Yulia Navalnaya
Reuters/Johanna Geron
Nawalnaja im EU-Parlament

„Erfinderisch sein, um Putin zu besiegen“

Am Freitag soll in Moskau das Begräbnis für den verstorbenen Kreml-Kritiker Alexej Nawalny stattfinden. Zwei Tage davor war am Mittwoch seine Witwe Julija Nawalnaja im Europaparlament in Straßburg zu Gast. In ihrer Rede im Plenum machte die 47-Jährige den russischen Präsidenten Wladimir Putin einmal mehr persönlich für den Tod ihres Mannes verantwortlich – er sei „Chef einer kriminellen Gang“, man müsse stets „erfinderisch“ bleiben, um ihn besiegen zu können.

Auf Putins Befehl sei Nawalny drei Jahre lang gefoltert worden, danach „haben sie ihn umgebracht“, so Nawalnaja. „Der Körper des Toten und seine Mutter wurden verhöhnt.“ Putin sei zu allem fähig, man könne nicht mit ihm verhandeln. Man habe eine Woche benötigt, den Leichnam zu bekommen, sie sei nicht sicher, ob die Beerdigung friedlich verlaufen oder ob die Polizei Menschen verhaften werde.

„Blutrünstiges Monster“

Viele Menschen glaubten, dass man Putin nicht besiegen könne. Nawalny habe aber vorgelebt, wie das zu schaffen sei, er habe immer „experimentiert“. „Wenn Sie Putin wirklich besiegen wollen, müssen Sie erfinderisch sein“, so Nawalnaja. Man müsse aufhören, „langweilig“ zu sein. Mit Sanktionen werde man Putin nicht besiegen können, er sei ein „blutrünstiges Monster“, er leite eine „organisierte kriminelle Gang“.

Yulia Navalnaya
Reuters/Johanna Geron
Nawalnaja während ihrer Rede im EU-Parlament in Straßburg

„Das Böse wird besiegt werden“

„Es braucht keine Betroffenheitsadressen, sondern eine Suche nach den Mafia-Verbündeten in Ihren Ländern, den diskreten Anwälten und Geldgebern“, so Nawalnaja. Millionen Russen seien gegen Putin, er müsse für das zur Verantwortung gezogen werden, was er Nawalny und einem friedlichen Nachbarland (der Ukraine) angetan habe. „Das Böse wird besiegt werden, und eine schöne Zukunft wird kommen“, sagte Nawalnaja, gefolgt von Standing Ovations und langem Applaus.

Nawalnaja: „Hört auf damit, langweilig zu sein“

Julia Nawalnaja, die Witwe des verstorbenen Kreml-Kritikers Alexej Nawalny, hat in einer emotionalen Rede im Europaparlament in Straßburg dazu aufgerufen, „erfinderisch“ gegen Russlands Präsidenten Wladimir Putin vorzugehen. Resolutionen und Sanktionen seien nicht ausreichend, so Nawalnaja.

EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola bedankte sich bei Nawalnaja noch vor deren Rede für die Bereitschaft, im Plenum zu sprechen. Für viele in Russland und außerhalb Russlands sei er für „Hoffnung“ gestanden. Die Feinde hätten diese „Hoffnung ersticken wollen“, doch bestehe diese weiter. Metsola sprach Nawalnaja im Namen aller Anwesenden ihr Beileid aus: Man bewundere ihren Mut.

Trauerfeier am Freitag in Kirche in Moskau

Unmittelbar vor Nawalnajas Rede wurde der Termin für die Verabschiedungszeremonie bekanntgegeben. Der Trauergottesdienst werde am Freitag um 14.00 Uhr Ortszeit (12.00 Uhr MEZ) in einer Kirche im südöstlichen Moskauer Stadtteil Marjino beginnen, teilte Nawalnys Sprecherin Kira Jarmysch via X (Twitter) mit. Die Beerdigung soll auf dem nahe gelegenen Borisow-Friedhof stattfinden.

Nawalnys Anwalt festgenommen

Zuvor hatte das Team um Nawalny über behördliche Behinderungen der Organisation der Trauerfeier geklagt – man habe lange keinen Ort für das Begräbnis finden können. Am Dienstag wurde dann der Anwalt Nawalnys in Moskau in Gewahrsam genommen. Der Jurist Wassili Dubkow hatte vergangene Woche die Mutter Ludmilla Nawalnaja zum Straflager „Polarwolf“ begleitet, in dem Nawalny verstorben war.

Für besonderes Entsetzen sorgte, dass die Behörden Nawalnys Leiche zunächst tagelang unter Verschluss hielten und seine Mutter gemeinsam mit dem Anwalt in der Polarregion nach dem Körper suchen musste. Nawalnaja beklagte, sie sei von Ermittlern gedrängt worden, einer heimlichen Beisetzung zuzustimmen. Das aber tat sie nicht – stattdessen forderte sie, dass Angehörige und Unterstützer die Möglichkeit haben sollten, sich von ihrem Sohn zu verabschieden.

Umstände des Todes ungeklärt

Nawalny starb am 16. Februar nach Behördenangaben in einem Straflager in der sibirischen Arktisregion Jamal. Die Umstände seines Todes sind nicht geklärt. Der durch den Giftanschlag 2020 und wiederholte Einzelhaft im Lager geschwächte Politiker soll bei einem Rundgang auf dem eisigen Gefängnishof zusammengebrochen und trotz Wiederbelebungsversuchen gestorben sein.