Rauch nach einem Luftschlag in der Nähe von Rafah
Reuters/Bassam Masoud
Rafah

Israel droht mit Offensive im Ramadan

Der israelische Minister Benni Ganz hat mit dem Start der geplanten Offensive auf Rafah zu Beginn des islamischen Fastenmonats Ramadan gedroht. „Die Welt muss wissen, und die Hamas-Führung muss wissen: Wenn die Geiseln bis zum Ramadan nicht zu Hause sind, werden die Kämpfe überall weitergehen, auch in der Region Rafah“, sagte Ganz. Am Internationalen Gerichtshof (IGH) startete indes am Montag eine erste Anhörung zu Israels Vorgehen in den besetzten Palästinensergebieten.

Der islamische Fastenmonat Ramadan beginnt um den 10. März. „Denjenigen, die sagen, dass der Preis zu hoch ist, sage ich ganz klar: Die Hamas hat die Wahl. Sie kann sich ergeben, die Geiseln freilassen, und die Zivilisten in Gaza können das Ramadanfest feiern“, sagte der ehemalige Armeechef Ganz, der dem Kriegskabinett von Regierungschef Benjamin Netanjahu angehört.

In Rafah an der Grenze zu Ägypten haben rund 1,4 Millionen Palästinenserinnen und Palästinenser Zuflucht vor den Kämpfen gesucht. Etliche Länder, darunter auch Israels engster Verbündeter, die USA, fordern einen Verzicht auf die Offensive.

Israel: Neue Drohung in Ringen um Geiseln

Der israelische Minister Benni Ganz hat mit dem Start der geplanten Offensive auf Rafah zu Beginn des islamischen Fastenmonats Ramadan gedroht.

Netanjahu beharrt auf Militäroffensive

Ganz betonte, eine israelische Offensive in Rafah werde koordiniert und in Absprache mit den USA und Ägyptern durchgeführt, um eine Evakuierung zu ermöglichen und „die zivilen Opfer so gering wie möglich zu halten“. Wohin sich die Menschen in Sicherheit bringen sollen, blieb jedoch unklar.

Netanjahu hatte dagegen am Samstag auf der Militäroffensive beharrt. Selbst wenn es eine Einigung zur Freilassung der Geiseln geben sollte, „werden wir in Rafah einrücken“, sagte er. In der ägyptischen Hauptstadt Kairo laufen derzeit Verhandlungen über eine Waffenruhe sowie die Freilassung israelischer Geiseln aus der Gewalt der Hamas.

Ägypten warnt Israel

„Wir sehen die Möglichkeit einer israelischen Offensive in Rafah mit großer Sorge. Wir haben sehr deutlich gemacht, dass das nicht geschehen darf“, sagte der ägyptische Außenminister Sameh Schukri der deutschen „Welt“ (Montag-Ausgabe). Eine solche Offensive würde die Zahl getöteter Zivilpersonen, besonders von Frauen und Kindern, weiter in die Höhe treiben. „Schon jetzt sind die Folgen der israelischen Offensive für die Zivilbevölkerung in ihrer Schwere ohne Vergleich im 21. Jahrhundert“, so Schukri.

Zur Frage, ob Ägypten im Fall eines Vorstoßes nach Rafah den seit 1979 bestehenden Friedensvertrag mit Israel aussetzen könnte, antwortete der Außenminister, das Abkommen diene der Aufrechterhaltung von Frieden und Sicherheit in der Region, fügte jedoch einschränkend hinzu: „Es wird weiterhin den rechtlichen Rahmen für die Beziehungen zwischen beiden Ländern bilden, sofern alle seine Artikel vollständig, korrekt und in gutem Glauben umgesetzt werden.“

Erste Anhörung in Den Haag

In Den Haag begann unterdessen die erste Anhörung zu Israels Vorgehen in den besetzten Palästinensergebieten. Die UNO-Generalversammlung hatte das höchste UNO-Gericht bereits Ende 2022 um ein Rechtsgutachten zu den rechtlichen Konsequenzen gebeten, also bereits vor dem Gaza-Konflikt nach dem Überfall der Hamas am 7. Oktober.

An der Anhörung beteiligen sich 52 Staaten und drei internationale Organisationen. Am Montag beginnt die palästinensische Seite. Zuletzt hatte sich der IGH im Jänner mit dem aktuellen Gaza-Konflikt beschäftigt. Der IGH hatte Israel dabei aufgetragen, einen Völkermord im Gazastreifen zu verhindern und alles in seiner Macht Stehende zu tun, um das Leben der Palästinenserinnen und Palästinenser zu schützen. Israel müsse auch mehr humanitäre Hilfe zulassen.

Am Sonntag reichte auch Ägypten eigenen Angaben zufolge ein Memorandum beim IGH ein, wonach Israels Besatzung der palästinensischen Gebiete, der Siedlungsbau, die Vertreibung von Palästinensern und andere Praktiken der israelischen Politik gegen die Grundsätze des humanitären Völkerrechts verstoßen.

Ruf nach Marshallplan für Gaza

Der palästinensische Ministerpräsident Mohammed Schtajja forderte die internationale Gemeinschaft unterdessen zu einem Aufbauprogramm für den schwer zerstörten Gazastreifen auf. „Wir brauchen einen Marshallplan für den Gazastreifen“, sagte Schtajja am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz. Dieser Plan müsse aus drei Komponenten bestehen: Nothilfe, Wiederaufbau und Wiederbelebung der Wirtschaft.

„Wir wissen aus Satellitenaufnahmen, dass 45 Prozent des Gazastreifens zerstört sind. Das bedeutet 281.000 Wohneinheiten, die vollständig oder teilweise zerstört sind.“ Eine Reparatur könne teils schon in Wochen oder Monaten möglich sein. Mit den Vereinten Nationen laufe eine Untersuchung, wie man der größten Not begegnen könne.

Schtajja warnt vor Offensive in Rafah

Der Regierungschef, der mit seiner Autonomiebehörde im Westjordanland sitzt und keine faktische Kontrolle über den von der islamistischen Hamas beherrschten Gazastreifen hat, warnte Israel erneut davor, die in den Süden des Küstenstreifens geflüchteten Menschen mit einer Militäroffensive nach Ägypten zu vertreiben. Stattdessen solle Israel die Menschen zurück in ihre Häuser lassen. Dafür müsse Israel Hilfslieferungen in den nördlichen Gazastreifen erlauben und Wasser und Strom wieder einschalten.