Sommer die volkswirtschaftlichen Auswirkungen einer Vertragskündigung prüfen sowie die Gefahren einer längeren Abhängigkeit analysieren, kündigte Gewessler am Montag bei einer Pressekonferenz an.

Die Verträge des teilstaatlichen Öl- und Gaskonzerns OMV mit Gasprom gehen noch bis 2040 und sehen Gewessler zufolge eine fixe Abnahmeverpflichtung („Take or pay“) von großen Mengen Erdgas vor. Das sei einer der Gründe für die „zementierte Abhängigkeit“ Österreichs von russischem Gas und den nach wie vor hohen Anteil an russischem Gas im Land.

Außerdem will Gewessler die österreichischen Gasversorger gesetzlich zur Diversifikation ihrer Gasbestellungen verpflichten. „Wenn die Gasversorger auf dem liberalisierten Gasmarkt nicht aus eigenen Stücken tätig werden, dann braucht es gesetzliche Verpflichtungen“, so die Ministerin.

Gewessler strebt Unabhängigkeit von russischem Gas an

Erneut sind die Auswirkungen des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine ein großes Thema. Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) strebt angesichts dessen eine rasche Unabhängigkeit von russischem Gas an.

Zweidrittelmehrheit notwendig

Die vergangenen Monate hätten gezeigt, dass es genug nicht russisches Erdgas in Europa gebe. Trotzdem kauften heimische Energieversorger zu wenig nicht russisches Erdgas ein, kritisierte Gewessler. Für eine derartige gesetzliche Verpflichtung braucht es allerdings eine Zweidrittelmehrheit im Parlament.

Außerdem plädierte Gewessler für eine neue Sicherheitsstrategie, in der eine unabhängige Energieversorgung entsprechend berücksichtigt wird. Das betreffe die Unabhängigkeit von russischen Energielieferungen genauso wie die Vermeidung einseitiger Abhängigkeiten von anderen Ländern in Zukunft. Ziel sei jedenfalls – wie von der EU angedacht – ab 2028 ohne russisches Gas auszukommen.

Grafik zum Gaspreis
Grafik: APA/ORF

Der Vertrag von Gasprom und OMV war 2018 im Beisein des damaligen Kanzlers Sebastian Kurz (ÖVP) und des russischen Präsidenten Wladimir Putin bis 2040 verlängert worden. Den genauen Vertragsinhalt kennt offenbar nur die OMV, nicht aber Regierung und Regulierungsbehörde, wie E-Control-Chef Wolfgang Urbantschitsch im November des Vorjahrs sagte: Und „die OMV spricht nicht über diesen Vertrag“. Die OMV teilte am Montag dazu mit: „Die Gaslieferverträge der OMV unterliegen der Vertraulichkeit beider Vertragsparteien.“

OMV verweist auf nötige gesetzliche Grundlagen

Zudem hieß es von der OMV, dass „russisches Erdgas in Europa keinen Sanktionen (unterliegt) und (…) von mehreren Ländern importiert“ werde. „Sofern der Gesetzgeber einen Ausstieg aus russischem Gas vornehmen möchte, müssen zuerst die gesetzlichen Grundlagen dafür geschaffen werden.“

Weiter hieß es: „Die OMV ist jederzeit sanktions- und rechtskonform und hat ihre Bezugsquellen von Erdgas für sämtliche ihrer Vertragskunden bereits konsequent diversifiziert. Die OMV kann im Bedarfsfall ihre Kunden in Österreich zu 100 Prozent mit nicht russischem Gas beliefern.“

80 Prozent Gas aus Russland

Österreich war zu Beginn des Krieges Russlands gegen die Ukraine im Februar 2022 zu 80 Prozent von russischem Gas abhängig, auch im September 2023 kamen wieder 80 Prozent aus Russland, im Dezember sogar 98 Prozent, wenn auch die russischen Importe mengenmäßig sanken. Das lag am geringeren Gasverbrauch: Er sei von 100,3 Terawattstunden im Jahr 2021 auf 75,6 Terawattstunden im Jahr 2023 und damit um ein Viertel gesunken, hieß es aus dem Ministerium.

Grafik zu Gasimporten aus Russland
Grafik: APA/ORF; Quelle: energie.gv.at/ENTSO-G/E-Control

Die OMV selbst beliefert in Österreich keine Endkunden mit Gas, hat aber Verträge mit Landesenergieversorgern. Der Marktanteil der OMV bei Gas liegt in Österreich in etwa bei 30 bis 40 Prozent.

SPÖ sieht „Aktionismus“, FPÖ übt Kritik, NEOS will Tempo

SPÖ-Energiesprecher Alois Schroll ortet „Uneinigkeit und hektischen Aktionismus“ bei der Regierung, nachdem man es zwei Jahre lang verabsäumt habe, den Ausstieg aus russischen Gas voranzutreiben. „ÖVP und Grüne sollen sich einmal auf einen Vorschlag einigen, erst dann kann man seriös darüber reden“, so Schroll. „Alles andere sind Wünsche an den Osterhasen.“

Die FPÖ befürchtet hingegen bei einem Ausstieg „eine Vervielfachung des Gaspreises“, ein Anheizen der Inflation und weitere Einbußen bei der Wettbewerbsfähigkeit heimischer Betriebe. Gewessler habe es sich „offenbar zum Ziel gesetzt“, die Energiepreise noch „weiter explodieren zu lassen und damit unseren Wirtschafts- und Industriestandort vollends gegen die Wand zu fahren“, so FPÖ-Energie- und -Wirtschaftssprecher Axel Kassegger: Mit dem „Verteufeln fossiler Energieträger“ und „einer hysterischen Klimapolitik“ müsse Schluss ein.

NEOS-Energiesprecherin Karin Doppelbauer kritisierte die Regierung, die „seit zwei Jahren nicht willens und nicht fähig“ sei, den Ausstieg aus den Verträgen auf den Weg zu bringen. Man dürfe keine Zeit mehr verlieren, schon in der nächsten Nationalratssitzung könne man die entsprechenden Regelungen auf den Weg zu bringen.