Südkoreanische Ärzte streiken
AP/Ahn Young-Joon
Südkorea

Ärztestreik sorgt für Unruhe

In Südkorea haben Hunderte Ärzte und Ärztinnen am Dienstag ihre Arbeit niedergelegt. Damit wollen sie gegen die Pläne der Regierung protestieren, den grassierenden Ärztemangel durch mehr Medizinstudienplätze zu beheben. Die Protestierenden behaupten, die Politik ignoriere die schlechten Arbeitsbedingungen, zugleich sorgt man sich auch vor mehr Wettbewerb.

Südkorea hat ein stark privatisiertes Gesundheitssystem, die meisten Krankenhäuser befinden sich in privater Hand. Zusätzlich gehören die Ärzte und Ärztinnen zu den bestbezahlten der Welt. Allerdings kommen derzeit nur 2,6 Ärzte auf 1.000 Einwohner. Der OECD-Schnitt liegt bei 3,7 Ärzten pro 1.000 Einwohner. Wegen der alternden Bevölkerung wird der Bedarf an medizinischer Versorgung steigen, insbesondere in den ländlichen Teilen des Landes und in der Notfallmedizin.

Die Regierung will daher die Zahl der Medizinstudentinnen und -studenten deutlich erhöhen. Gegen diesen Plan laufen nun aber Ärzte und Ärztinnen, die sich noch in Ausbildung befinden, Sturm. 6.400 der 13.000 Ärzte und Assistenzärzte an großen Krankenhäusern hätten Medienberichten zufolge ihre Kündigung eingereicht, 1.600 seien am Dienstag nicht zur Arbeit erschienen. Die Regierung forderte am Dienstag alle Jungärzte und -ärztinnen auf, an den Arbeitsplatz zurückzukommen.

Südkoreanische Ärzte bei einer Protestversammlung
AP/Ahn Young-Joon
Die Jungärzte und -ärztinnen protestierten am Dienstag gegen die Pläne der Regierung

„Kann nicht länger aufgeschoben werden“

Premierminister Han Duck Soo appellierte an die Ärzte und Ärztinnen, das Leben und die Gesundheit der Menschen nicht als Geiseln zu nehmen. Angesichts der Protestmaßnahmen ordnete er Sofortmaßnahmen wie den Einsatz von Telemedizin, mehr Operationen in öffentlichen Krankenhäusern und die Öffnung von Militärkliniken an.

Medizinische Zentren meldeten bereits am Montagnachmittag Störungen des Betriebs. Das Severance Hospital in Seoul, eines der größten in Südkorea, teilte mit, es habe seine Leistungen eingeschränkt und die Hälfte aller geplanten chirurgischen Eingriffe abgesagt.

Die Aufstockung der Medizinstudienplätze sei der Schlüssel zur Verbesserung des Zugangs zu medizinischer Grundversorgung, sagte Präsident Yoon Suk Yeol bei einer Kabinettssitzung. „Es ist eine Aufgabe der Zeit, die nicht länger aufgeschoben werden kann“, zitierte ihn die Nachrichtenagentur Reuters.

Ärzte beklagen schlechte Arbeitsbedingungen

Die Jungärzte und -ärztinnen sehen das anders. Sie sind der Ansicht, dass es bereits genügend Mediziner und Medizinerinnen gibt. Der Mangel beschränke sich auf bestimmte Fachbereiche, so die Argumentation. Die Erhöhung der Studienplatzzahl führe zu unnötigen medizinischen Eingriffen und könne die Finanzen der nationalen Krankenversicherung untergraben.

Die Regierung ignoriere zudem das eigentliche Problem: die schlechten Arbeitsbedingungen für Assistenz- und Jungärzte. „Das medizinische System bricht schon seit einiger Zeit zusammen“, wurde Park Dan, der Vorsitzende der Assistenzärztevereinigung, in der „New York Times“ zitiert. Er habe am Montag seine Stelle in der Notaufnahme eines Krankenhauses in Seoul gekündigt.

Südkoreas Präsident Yoon Suk Yeol
APA/AFP/Yonha
Südkoreas Präsident Yoon Suk Yeol warnt vor den Folgen des Protests

Sorge vor Einkommensverlust

Der Plan, die Plätze für ein Medizinstudium zu erhöhen, ist nicht neu. Schon im Jahr 2020 schlug die Regierung vor, die Zahl der Studierenden innerhalb von zehn Jahren um 4.000 zu erhöhen. Der Plan wurde auf Eis gelegt, nachdem die Ärzteschaft ähnliche Bedenken geäußert hatte und es zu einem monatelangen Streik der Mediziner gekommen war.

„Gibt es mehr Ärzte, bedeutet das auch mehr Wettbewerb und in der Folge ein geringeres Einkommen. Deshalb sind die Jungärzte gegen den Vorschlag, die Zahl der Ärzte zu erhöhen“, sagte Soonman Kwon, ein Experte für öffentliche Gesundheit an der Seoul National University, gegenüber der BBC. Der Vorsitzende der Assistenzärztevereinigung, Park Dan, erwiderte: Das derzeitige System erlaube es Ärzten nur in einigen wenigen Fachbereichen wie der Schönheitschirurgie, ein angemessenes Einkommen zu erzielen.