Neu gebaute Wohnhausanlage
ORF/Lukas Krummholz
Paket von einer Milliarde Euro

20.000 Wohneinheiten sollen neu entstehen

Die Bundesregierung hat sich auf die seit Längerem in Diskussion stehende Wohn- und Bauoffensive verständigt. Am Montag wurde das Paket in Höhe von einer Milliarde Euro in einem Wiener Rohbau vorgestellt. Es sollen 20.000 neue Wohneinheiten entstehen, zudem sollen 5.000 saniert werden. Auch die Leerstandsabgabe ist nun wieder ein Thema.

Zum kurzfristigen Pressetermin auf der Baustelle „Am Hirschfeld“ in Wien-Floridsdorf war festes Schuhwerk empfohlen worden. Dort stellten Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) und Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) sowie Vertreter des Verbandes gemeinnütziger Bauvereinigungen (GBV) das ausgehandelte Paket vor, Details sollen nach dem Ministerrat am Mittwoch folgen.

Das Ziel der ÖVP, so Nehammer, sei eine Steigerung der Eigenheimquote von 48 auf 60 Prozent in den kommenden sechs Jahren. Drei Teile umfasse die Offensive, die den Weg dorthin ermöglichen soll. Es werde insgesamt 25.000 neue bzw. sanierte Wohneinheiten geben, so Nehammer, entlang einer „salomonischen Lösung“: 10.000 davon sollen im Eigentum sowie 10.000 als Mietwohnungen entstehen. 5.000 bestehende Einheiten sollen saniert und wieder auf den Markt gebracht werden. Die dafür nötige Milliarde Euro solle den Ländern zur Verfügung gestellt werden, so Nehammer.

Länder sollen günstige Darlehen geben

Um bei der Finanzierung eines ersten Eigenheims zu helfen, streicht die Regierung zudem beim Bau die Grundbucheintragsgebühr und die Pfandrechtseintragungsgebühr für die ersten 500.000 Euro. Das bedeute eine Entlastung von bis zu 11.500 Euro, so Nehammer. Der dritte Schritt umfasse günstige Wohnbaudarlehen, die durch die Länder ermöglicht werden sollen.

Bauoffensive der Regierung

Die Bundesregierung hat sich auf eine Wohn- und Bauoffensive verständigt.

Nehammer sprach dabei von Darlehen bis zu 200.000 Euro zu maximalen Zinssätzen von 1,5 Prozent. Durch das Paket sollen 40.000 Arbeitsplätze in der Branche gesichert werden, denn zuletzt war die Arbeitslosigkeit am Bau gestiegen. Im Jänner legte sie im Jahresvergleich um 6,6 Prozent zu.

Einfacher zur Leerstandsabgabe

Auch Kogler lobte das Paket als „Win-win-win-Situation“. Finanzierbares Wohnen bleibe damit realisierbar, das Paket sei ökologisch durch die geplanten Sanierungen, zudem werde die Bauwirtschaft angekurbelt, „jetzt zum richtigen Zeitpunkt“, so Kogler. Die Maßnahmen seien teils begrenzt „auf zwei oder drei Jahre“.

Kogler sagte auch, die Länder sollten künftig mehr Möglichkeiten bekommen, Leerstandsabgaben einzuheben. Das ist zwar momentan schon möglich, aber in engen Grenzen. Kogler vermutete, eine solche Abgabe wäre für Städte wie Wien, Innsbruck und Salzburg von Interesse. Diesen Ball nahmen gleich die Wiener Grünen auf, die sich „hocherfreut“ zeigten. In dem Paket sei klar geregelt, dass Abgaben auf Wohnungsleerstand zu hundert Prozent in die Kompetenz der Bundesländer fallen. Für Wien sei diese nun höchst an der Zeit, so die Wiener Parteichefin Judith Pühringer in einer Aussendung.

Für Wiens Wohnbaustadträtin Kathrin Gaal (SPÖ) aber habe sich der Bund hier in den vergangenen Jahren „weggeduckt“. Nun habe er seine Zuständigkeit offenbar eingesehen und wolle diese Kompetenz an die Länder weitergeben. Dazu müssten aber zuerst die verfassungsrechtlichen Grundlagen geschaffen werden, so Gaal – mehr dazu in wien.ORF.at.

Baubewilligungen gingen zurück

Laut dem aktuellen Wiener Wohnungsmarktbericht werden heuer nur rund 13.200 Wohneinheiten fertiggestellt, in den Folgejahre 2025 und 2026 ist von einem weiteren Rückgang auszugehen. 2023 seien die Baubewilligungen für neue Wohnprojekte auf rund 11.500 Einheiten gesunken. Gegenüber dem Rekordjahr 2019 bedeutet das einen Rückgang von mehr als 46 Prozent.

Baupaket: Harsche Kritik der Opposition

Die Reaktionen auf das Baupaket der Regierung fallen unterschiedlich aus: Die Opposition übt teils scharfe Kritik und befürchtet, dass Wohnen damit nicht günstiger wird. Fachleute sehen hingegen insgesamt ein stimmiges Paket.

Zuletzt hatten die Sozialpartner einen „Eigenheimbonus“ von bis zu 100.000 Euro ins Spiel gebracht, dafür gab es aber eine breite Ablehnung. Auf wenig Begeisterung stießen auch Pläne, all jenen Eigenheimbesitzern durch den Steuerzahler auszuhelfen, die trotz Niedrigzinses auf eine variable Verzinsung gesetzt hatten.

Babler: „Zu schwach, zu spät“

Mäßig zufrieden zeigte sich am Dienstag SPÖ-Chef Andreas Babler, der in einer Pressekonferenz das Paket „zu schwach, zu spät und zu wenig wirksam“ nannte. Dass mehr Geld aufgewendet werde, sei zwar von der Zielrichtung gut und wohl auch nur dem Druck der Sozialdemokratie geschuldet. Doch beinhalte das Paket nichts, was den Menschen aktuell helfe. So gebe es weiter kein Einfrieren der Mieten und auch keine Rücknahme der letzten Erhöhungen. Zudem fehlte Babler eine Zweckwidmung der Mittel.

Vom ÖGB hieß es: „Sehr spät hat jetzt auch die Bundesregierung etwas vorgelegt – und klar ist: Es gibt in Detailbereichen gute Impulse, aber das wird bei Weitem nicht reichen.“ Die Gewerkschaft sah die Banken in der Pflicht: „Es wäre notwendig, sie zu verpflichten, variable Kredite zu einem für die Kreditnehmer:innen günstigen Zinssatz fix verzinsten Kredit umzuwandeln.“

Wenig Lob gab es von der FPÖ. „Am Abend wird der Faule scheinbar fleißig. Insgesamt ist das Wohnbaupaket der schwarz-grünen Regierung allerdings bei Weitem nicht ausreichend“, so FPÖ-Bautensprecher Philipp Schrangl. Die Redewendung „Wahltag ist Zahltag“ sei „um eine Facette reicher“. NEOS-Wohnbausprecher Johannes Margreiter sprach von „leeren Überschriften“. „Reden allein reicht nicht. Wir brauchen keinen weiteren teuren PR-Schmäh, der ins Leere läuft, wir müssen die Menschen und die Wirtschaft tatsächlich und nachhaltig entlasten“, so Margreiter.

Greenpeace-Kritik an Versiegelung

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace nannte das angekündigte Paket „durchwachsen“: Mit den geplanten Förderungen für Neubau würden weiterhin große Flächen an Boden versiegelt werden. Positiv bewertete die NGO, dass die Leerstandsabgabe vereinfacht werden soll.

Der Umweltdachverband begrüßte den Fokus auf günstiges Wohnen, Investitionen in die Sanierung sowie Leerstandsabgabe. Doch müsse noch mehr auf klima- und bodenschonende Sanierung gesetzt werden, um die Klimakrise zu bekämpfen. Vom gewerkschaftsnahen Momentum Institut wurde betonte, dass das Paket den richtigen Schwerpunkt auf den gemeinnützigen Wohnbau setze.