Selenskyj drückte erneut seine Unzufriedenheit über die schwindende westliche Hilfe für die ukrainischen Kriegsanstrengungen aus, ohne die USA direkt zu erwähnen. „Wir müssen schneller handeln. Das heißt, wir müssen die ganze Bürokratie loswerden“, so der ukrainische Präsident. Sonst habe die Ukraine keine Chance.
Die Forderung von US-Präsident Joe Biden, ein großes Hilfspaket für die Ukraine zu verlängern, scheiterte bisher am Widerstand der Republikaner im US-Kongress. Selenskyj räumt laut den Interviewauszügen ein, dass es nicht einfach sein dürfte, eine Alternative zur US-Hilfe zu finden. „Natürlich werden wir eine finden. Wir werden nicht einfach dasitzen und warten. Wir müssen überleben. Wir müssen parallel Lösungen finden.“
Kurz vor Einigung auf IWF-Gelder
Die Ukraine kann einem Medienbericht zufolge auf die baldige Auszahlung weiter Hilfsgelder durch den Internationalen Währungsfonds (IWF) hoffen. Die Regierung in Kiew stehe kurz vor einer Einigung mit dem IWF über die Freigabe der nächsten Tranche von 900 Millionen Dollar aus einem 15,6-Milliarden-Dollar-Kredit, berichtete die Agentur Bloomberg.
Munition: Weber will „gesamte EU-Produktion“ bündeln
Auch die EU ist auf rasche Munitionslieferungen nicht vorbereitet. Der Vorsitzende der Europäischen Volkspartei (EVP) im EU-Parlament, Manfred Weber, will die Munitionsproduktion der EU ausschließlich auf die Ukraine ausrichten. „Der ukrainischen Armee geht mehr und mehr die Munition aus. Wie in der CoV-Pandemie muss jetzt in einem Kraftakt die gesamte EU-Produktion gebündelt und in die Ukraine geliefert werden“, sagte Weber den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Donnerstag-Ausgaben).
Dabei sollten insbesondere bestehende Verträge über weltweite Lieferungen an Länder geprüft werden, die derzeit nicht dringend auf Munitionslieferungen angewiesen sind. Auch die Lieferung der deutschen Taurus-Marschflugkörper sei überfällig. Die EU-Staaten müssten der Unterstützung der Ukraine endlich Priorität einräumen und dürften nicht „mit angezogener Handbremse agieren“. Schließlich verteidige die Ukraine nicht nur sich selbst, sondern faktisch ganz Europa.
Awdijiwka: Russen rücken weiter in Umland vor
Die russischen Streitkräfte, die in der vergangenen Woche Awdijiwka eingenommen hatten, rückten nach Angaben der ukrainischen Streitkräfte weiter auf die umliegenden Städte und Dörfer vor. „Mit der Einnahme von Awdijiwka ist es nicht getan. Sie greifen weiter an“, so Andrij, ein ukrainischer Drohnenpilot der 47. Brigade, laut der Nachrichtenagentur Reuters. „Nach Awdijiwka sind die umliegenden Dörfer an der Reihe. Und dann Myrnohrad und Pokrowsk, die nächsten größeren Städte.“
Maxym Schorin, stellvertretender Kommandant der dritten ukrainischen Angriffsbrigade, schrieb laut Reuters auf Telegram: „Die Situation an der Awdijiwka-Front ist ziemlich klar. Die Russen werden so weit vorrücken, wie es ihre Kräfte zulassen, je nachdem, wie viele überleben.“
Zwei Jahre russischer Angriffskrieg
Die russischen Truppen sicherten Awdijiwka, nachdem monatelanges Bombardement die Stadt in Schutt und Asche gelegt hatte. Es war der größte russische Erfolg seit der Einnahme von Bachmut im Mai 2023. Die Ukraine gedenkt am Samstag des zweiten Jahrestages des Beginns des russischen Angriffskrieges. Kreml-Chef Wladimir Putin hatte die Invasion am 24. Februar 2022 befohlen und damit Tod und Zerstörung über das Nachbarland gebracht. Die Ukraine verteidigt sich mit westlicher militärischer und finanzieller Hilfe gegen den Überfall.