Dieses Ökosystem steht nicht unter demselben Schutz wie der Amazonas, wo die Abholzung für Viehzucht in den vergangenen Jahren zurückgegangen ist. Nach Angaben der brasilianischen Raumfahrtbehörde INPE habe sich die Abholzung im vergangenen Jahr im Amazonas halbiert, im Cerrado sei sie hingegen im Vergleich zu 2022 um 43 Prozent gestiegen. Studien zeigen, dass mit dem verbesserten Schutz des Amazonas in internationalen Vereinbarungen die Abholzung im benachbarten Feuchtsavannengebiet zunahm.
Der Cerrado, der sich über mehrere Bundesstaaten Brasiliens erstreckt und an den Amazonas grenzt, sei um nichts weniger wichtig als der Amazonas-Regenwald, so Global Witness, werde aber weniger geschützt. Die NGO spricht von einer sich anbahnenden „ökologischen Katastrophe“.
Auch die EU-Abholzungsverordnung, die Ende Dezember dieses Jahres in Kraft treten und die Einfuhr von Produkten aus abgeholztem Land verringern soll, würde einen großen Teil des Cerrado nicht abdecken, da die Bäume nicht hoch genug sind. Die EU-Kommission gab gegenüber der BBC an, dass die EU-Verordnung zwei Drittel des Cerrado abdecken würde. Allerdings solle bei der ersten Überprüfung der Gesetzgebung eine Ausweitung der erfassten Gebiete überlegt werden.
CO2-Speicherkapazität reduziert
Der Cerrado bedeckt rund ein Fünftel Brasiliens und ist Heimat unzähliger Arten, darunter mehr als 6.000 Baumarten. Mit der Abholzung werden nicht nur Fauna und Flora bedroht, vielmehr könnten Millionen Tonnen Kohlenstoff freigesetzt werden. Denn die weit verzweigten Wurzeln der Bäume ermöglichen den Pflanzen, Dürren und Brände zu überstehen und Kohlenstoff zu speichern – fünfmal mehr in Wurzeln und Boden als über der Erde.
Noch 2017 soll der Cerrado 13,7 Millionen Tonnen Kohlendioxid gespeichert haben – das war mehr, als China 2020 freisetzte. Mit der Abholzung der vergangenen Jahre dürfte diese Speicherkapazität aber abgenommen haben.
Neun Rinder pro Einwohner
Global Witness konzentrierte sich für die Studie auf den brasilianischen Bundesstaat Mato Grosso, in dem mit 32,8 Millionen die meisten Rinder des Landes leben – neun Tiere pro Einwohner. Die NGO wirft drei der weltgrößten Fleischverpackungsunternehmen, JBS, Minerva und Marfrig, vor, Rindfleisch von Farmen zu beziehen, die mit illegaler Abholzung in Verbindung stehen.
Knapp die Hälfte der Farmen im Cerrado, die diese Unternehmen beliefern, fällte Bäume, stellte Global Witness fest. Im Amazonas waren es knapp zehn Prozent aller Farmen in Mato Grosso. Die drei Fleischverpackungsunternehmen wiesen die Anschuldigungen zurück und sagten, dass sie nach den lokalen Gesetzen handelten. Es würden keine Tiere aus abgeholzten Gebieten erworben. Gemeinsam exportierten sie 2022 Rindfleisch im Wert von rund 90 Milliarden Euro – auch in die EU.
Abholzung überwiegend illegal
Die NGO stützte sich für ihre Untersuchung auf Transportgenehmigungen, die Rückschlüsse auf die Herkunftsfarmen und Lieferketten geben, und verglich diese mit Satellitendaten, die Aufschluss gaben, ob in den Jahren zuvor auf diesen Farmen Abholzung erfolgte. Die Zahlen beziehen sich auf 2019, seither werden die Transportgenehmigungen nicht mehr veröffentlicht. Es fehle an Transparenz, kritisiert Global Witness.
Die NGO schätzt, dass zwischen 2008 und 2019 auf den untersuchten Zulieferfarmen für die drei großen Fleischkonzerne eine Fläche von mehr als 600 Quadratkilometern abgeholzt wurde. Die Klimaexpertin Viola Heinrich rechnete im BBC-Interview sogar mit einer noch größeren betroffenen Fläche. Es gab in dem Zeitraum auch staatlich genehmigte Abholzung. Die Genehmigungen deckten laut der Studie aber nur ein Prozent des abgeholzten Landes ab. Der größte Teil erfolgte also illegal.