Britischer Premierminister Rishi Sunak
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Großbritannien

Nachwahlen bringen Sunak in die Bredouille

Der Druck auf den britische Premierminister Rishi Sunak wächst weiter: Die Konservativen haben bei zwei Nachwahlen zum Parlament erneut schwere Niederlagen eingefahren. Die Torys verloren die Wahlkreise Wellingborough in Mittel- und Kingswood in Westengland trotz jeweils bisher großen Vorsprungs an die sozialdemokratische Oppositionspartei Labour. Auch sonst hat Sunak noch so einige Baustellen offen.

Mit dem Verlust der zwei Wahlkreise verloren die Konservativen in dieser Legislaturperiode unterm Strich so viele Mandate in Nachwahlen wie nie seit dem Zweiten Weltkrieg. Seit der vergangenen Unterhauswahl 2019 gewannen die Konservativen nur vier von 21 Nachwahlen.

Der Druck auf Sunak aus den eigenen Reihen dürfte weiter steigen. Großbritannien wählt in diesem Jahr ein neues Unterhaus, der genaue Termin ist noch nicht bekannt. Labour liegt in allen Umfragen deutlich in Führung.

Labour-Chef Keir Starmer
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Labour-Chef Keir Starmer im britischen Parlament

Starmer: Menschen verlangen Wandel

Die Ergebnisse der Nachwahlen zeigten, dass die Menschen nach 14 Jahren Tory-Regierung einen Wandel verlangten, sagte Labour-Chef Keir Starmer. Der stellvertretende Tory-Generalsekretär James Daly sprach von einem Warnschuss.

Vor allem die Pleite in Wellingborough ist nahezu historisch: Die Konservativen verloren im Vergleich zur vorigen Wahl 37,6 Prozentpunkte, das zweithöchste Minus für eine britische Partei seit 1945. Die Nachwahl war nötig geworden, weil der Tory-Abgeordnete Peter Bone wegen Vorwürfen des Mobbings und der sexuellen Belästigung, die er bestreitet, abberufen worden war. In Kingswood war der bisherige Tory-Vertreter Chris Skidmore aus Protest gegen Sunaks Umwelt- und Energiepolitik zurückgetreten.

Die beiden neuen Labour-Abgeordneten werden ihre Wahlkreise aber nicht lange im Unterhaus vertreten. Die Sitze werden zur nächsten Parlamentswahl mit anderen Wahlkreisen verschmolzen.

Tory-Abgeordneter Jacob Rees-Mogg
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Der britische Tory-Abgeordnete Jacob Rees-Mogg fordert einen raschen Kurswechsel

Rees-Mogg fordert Rechtsruck

Sorgen bereitet den Konservativen auch das starke Abschneiden der rechtspopulistischen Partei Reform UK, der früheren Brexit-Partei. Sie kam in Wellingborough aus dem Stand auf ihr Rekordergebnis von 13 Prozent und holte sehr wahrscheinlich die meisten ihrer Stimmen von enttäuschten Tory-Wählern.

Teile der Konservativen fordern von Sunak einen raschen Kurswechsel. Der einflussreiche Tory-Abgeordnete Jacob Rees-Mogg kritisierte daher noch am Donnerstagabend, zumindest in Kingswood hätten die Konservativen den Parlamentssitz halten können, wenn Anhänger und Anhängerinnen der Partei Reform UK für die Torys gestimmt hätten.

Frau vor einem großteils leeren Supermarktregal in London
Reuters/Toby Melville
Der Wirtschaft in Großbritannien geht es nicht gut

Die Konservativen brauchten neue Ideen, um ihre traditionellen Wähler zurückzugewinnen, so Rees-Mogg. Seit Längerem werden bei den Torys Stimmen laut, die verlangen, die Partei mehr ins rechte Lager zu rücken.

Wirtschaft schwächelt weiter

Sunak kämpft zudem mit einer schwächelnden Konjunktur. Nach Daten vom Donnerstag rutschte die Wirtschaft in der zweiten Hälfte 2023 in eine Rezession. Der ehemalige Investmentbanker Sunak hat die Ankurbelung der Wirtschaft zum Schwerpunkt seiner Regierungsarbeit gemacht. Viele Wähler und Wählerinnen sind verärgert über steigende Lebenshaltungskosten, ein schlecht funktionierendes staatliches Gesundheitswesen und Streiks im öffentlichen Dienst.