US-Präsident Joe Biden
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Michigan-Vorwahl

Biden gewinnt, aber Protest schwingt mit

US-Präsident Joe Biden hat bei der Vorwahl der Demokraten im Bundesstaat Michigan zwar wie erwartet einen klaren Sieg eingefahren, das Ergebnis hat aber einen Makel. Der faktisch konkurrenzlose Amtsinhaber gewann die Abstimmung am Dienstag Prognosen zufolge mit rund 80 Prozent der Stimmen, Zehntausende votierten aber aus Protest gegen Bidens Nahost-Linie „uncommitted“ („unentschieden“).

Vor der Wahl hatten mehrere Gruppen dazu aufgerufen, mit „unentschieden“ zu stimmen. Sie forderten einen sofortigen Waffenstillstand im Gaza-Krieg und ein Ende der US-Militärhilfe für Israel. Bei den vergangenen drei Vorwahlen der Demokraten in Michigan stimmten jeweils rund 20.000 Demokraten „unentschieden“. Am Dienstagabend (Ortszeit) lag die Zahl bei 41 Prozent der ausgezählten Stimmen schon bei rund 50.000.

Die Abstimmung in Michigan galt als Stimmungstest dafür, wie sich Bidens Politik im Nahen Osten auf die Präsidentschaftswahl im November auswirken könnte, denn Muslime sind in dem Bundesstaat eine bedeutende Wählergruppe. Nach Angaben der Interessengruppe „Empowering Engaged Muslim Americans“ (Emgage) leben in dem Bundesstaat etwa 200.000 muslimische Wählerinnen und Wähler. Sie könnten im November einen merklichen Einfluss auf das Wahlergebnis haben.

Wohl auch viele Jüngere mit Proteststimmung

Doch nicht nur Muslime dürften Biden in Michigan ihre Stimme verwehrt haben. Auch jüngere, progressive Demokraten kritisieren den Präsidenten angesichts der vielen zivilen Opfer im Gazastreifen. Biden verschärfte zwar in den Monaten nach dem Massaker am 7. Oktober, das Terroristen der Hamas und anderer extremistischer Gruppen im Süden Israels verübt hatten, seine Tonart gegenüber Israels Regierung.

Gleichzeitig betont die US-Regierung aber immer wieder Israels Recht auf Selbstverteidigung und lässt Ministerpräsident Benjamin Netanjahu nach Empfinden vieler weiterhin gewähren. Muslime als Wählergruppe in den USA gelten tendenziell eher den Demokraten als den Republikanern zugewandt. Es gilt als unwahrscheinlich, dass Muslime, die wütend über Bidens Nahost-Linie sind, zu den Republikanern abwandern.

Michigan ist „Swing-State“

Für Biden könnte es in einem wichtigen „Swing-State“ wie Michigan jedoch auch dann eng werden, sollten viele für einen unabhängigen Drittkandidaten stimmen oder sich dazu entscheiden, gar nicht zu wählen. „Swing-States“ können bei Wahlen weder Demokraten noch Republikanern fest zugerechnet werden, verhältnismäßig wenige Stimmen können entscheiden. In einer ersten Mitteilung seines Wahlkampfteams nach Veröffentlichung der Prognosen ging Biden weder auf das Thema Gaza-Krieg noch auf den hohen Anteil der Unentschiedenen ein.

Trump gewinnt Republikanervorwahl

Die Vorwahl zur Präsidentschaftskandidatur der Republikaner gewann in Michigan wie erwartet Donald Trump. Laut Prognosen lag er nach Auszählung von rund 40 Prozent der Stimmen mit 67 Prozent gut 40 Prozentpunkte vor seiner Konkurrentin Nikki Haley, die bei 27 Prozent hielt. Der Rest stimmte unentschieden oder verteilte sich auf aussichtslose Kandidaten.

Die Frage wird sein, wie viele dieser Haley-Anhänger bei der Wahl im November am Ende für Trump stimmen werden. Einige von ihnen schließen nicht aus, Biden zu wählen, um eine zweite Amtszeit Trumps zu verhindern. Das dürfte zwar nicht für die Mehrheit der Haley-Unterstützer gelten. Aber sollte diese Gruppe nicht zur Wahl gehen oder einen dritten, unabhängigen Kandidaten unterstützen, könnte das zum großen Problem für Trump werden.

Augenmerk auf „Super Tuesday“

Besonderes Augenmerk liegt nun auf dem 5. März, dem „Super Tuesday“. An diesem Tag finden in 15 Bundesstaaten gleichzeitig Vorwahlen der Republikaner statt. Haley hatte am Dienstagabend in einem Interview mit dem Sender CNN deutlich gemacht, mindestens bis zu diesem Tag im Rennen bleiben zu wollen.

Trump echauffierte sich in der Vergangenheit darüber, dass die ehemalige Gouverneurin von South Carolina trotz mangelnder Erfolgsaussichten nicht aus dem parteiinternen Rennen aussteigen wollte. Denn solange die 52-Jährige nicht aufgibt, kann er sich nicht ausschließlich auf seinen politischen Gegner Biden konzentrieren. Stattdessen muss Trump weiterhin Geld und Zeit aufwenden, um Wahlkampf gegen Haley zu machen.