Schweden müsse für die Wiederherstellung des Vertrauens sorgen, hieß es. Aus diesem Grund hatte der schwedische Ministerpräsident Ulf Kristersson am Freitag auch Budapest besucht und war damit einer Einladung Orbans gefolgt, die unter anderen auch führende FIDESZ-Politikerinnen und -Politiker als Bedingung für eine Billigung von Schwedens NATO-Beitritt gestellt hatten.
Der Besuch wurde zudem mit der Begründung gefordert, dass er auch zum türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan gereist sei, um ein Ende der türkischen Blockadehaltung gegen den NATO-Beitritt seines Landes zu erreichen. Die Türkei hatte bekanntlich Ende Jänner grünes Licht für den schwedischen Beitritt gegeben.
Als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine hatte das traditionell blockfreie Schweden im Mai 2022 gemeinsam mit dem Nachbarland Finnland die NATO-Mitgliedschaft beantragt. Finnland konnte dem Militärbündnis im April 2023 beitreten, während Schweden wegen der Blockade der Türkei und Ungarns weiter warten musste.
Ungarn stimmt über NATO-Beitritt Schwedens ab
Nach monatelangem Gerangel über Schwedens Beitritt zum Verteidigungsbündnis der NATO soll am Montag der letzte Akt – die Ratifizierung im ungarischen Parlament – über die Bühne gehen. Die rechtsnationalistische Regierungspartei FIDESZ von Ministerpräsident Viktor Orban hatte das Votum in der Vergangenheit mehrfach vertagt. Zur Begründung hieß es immer wieder, man sei „beleidigt“ wegen schwedischer Kritik an den Rechtsstaatsverhältnissen in Ungarn.
Gemeinsamer Rüstungsdeal
Bei Kristerssons Besuch wurden im Rahmen einer gemeinsamen Pressekonferenz auch zwei Vereinbarungen zur Modifizierung des Vertrages über die Jagdflugzeuge Gripen unterzeichnet. Dabei geht es um die Beschaffung neuer Jagdflugzeuge und um die Bereitstellung logistischer Systeme und unterstützender Dienstleistungen.
Orban kündigte die Schaffung einer eigenen Luftverteidigung an, wozu schwedische Hilfe benötigt werde. Dazu diene der Kauf von vier neuen Jagdflugzeugen, mit denen die Gripen-Flotte von 14 Flugzeugen erweitert werde. Mit dem Ablauf des Leasingvertrages 2026 würden die bisher geleasten Flugzeuge in ungarische Hände übergehen.
Beide loben Kooperation
Orban betonte zudem die Bedeutung der Schaffung des Vertrauens zwischen Ungarn und Schweden und versprach, dass das ungarische Parlament am Montag die schwedische NATO-Mitgliedschaft ratifizieren werde. Weiters lobte er die positive Handelskooperation zwischen den beiden Ländern. Im Vergleich zu 2010 hätte sich das Handelsvolumen verdoppelt.
Auch Kristersson unterstrich auf der Pressekonferenz die Bedeutung der Zusammenarbeit zwischen den beiden Staaten. Bei dem Treffen sei auch die „strategische Tagesordnung“ der Europäischen Union und die Zusammenarbeit beider Ländern in Fragen Sicherheit und Verteidigung behandelt worden. Kristersson erinnerte zudem an operative Fragen, wo er Vorteile bei der Zusammenarbeit zum Schutz des baltischen Luftraumes sehe.
Orban: FIDESZ umgestimmt
Orban hatte am Freitag im ungarischen Rundfunk gesagt, die FIDESZ-Fraktion habe eingelenkt, weil er sie durch die Aussicht auf militärische Zusammenarbeit mit Schweden umgestimmt habe. Der „Prozess der Vertrauensbildung“ mit Schweden werde damit abgeschlossen, sagte Orban weiter.
Zu den von FIDESZ bisher monierten „Beleidigungen“ aus Schweden sagte Orban: „Schweden regelt sein Leben nach anderen Werten als Ungarn, und beide Seiten müssen akzeptieren, dass wir nicht gleich sind.“ Als „große Geste“ bezeichneten ungarische Medien den Besuch des schwedischen Ministerpräsidenten in Ungarn. Zugleich wird behauptet, Schweden hätte letztlich im Interesse der Ratifizierung seiner NATO-Mitgliedschaft der „Erpressung“ von Orban nachgegeben.
Entscheidung über neues Staatsoberhaupt
In innenpolitischer Angelegenheit entscheidet das ungarische Parlament am Montag auch über ein neues Staatsoberhaupt. Als Kandidat der FIDESZ wurde der Präsident des ungarischen Verfassungsgerichtes, Tamas Sulyok, nominiert.
Der 67-Jährige soll die Nachfolge der zurückgetretenen Präsidentin Katalin Novak antreten. Diese hatte einen Mann begnadigt, der wegen Beihilfe zu sexuellem Missbrauch von Minderjährigen verurteilt worden war. Nachdem der Fall große Empörung verursacht hatte, musste Novak zurücktreten.