Blick auf Internationalen Gerichtshof
AP/Peter Dejong
Neue Eskalation

Ägypten will Israel vor den IGH bringen

Die Beziehungen zwischen Israel und Ägypten sind angesichts des Gaza-Krieges äußerst angespannt: Ägypten will Israel jetzt vor dem höchsten Gericht der Vereinten Nationen illegale Praktiken in den Palästinensergebieten vorwerfen. Das Land habe ein entsprechendes Memorandum beim Internationalen Gerichtshof (IGH) in Den Haag eingereicht, teilte der Leiter des ägyptischen Staatsinformationsdienstes (SIS), Diaa Raschwan, am Sonntag mit.

Israels Besatzung der palästinensischen Gebiete, der Siedlungsbau, die Vertreibung von Palästinensern und andere Praktiken der israelischen Politik verstoßen den ägyptischen Vorwürfen zufolge gegen die Grundsätze des humanitären Völkerrechts.

Raschwan kündigte an, Kairo werde am Mittwoch mündliche Beweise vor Gericht vorbringen. Ägypten will den Angaben zufolge auch den Rückzug Israels aus den besetzten Gebieten, einschließlich Ostjerusalems, erwirken und eine Entschädigung für die Palästinenser fordern.

Friedensvertrag von 1979

Ägypten war 1979 das erste arabische Land, das einen Friedensvertrag mit Israel unterzeichnet hatte. Die 2006 von Israel verschärfte Blockade des Gazastreifens hatte das Nachbarland mitgetragen. Die Beziehungen verschlechterten sich im Zuge des Gaza-Krieges jedoch. Die Regierung in Kairo sorgt sich, dass im Zuge der Kämpfe massenhaft Palästinenser aus dem Gazastreifen über die Grenze strömen könnten.

Die ägyptische Regierung von Präsident Abdel Fattah al-Sisi steht selbst wegen schwerer Verstöße gegen grundlegende Menschenrechte international in der Kritik. Menschenrechtsaktivisten werfen dem Land unter anderem unrechtmäßige Tötungen, massenhafte willkürliche Verhaftungen, schwere Unterdrückung und Verletzungen des Rechts auf freie Meinungsäußerung vor.

Sanktionen gegen gewalttätige Siedler

Im Sechstagekrieg hatte Israel 1967 unter anderem das Westjordanland und Ostjerusalem erobert. Dort leben inzwischen Hunderttausende israelische Siedler inmitten von rund drei Millionen Palästinensern. Die Palästinenser fordern diese Gebiete für einen eigenen Staat.

Seit dem Hamas-Massaker am 7. Oktober in Israel nahm die Siedlergewalt gegen Palästinenser noch einmal zu. Hunderte Palästinenser im Westjordanland wurden seitdem von ihrem Land vertrieben.

Mehrere westliche Staaten verhängten jüngst Sanktionen gegen gewalttätige israelische Siedler. Israelischen Medien zufolge gab es in den vergangenen eineinhalb Jahren im Westjordanland zugleich mehr Angriffe palästinensischer Attentäter auf israelische Zivilisten und Sicherheitskräfte.

Weiteres Verfahren startet am Montag

Am höchsten UNO-Gericht beginnt am Montag bereits in einem anderen Verfahren eine Anhörung zu Israels Vorgehen in den besetzten palästinensischen Gebieten. Die UNO-Generalversammlung hatte bereits Ende 2022 das höchste UNO-Gericht um ein Rechtsgutachten zu den rechtlichen Konsequenzen aus dem Vorgehen Israels gegen die Palästinenser in den besetzten Gebieten gebeten. An der Anhörung beteiligen sich 52 Staaten und drei internationale Organisationen. Am Montag beginnen die Palästinenser.

Laufendes Verfahren nach Klage aus Südafrika

Zuletzt hatte sich der IGH im Jänner mit dem aktuellen Gaza-Konflikt beschäftigt. Das Gericht hatte Israel dabei aufgetragen, einen Völkermord im Gazastreifen zu verhindern und alles in seiner Macht Stehende zu tun, um das Leben der Palästinenser zu schützen. Israel müsse auch mehr humanitäre Hilfe zulassen.

Dabei handelte es sich um eine Vorentscheidung in dem Verfahren, das Südafrika gegen Israel vor dem höchsten Gericht der Vereinten Nationen angestrengt hatte. Südafrika wirft Israel die Verletzung der Völkermordkonvention vor. Israel weist die Vorwürfe entschieden zurück.