Richter Radasztics: Disziplinarstrafe für frühere Tätigkeit

Michael Radasztics, Richter im Falschaussageprozess gegen Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und einstiger Staatsanwalt in der Eurofighter-Causa, ist im Mai 2023 zu einer Disziplinarstrafe verurteilt worden.

Wie der „Kurier“ gestern berichtete, wurde die Entscheidung des zuständigen Disziplinargerichts, des Oberlandesgerichts (OLG) Graz, aber erst am Montag im Rechtsinformationssystem (RIS) veröffentlicht, drei Tage nach dem Urteil gegen Kurz.

Richter Michael Radasztics
ORF/Roland WInkler

Radasztics bestätigte die Causa gegenüber dem „Kurier“ und erklärte die zeitliche Komponente der Veröffentlichung damit, dass die Entscheidung zwar im Mai fiel, daraufhin aber die Oberstaatsanwaltschaft als Ankläger und er selbst als Beschuldigter Rechtsmittel eingelegt hätten. Die Causa ging zum Obersten Gerichtshof, dann hätten aber beide Seiten die Rechtsmittel zurückgezogen. Deshalb sei die Entscheidung erst im Dezember rechtskräftig geworden. Seine Strafe habe er heuer gezahlt, so Radasztics.

Pflichten „schuldhaft verletzt“

Der ehemalige Staatsanwalt, der erst seit 1. Jänner 2023 Richter ist, wurde laut „Kurier“ zu einer Geldstrafe in Höhe eines halben Monatsbezugs verurteilt. In der Eurofighter-Causa habe Radasztics dem OLG Graz zufolge seine auferlegten Pflichten „schuldhaft verletzt“, indem er das Ermittlungsverfahren erst abgebrochen und es 2012 dann unterlassen habe, den Beschuldigten, den ehemaligen Finanzminister Karl-Heinz Grasser (FPÖ/parteilos), zu verständigen, dass gegen ihn ein Strafverfahren läuft.

In der Causa Eurofighter geht es um den Vorwurf, dass Radasztics dem Ex-Grünen-Abgeordneten Peter Pilz im Jahr 2018 Informationen aus Ermittlungsakten gesteckt haben soll. Konkret betraf es eine Weisung aus dem Justizministerium, wonach Aktenstücke aus Gründen der nationalen Sicherheit an das Ressort zurückzustellen seien. Strafrechtliche Ermittlungen wegen Amtsmissbrauchs und Verletzung des Amtsgeheimnisses wurden damals fallengelassen.

Kurz-Anwalt wollte Richterwechsel

Das Thema kam bereits am ersten Prozesstag gegen Ex-Kanzler Kurz im vergangenen Oktober auf. Kurz’ Verteidiger Otto Dietrich beantragte aus Befangenheitsgründen einen Richterwechsel. Die Begründung: Radasztics sei mit Pilz befreundet und Pilz sei ein Gegner von Kurz.

Der Richter wies den Antrag ab und konterte: „Ich habe weder ein freundschaftliches noch ein Vertrauensverhältnis zu Dr. Pilz.“ In der Eurofighter-Causa sei Pilz als Zeuge einvernommen worden, mehr habe nicht stattgefunden, so der Richter.

ÖVP sieht Anscheinsbefangenheit

ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker ortete einen „Anschein der Befangenheit“, der von zweiter Instanz – das Urteil gegen Kurz ist nicht rechtskräftig – geklärt werden soll. Stocker stellte klar, dass „die folgenden Aussagen nicht als Kritik an der Justiz im Allgemeinen und der Rechtsprechung im Speziellen“ zu verstehen seien.

Er stellte die Frage in den Raum, ob Radasticzs die Öffentlichkeit über den Diziplinarentscheid hätte informieren müssen. „Wahrscheinlich nicht. Hätte er sollen? Meiner Meinung nach schon.“ Denn die Disziplinarstrafe stehe in direktem Zusammenhang mit der Befangenheitsanzeige, die Kurz’ Verteidigung gleich am ersten von über zehn Verhandlungstagen einbrachte.