Theater an der Wien: Gounod trifft auf Nirvana

Dass „Romeo und Julia“ nicht nur Bühnen-, sondern Filmstoff ist, weiß jeder Liebhaber des Opernkinos. Im Theater an der Wien zeigt man den weltberühmten Plot Shakespeares in der Opernumsetzung durch Charles Gounod, uraufgeführt während der Weltausstellung in Paris 1867, nun als großes Kino der 1990er, so als wäre David Lynch vom „Lost Highway“ abgebogen und weitergefahren.

Regisseurin Marie-Eve Signeyrole verlegt die romantische Nummernoper Gounods, ein Fundort reicher Duette und Ensemblestücke, für die Aufführung im Wiener MuseumsQuartier ins LA der 1990er Jahre und setzt den Konflikt zwischen den Capulets und Montagues als Rivalität unterschiedlicher Filmproduzenten in Szene.

Schauspieler liegt am Boden
Theater a.d.W/ORF

Pornos statt Romantik

Über der Dekadenz des Settings liegt der Geruch eines billigen Geschäfts, das vor allem auf Wirkung aus ist. Und so ist auch Julia (Melissa Petit) nicht das zurückgezogene Mädchen, sondern die Frau, die das Heft in der Hand hat und gleich einmal einen Porno mit vier Beteiligten darin dreht.

Julias Bruder Laurent (Daniel Miroslaw) sieht aus wie Kurt Cobain, verhält sich so – und muss in der Mitte der Oper „Come as You Are“ von Nirvana hören. Das mag als Opernverjüngung durchgehen, riecht aber auch ein bisschen nach Boomer-Sentimentalität. Alles ist hier auf Coolnes, Effekt und oberflächliche Ölung ausgelegt. Und selbst das tragische Ende wirkt groß gestylt: Julia stirbt an den Gasen aus ihrem Porsche (oder war es doch nur ein Fiat Barchetta?). Noch einmal, so scheint es, dreht an diesem Abend das Verbrennungszeitalter groß auf.

„Romeo et Juliette“ im Musiktheater an der Wien

Es ist die wohl berühmteste Liebesgeschichte der Theaterwelt: Shakespeares „Romeo und Julia“ ist Inspirationsquelle für zahlreiche Künstlerinnen und Künstler. Das Stück feiert am Donnerstag Premiere im Musiktheater an der Wien.

Das Publikum feierte Petit, nicht zuletzt auch für die Darbietung der weltberühmten Arie „Je veux vivre“ zwischen Verführung und Flehen, und auch Julien Behr („Oh leve toi soleil“) für seine Interpretation des Romeo. Starker Applaus auch für den Arnold-Schoenberg-Chor und das ORF Radio-Symphonieorchester Wien unter der Leitung von Kirill Karabits. Die mit großen Videoscreenbildern arbeitende Regie bekam dafür hörbaren Unmut mit auf den Weg in die Nacht.