EU-Fahne im Stiegenhaus des Europäischen Parlaments
APA/AFP/Frederick Florin
Auch Wien im Rennen

Entscheidung über Anti-Geldwäsche-Behörde

Frankfurt, Paris, Dublin, Riga, Wien oder Rom? Insgesamt neun Städte haben sich als Sitz der neuen EU-Behörde beworben, die den Kampf gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung hauptamtlich für die Union führen soll. Die Entscheidung fällt am Donnerstag. Stimmberechtigt sind die Regierungen der 27 EU-Länder und – zum ersten Mal in einer solchen Angelegenheit – das EU-Parlament, das bei der Wahl ebenfalls 27 Stimmen hat.

Die neue EU-Behörde heißt „Anti Money Laundering Authority“ (AMLA). Die Aufgaben der Behörde: Maßnahmen zur Verhinderung von Geldwäsche – und zur Bekämpfung der Finanzierung von Terrorismus. Dementsprechend wird das Akronym durch die Buchstaben CFT (Combating the Financing of Terrorism) ergänzt: AMLA/CFT.

Die Behörde wird Kompetenzen anderer Stellen übernehmen und bündeln, in der EU zum Beispiel von der Europäischen Bankenaufsicht. Und sie soll sich als Plattform für Sammlung und Austausch einschlägiger finanzieller Informationen und Ermittlungen etablieren, eine Rolle, die jetzt teilweise Europol hat. Was die Nationalstaaten betrifft und deren Zuständigkeit – immer ein heikles Feld – soll AMLA zumindest eine koordinierende Rolle übernehmen.

Zuständigkeit und Mandat von AMLA im Detail noch offen

Welche Aufgaben AMLA grundsätzlich übernehmen soll, darüber haben EU-Kommission, Regierungen und Parlament mehr als drei Jahre lang verhandelt. Und das Ziel ist klar: die Eindämmung der grenzüberschreitenden Kriminalität. Verdächtige Transaktionen machen pro Jahr mehrere hundert Milliarden Euro aus, wird geschätzt.

Das Europagebäude in Brüssel
Reuters/Yves Herman
Der Grundsatzbeschluss ist gefallen, die Zuständigkeiten zwischen EU-Zentrale und Mitgliedern sind noch zu klären

Die genauen Zuständigkeiten müssen in einigen Bereichen erst festgelegt werden, vor allem das Prüfungs- und Kontrollmandat. Direkt überwachen soll AMLA 40 Finanzinstitutionen, große Banken zum Beispiel oder Vermögensverwalter, die in mehreren europäischen Ländern tätig sind und für grenzüberschreitende Kriminalität genutzt werden könnten, genauso Händler und Anleger im Bereich Kryptowährungen.

Welche Unternehmen in welchem Land, das muss erst definiert werden. Ein weiteres To-do: die Ausarbeitung gemeinsamer Regeln, vor allem da, wo es zentrale und nationale Kontrollkompetenzen gibt. Die 27 EU-Mitglieder haben mitunter sehr unterschiedliche Regelungen, eine Angleichung wird bezweckt. AMLA soll dabei helfen.

Jeder will EU-Behörde bei sich aufnehmen, auch Österreich

Wie immer es um das Image der Europäischen Union steht, insbesondere der Brüsseler Verwaltung, und wie fair oder unfair die Debatte dabei auch verläuft, um die Ansiedlung von EU-Behörden herrscht stets ein G’riss. Auch im Fall von AMLA. Einige hundert Stellen soll die Behörde haben, von 400 oder 500 ist die Rede, Tendenz steigend. Dazu kommen die Familien, private und offizielle Besucher und Besucherinnen, Konferenzen. Eine Aktivität, von der jede Stadt zu profitieren hofft.

Neun Bewerberstädte sind es diesmal, und jede versucht, sich möglichst vorteilhaft darzustellen. Wien mit freier Miete, Klimaticket und international quasi aktenkundlicher Lebensqualität, der Finanzplatz Frankfurt am Main zum Beispiel mit „kurzen Wegen“ zur EZB und anderen einschlägigen Institutionen – und 20 Millionen Euro Subvention. Dazu kommen als Bewerber Vilnius, Riga, Dublin, Brüssel und die prestigereichen Größen Madrid, Rom und Paris.

AMLA-Bewerbungsunterlagen von Frankreich
IMAGO/Vernier Jean-Bernard
Paris stellt das Marsfeld ins Zentrum seiner Bewerbung, ist mit der Bankenaufsicht aber schon im Besitz einer Behördentrophäe

Wer das Rennen macht, lässt sich noch nicht sagen. Die Mitgliedsländer stimmen am Vormittag und als Erste ab, am Nachmittag dann die Vertreter und Vertreterinnen des EU-Parlaments. Beide Gruppen haben 27 Stimmen. Es könnte trotzdem schnell gehen. Wenn sich die Regierungen auf eine Stadt einigen, kann letztlich leicht eine Mehrheit zustande kommen. Auch wenn sich die Parlamentarier mehrheitlich auf eine andere Stadt festlegen, die Wahrscheinlichkeit patriotischer Stimmabweichungen ist gegeben.