Was der Elbtower für Hamburg ist und das Lamarr für Wien, das sind die Oceanwide Towers für Los Angeles. 2015 wurden die Pläne für das riesige Projekt vorgestellt: Drei Türme sollten 500 Luxuswohnungen und einem Fünfsternhotel Platz bieten – in zentraler Lage gegenüber der Basketballhalle der LA Lakers und um Kosten von einer Milliarde Dollar (930 Mio. Euro). Erbauer ist ein chinesischer Konzern. Die sich unter dem damaligen US-Präsidenten Donald Trump abkühlenden sino-amerikanischen Beziehungen und die Überhitzung auf dem chinesischen Immobilienmarkt führten 2019 zum Baustopp.
Seitdem wurden die Türme zum Symbol für die Wohnraumkrise in der kalifornischen Metropole. Die nicht fertiggestellten Türme nehmen wertvollen Wohnraum in Beschlag. Dazu kommt das Sicherheitsrisiko, wenn sich auf dem Bauareal mit den drei Türmen, die 49 bzw. 40 Stockwerke hoch geplant waren, Gleitschirmspringer und Graffiti-Sprayer tummeln – und Diebe, die etwa die gesamte Kupferverkabelung stahlen.
Zum Schaden noch den Spott
Mit der Verleihung der Grammys Anfang des Monats kam zum Schaden auch noch der Spott, als Bilder der vermeintlichen Luxustürme, die mit Graffiti vollgesprüht sind, um die Welt gingen. Der Stadtverwaltung riss endgültig der Geduldsfaden. Sie stellte zuletzt der Errichtergesellschaft Oceanwide Holdings eine Frist bis Sonntag, das Gelände effektiv abzusichern und die Graffiti zu entfernen.
Die Chancen dafür stehen allerdings schlecht, wie die „Financial Times“ am Samstag berichtete. Als sich der Immobilienmarkt in China abkühlte, wurde dem Bericht zufolge Oceanwide Holdings 2017 aus dem Hang Seng Index, dem Hongkonger Leitindex für Mittelstandsunternehmen, entfernt. Zwei Jahre später wurden die Bauarbeiten völlig eingestellt – die Begründung: Baufirmen beklagten, dass Oceanwide die Rechnungen nicht mehr bezahlte. Anfang Jänner dieses Jahres folgte der nächste Schlag: Der Mutterkonzern kündigte an, das Unternehmen zu liquidieren.
Stadt droht auf Kosten sitzenzubleiben
Die Stadt Los Angeles droht damit auf den Kosten sitzenzubleiben – allein die Kosten für die Sicherung des Baugeländes werden auf 3,8 Millionen Dollar geschätzt. Und ob Los Angeles beim Zurückholen dieser Kosten von Oceanwide mehr Erfolg hat, ist höchst zweifelhaft.
Unklar ist, ob sich ein anderer Immobilienkonzern findet, um das gescheiterte Projekt zu übernehmen. Teils gibt es laut „Financial Times“ schon Rufe, man solle die nicht fertiggestellten Türme nützen, um die Wohnkrise zu lindern – Tausende Obdachlose leben nur rund drei Kilometer weiter westwärts. Doch die Fertigstellung und Adaptierung für neue Bedürfnisse würde Jahre dauern – und es würde wohl großen Widerstand von Anrainern geben, mitten in einem wichtigen Ausgeh- und Geschäftsviertel Tausende Sozialwohnungen zu errichten.